Norbert Buchner

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall


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etwas feuchter wurde bildeten sich dort landwirtschaftliche Siedlungen in Gegenden, welche heute nur jährliche Niederschlagsmengen von 300 mm Wassersäule (WS) aufweisen, bis hin zu Extremlagen von weniger als 100 mm WS pro Jahr. Ähnlich wie in der angeführten späteren Zeit wurde es dagegen in Gebieten östlich der Levante recht trocken, wie dies Sedimente vom Van-See (Abb. 12) anzeigen: von 4100 bis 3500 v.Chr. fiel die Feuchtigkeit dort in Stufen auf ein recht niedriges Niveau ab! In der erwähnten viel späteren Trockenphase zwischen 1300 und 1200 v.Chr. sind dann fremde Stämme und Völker auf der verzweifelten Suche nach noch brauchbarem Lebensraum auch aus diesem östlicheren Raum in das feuchtere Palästina eingefallen. Auch in der hier betrachteten frühen Zeit ist in der Levante neben einem Anwachsen der Bevölkerungszahl das Auftauchen von neuen Nutzpflanzen feststellbar, wie des Olivenbaums und des Weinstocks, welcher aus dem Kaukasus stammt. Erstmals fand man nun auch Knochen von Pferden, welche ebenfalls aus einem nordöstlichen Raum kommen. Ganz offensichtlich sind also Menschen aus diesen austrocknenden Regionen in die Levante gekommen! Die Siedlungen expandierten nun ganz beträchtlich: von den Golanhöhen im Norden bis hin zum Negev und dem Sinai fanden sich zahlreiche neue Ortschaften.

      Neben der Landwirtschaft entwickelten sich Handwerk und Gewerbe und es bildete sich später sogar eine Hierarchie aus. Die Metallurgie nahm nach ihrem Einzug mit Kupfer als Basis sogleich einen starken Aufschwung. Die bemerkenswertesten Erzeugnisse entdeckte man in der „Schatzhöhle“ von Nahal Mishmar, in einem Canyon an der Westküste des Toten Meers. In einer dicken Siedlungsschicht fanden sich neben Haushaltsgeräten mehr als vierhundert Kultobjekte! Die künstlerisch hochstehenden Gegenstände mit fein gearbeiteter Oberfläche, wie Köpfe von Herrscherstäben, waren zum Teil aus dünn getriebenem Kupferblech und teilweise auch vollwandig hergestellt mittels des Wachs-Ausschmelzverfahrens, wie man es bei den späteren Sumerern in Mesopotamien wieder vorgefunden hat. Stil und Legierungen zeigen Ähnlichkeiten mit Objekten aus Anatolien und Tepe Hissar auf der nördlichen iranischen Ebene: dies ist ein weiterer Verweis darauf, dass offensichtlich aus diesen austrocknenden Regionen Menschen in das feuchtere Palästina gekommen sind.

      Nach 3500 v.Chr. endete die Feuchtphase wieder. Es wurde sehr trocken (Abb. 15) und die Sonderkultur in der Levante verfiel. Abb. 17 zeigt für diese Zeit auch 2 sehr tiefe Einbrüche von Kälte! Der größte Eisbergvorstoß der letzten 10 000 Jahre tat nun auch in der Levante seine Wirkung (Abb. 10)! Ackerbau als materielle Basis der Kultur der Kupfer-Steinzeit war nicht mehr möglich! Die Kultur der Levante erreichte das rettende Ufer einer großen Klimaverbesserung nicht mehr, welche einige Jahrhunderte später einsetzen sollte, denn dazu fehlte ihr im Gegensatz zu günstigeren Regionen wie Mesopotamien der Zufluss großer Flüsse. Lit. 14.7

      Bewässerung auf der persischen Hochfläche, Kapitulation vor der Austrocknung und Entstehen städtischer Zentren

      Im großen Klimaoptimum nach 5500 v.Chr. hatte sich die persische Hochebene mit Siedlungen einer bäuerlichen Kultur gefüllt, welche über lange Zeit eine große Einheitlichkeit behielt. Auch auf der Hochfläche war aber das Klima zeitweise von Trockenheit geprägt. So setzte es gegen Ende des 5. Jahrtausends v.Chr. zu einem Tief mit Trockenheit an. Als Folge finden sich auf der Hochfläche um 4000 v.Chr. im gesamten weiten Siedlungsraum erste dörfliche Bewässerungssysteme, Gemeinschaftsanlagen der jeweiligen Siedlungen. Allmählich zeigt sich auch eine veränderte Siedlungsstruktur, denn offensichtlich bildeten sich gesellschaftliche Rangstufungen heraus, die wohl auch erforderlich waren, um Gemeinschaftsaufgaben wie die Bewässerung koordinieren zu können.

      Abkühlung und Trockenheit erreichten im Maximum des riesigen Eisbergvorstoßes im Atlantik um 3300 v.Chr. ihren Gipfel und das Klima wurde außerordentlich unfruchtbar (vgl. Abb. 10, 12 und 17). Dies brachte die Siedlungen auf dem persischen Hochplateau trotz Bewässerungswirtschaft in Nöte. Als Folge wurden nun Hunderte von Dörfern im weiten Großraum der Hochebene völlig aufgegeben. Riesige Gebiete verödeten und die überlebende Bevölkerung konzentrierte sich nun an noch verbliebenen wasserreichen Stellen, wo sich später allmählich städtische Zentren herausbildeten. Sie entstanden z.B. im Norden vor dem Elburs-Gebirge, im Nordosten vor den Bergen des Kopeth Dagh und weit im Südosten in Sistan am Helmand-Fluss aus dem Hindukush. Ein weiteres Gebiet der Konzentration der Bevölkerung lag im Westen im wasserreichen Tiefland der Susiana vor dem Zagros-Gebirge, das von mehreren Flüssen aus dem Zagros-Gebirge gespeist wird, in einem uralten Siedlungsland, welches schon seit Jahrtausenden bewohnt war. Der spätere Hauptort Susa an einer Engstelle zwischen den Flüssen Dez und Karbe wurde dort schon zwischen 4000 und 3500 v.Chr. zu einer bedeutenden Siedlung, die dünnwandige Keramik mit meisterhafter Bemalung sowie Stempelsiegel herstellte und schon zwischen 3500 und 3100 v.Chr. wird dort eine Urbanisierung erkennbar. So wurden dort Bullae (Hohlkugeln) aus gebranntem Lehm mit eingeschlossenen Zählsteinen angefertigt, ein Hinweis auf eine notwendig gewordene Registrierung, und es taucht das Rollsiegel, welches schon die Alteuropäische Donauzivilisation erfunden hatte, erstmals in dieser Region auf. Es erlaubt umfangreichere Darstellungen als das Stempelsiegel, weil nicht die Stirnfläche, sondern der gesamte Umfang eines Zylinders graviert ist und seinen Abdruck beim Abrollen in Lehm hinterlassen kann.

      Susa stellte später neben Anschan (Tell Malyun) auf der Hochfläche der Persis eine von zwei Hauptstädten des ersten Reiches auf persischem Boden, Elam, dar. Französische Archäologen haben Susa über ein Jahrhundert lang ausgegraben. Der dabei gefundene Dekor der Keramik übertrifft das im iranischen Hochland vorzufindende Niveau; es fanden sich auch viele Belege für einen Fernhandel im Norden über die Seidenstraße und im Süden bis an Hindukush und den Indus sowie im Westen nach Ägypten. Das Reich Elam entwickelte ein eigenes Registriersystem und eine eigene von Mesopotamien unabhängige Keilschrift und es dürfte neben den bedeutenden sumerischen Städten sowohl kultureller Ideengeber wie auch Ideenempfänger gewesen sein.

      Mitte des 4. Jahrtausends v.Chr. – in der Phase fortschreitender Austrocknung der persischen Hochfläche – erfolgte auch eine größere Einwanderung in das von der Obed/Uruk-Kultur geprägte südliche Mesopotamien. Untersuchungen in der Gegend östlich der Stadt Uruk haben gezeigt, dass dort nach einer langen Zeit einer nur spärlichen Siedlungstätigkeit plötzlich Hunderte von Siedlungen entstanden sind, welche die Ebene dann mit einem engmaschigen Netz überzogen haben. Wissenschaftler im 20.Jahrhundert haben lange über den Ursprung der rätselhaften Zuwanderer, der „Sumerer“ als vermutete Kulturbringer, gerätselt, denn diese Zuwanderer stellten neben der weiterentwickelten Obed-Kultur der mesopotamischen Ebene eine der Wurzeln der später folgenden Hochkultur der Sumerer dar. In dieser Zeitspanne sind auf der persischen Hochfläche weiträumig Dörfer aufgegeben worden und es sind Siedlungen an Orten mit ausreichend Wasser entstanden: dies beantwortet wohl die Frage nach der Herkunft der„Sumerer“.

      Das frühe Uruk in Mesopotamien trotzt der Trockenheit

      Im Süden Mesopotamiens hatte sich in einem langen Zeitraum nach 8000 v.h. die bäuerliche Obed (Ubaid)-Kultur entwickelt und allmählich eine städtische Reife erlangt. Dank der Beherrschung des Bewässerungs-Landbaus konnte sie auch mehrere Phasen von Abkühlung und Austrocknung überdauern. Im 4.Jahrtausend v.Chr. blühte dann mit Veränderungen des Klimas mehrfach eine neue Kulturperiode auf, welche man mit dem Namen der Stadt Uruk im südlichen Mesopotamien belegt hat, denn Uruk, an einem Seitenarm des Euphrat inmitten des fruchtbaren Schwemmlandes gelegen, ist die bedeutendste Stadt dieser Periode und eine Führungsrolle fiel ihr auch als Stadt des Hauptgottes An zu.

      Der Aufschwung von Uruk I (4100 – 3800 v.Chr.) begann in einer Phase, in der sich die Eisberge im Nordatlantik für kurze Zeit etwas zurückgezogen hatten (Abb. 10). Dieser Rückzug wurde aber schnell von einem neuen tiefen Eisvorstoß mit einem großen Maximum um 3800 v.Chr. abgelöst. Die Folge war ein anhaltender und tiefer klimatischer Abschwung, welcher das Ende der Periode Uruk I markiert.

      Uruk II (3800 – 3300 v.Chr.). Die anfängliche Verbesserung des Klimas in der Periode Uruk I hatte zu einem Anwachsen der Städte geführt. Am Ende von Uruk I und Beginn von Uruk II hingegen stand ein ausgeprägtes Klimatief. Zwar stellte sich von 3700 -3600 v.Chr. eine leichte Erholung des Klimas und auch ein leichter Rückzug der Eisberge im Atlantik ein; diese rückten aber dann um 3300/3200 v.Chr. auf ihre absolut südlichste Position der letzten 10 000 Jahre vor (Abb. 10)!