Klimaeinbruch nach einer ebenso kurzen Gunstzeit (Abb. 17), begann der Einfall einer dritten Welle von Menschen aus dem Osten (Kurgan III). Im Jahrhundert davor war die Feuchtigkeit am Vansee nach einer Erholung wieder steil gefallen (Abb. 12). Die Menschen lebten ursprünglich in einem weiten Steppengebiet südlich des Ural-Gebirges bis nördlich des Schwarzen Meers. Sie stießen nun nach Südwesten bis an die Adria vor, nach Westen bis über den Rhein und nach Norden bis an die Küsten von Ost- und Nordsee und später sogar bis nach Skandinavien. Ihnen dienten von Ochsen gezogene Karren mit 4 Scheibenrädern und einem zeltartigen Aufbau. Auf ihrer langen Wanderung und Expansion über Generationen hinweg – sie dauerte bis 2 500 v.Chr.- waren die Menschen – ähnlich wie früher schon die Bandkeramiker – nun vom Glück begleitet: viele Indikatoren zeigen an, dass kurz nach ihrer Abwanderung das Klima umschlug und wesentlich wärmer, feuchter und fruchtbarer wurde (s.Abb. 17). Das musste zu einem starken Anwachsen der Population und zu ihrer weiten Verbreitung führen und es erlaubte den Menschen schließlich sogar Expansionen in nördliche Regionen!
Genomforscher haben herausgefunden, dass das Genom heutiger Europäer im Wesentlichen von 3 Wurzeln geprägt ist: Alt-Europäern (= CroMagnon-Menschen oder Vasconen), Bandkeramikern und einer jüngeren Komponente. Kurgan III könnte hierfür Anwärter sein.
Mehrere Phasen einer Klimaverschlechterung – Abkühlung, Austrocknung und Verfall der Fruchtbarkeit – haben also wiederholt Einfälle aus dem Osten ausgelöst und zur Zerstörung der „Alteuropäischen Donauzivilisation“ geführt, einer Zivilisation, die viele kulturelle Errungenschaften der sumerischen Kultur in Mesopotamien schon vorweg genommen hat. Einige Elemente dieser Frühzivilisation konnten nur noch in Randregionen überleben. Lit. 14.4
Ötzi, der Eismann vom Hauslab-Joch, zeigt kältere Zeiten an
Im September 1991 wurde auf dem Hauslabjoch am Ende des Schnalstals in der Nähe von Vent in den Ötztaler Alpen in einer Höhe von 3120 Metern die Mumie des „Ötzi“ gefunden, eines Menschen aus der Kupfer-Steinzeit. Ihr Alter konnte auf 5300 Jahre (3300 v.Chr.) bestimmt werden. Ötzi lebte also in Zeiten eines tiefen Temperatureinbruchs mit dem größten Eisbergvorstoß der letzten 10 000 Jahre. Was mag Ötzi damals in diese kalten Höhen getrieben haben? Der Archäologe Markus Egg hat hierzu viele Fakten zusammen getragen, die sich zu einem glaubhaften Bild runden.
Ötzi erlitt auf dem Joch einen gewaltsamen Tod und er hatte schon schwere Tage und Stunden hinter sich. Aus seinem Mageninhalt ist zu schließen, dass er sich zunächst an der Baumgrenze aufgehalten hat. Dort muss ihm etwas zugestoßen sein, ein Unfall oder ein Angriff, das ist nicht bekannt. Jedenfalls hat er dabei Bogen und Pfeile verloren. Er sah sich daher gezwungen, ins Tal hinab zu steigen, um dort Material für eine neue Ausrüstung zu finden. Dabei muss er gestört worden sein, denn diese erweist sich als schnell zurechtgeschnitzt und nur 2 Pfeile im Köcher waren einsatzfähig. Es muss 24 Stunden vor seinem Tod auch zu einem Kampf gekommen sein, bei dem Ötzi einen tiefen Schnitt an der Hand erlitt, der bis auf den Knochen ging. Ötzi ist aber doch zunächst noch die Flucht gelungen; auf der Höhe des Jochs jedoch wurde er offensichtlich gestellt: ein Pfeil bohrte sich in seine linke Schulter und verletzte die Schlagader, sodass er rasch verblutete.
Ötzi wird häufig als „Gletschermann“ bezeichnet. Er starb aber nicht auf einem Gletscher, sondern in einer Mulde des hohen Jochs und wurde eingeschneit und allmählich dehydriert, sodass der durch Gefriertrocknung und kühle Temperaturen konservierte Körper über mehr als 5 Jahrtausende erhalten bleiben konnte. In einem Gletscher wäre Ötzi zermalmt worden. Nach mehr als 5000 Jahren gab der Schnee Ötzi dann wieder frei. Erst durch die neuzeitliche Klimaerwärmung ist also der Schnee so weit abgeschmolzen, dass die Mumie frei gelegt wurde. Das Jahr 1991 war auch außerordentlich warm. Etwa eineinhalb Jahrzehnte Erwärmung ab Mitte der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts nach einer vorangegangenen Erwärmungsperiode etwa von 1914 bis 1940 und ein sehr warmes Jahr haben also offensichtlich zu Temperaturverhältnissen geführt, wie sie vor 5300 Jahren in einer ausserordentlich tiefen Kühlphase geherrscht haben. Dies relativiert die Aufregung um unsere neuzeitliche Erwärmung! Lit. 14.5
Die Sahara beginnt wieder auszutrocknen
Zwischen 4000 und 3200 v.Chr. kühlte der Atlantik nordwestlich von Afrika unter Einfluss der schon erwähnten Eisvorstöße (s.Abb. 10) tief ab. Synchron nahm der Eintrag von Staub stark zu, wie Untersuchungen vom Boden des Atlantischen Ozeans zeigen: Nordafrika begann wieder auszutrocknen! Die Spiegel des Tschadsees und anderer Seen begannen zu fallen, zunächst langsam und später beschleunigt, wenn auch ein absolutes Minimum der Wasserstände erst etwa 2 Jahrtausende später erreicht wurde. Die Sahara trocknete also langsam aus und diese Austrocknung war auch nicht gleichmäßig: der Osten von Afrika war früher dran, wie dies das Niveau von Seen anzeigt. Wie Jahrtausende früher in Anatolien begann also auch in der Sahara die Austrocknung im Osten und sie schritt dann nach Westen fort.
Die Feuchtphase der Sahara war von langer Dauer: sie hatte mit der starken Erwärmung um 5500 v.Chr. begonnen und um 5200 v.Chr. ihr Optimum erreicht. Es liegt also eine Parallelentwicklung vor zur Expansion der bandkeramischen Bauern in Mitteleuropa und zur Ausbreitung der Landwirtschaft auf dem persischen Hochland und ihrer Ausdehnung in Richtung Indien wie auch zum Aufblühen der Alteuropäischen Donauzivilisation. Im 4. Jahrtausend v.Chr. begann sich die Feuchtigkeit in der Sahara dann wieder zu verringern und um 2700 v.Chr. wurde ein Minimum erreicht. In den Zentralgebieten der Sahara konnte sich eine üppige Vegetation noch bis etwa 3000 v.Chr. halten. Dann folgte ein Totalzusammenbruch der Vegetation: gab es eine Selbstverstärkung des Austrocknungs-Effekts bei einer Unterschreitung einer kritischen Grenze der Vegetationsdecke oder haben hungernde Menschen in einer sich immer mehr steigernden Not der Vegetation den Todesstoß durch Abholzung der Restbestände und durch Überweidung versetzt?
Die überlebenden Menschen zogen sich nun in Randgebiete zurück, welche noch bewohnbar waren oder jetzt erst bewohnbar wurden. Letzteres gilt vor allem für das Niltal, welches in der eigentlichen Feuchtphase der Sahara zu feucht für eine menschliche Besiedelung war. Mit der Temperaturabsenkung und der zunehmenden Austrocknung der Sahara begann dort um 3500 v.Chr. die Morgendämmerung der späteren Pharaonenreiche.
Im Laufe der nächsten Jahrtausende, welche von einem weiteren Nachlassen der Sonneneinstrahlung aus astronomischen Gründen und einer entsprechenden langsamen Absenkung der Temperatur mit ihren Rückwirkungen auf die Feuchtigkeit bestimmt waren, konnten sich in der Sahara nur noch geringer ausgeprägte Feuchtphasen ausbilden, in denen aber dennoch die Grundwasserreserven nochmals etwas nachgefüllt wurden. Lit. 14.6
Feuchtphase der Levante in der Kupfer-Stein-Zeit: Blüte und Verfall
Nach langem und steilem Abfall kam der Spiegel des Toten Meeres nach 4500 v.Chr. zur Ruhe. Der Stabilisierung auf niedrigem Niveau folgte ein ganz langsamer Wiederanstieg, welcher sich über mehr als ein Jahrtausend hinzog (Abb. 16). Im Einzugsgebiet des Jordan wurde es langsam wieder feuchter! Nach Stalagmiten aus der Soreq-Höhle in Israel (Abb. 15) stieg die Feuchtigkeit im Zeitabschnitt von 4300 bis 4000 v.Chr. sogar recht rasch auf hohe Werte an und für die folgende erste Hälfte des 4. Jahrtausends bis 3500 v.Chr. zeigen die Indikatoren für die Levante eine zwar wechselnde aber überduchschnittliche Feuchtigkeit an!
In dieser Region muss das Jahrtausend zwischen 4500 bis 3500 v.Chr. also eine überwiegend günstige Zeit gewesen sein! Wie passt dies zu einer Periode, welche von einem langen Eisvorstoß im Atlantik und von Kühle und Trockenheit in anderen Regionen geprägt ist? Die Levante scheint von der weit verbreiteten Abkühlung sogar profitiert zu haben!
Vielleicht gibt uns ein zeitlicher Vorgriff auf die Vorgänge Aufschluss, welche sich viel später, um 1300 bis 1200 v.Chr., dort abgespielt haben? Damals begann die Kultur im gesamten östlichen Mittelmeerraum in einer weit verbreiteten großen Trockenheit mit Hunger und kriegerischen Auseinandersetzungen zu kollabieren und es setzte ein Sturm auf die Levante ein, weil sich im Gegensatz zum übrigen Raum dort eine fruchtbare Feuchtphase eingestellt hatte. Die Levante wurde sogar zum klimatischen Eldorado verzweifelter Völker! Durch die Abkühlung des Klimas hatten sich offensichtlich in beiden Zeitphasen die atlantischen Tiefdruckgebiete weiter nach dem Süden verlagert