Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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möglich der türkischen Riviera, der laut Reiseprospekt türkisblauen Südküste, zustrebten. Doch zunächst stand uns wieder eine nervenzermürbende Fahrt durchs Gebirge bevor, im ersten Gang quälten wir uns 10-15%ige Steigungen empor und schlichen in engen Kurven wieder hinunter, so weit das Auge reichte, bewaldete Hügel, überwiegend niedrige Pinien, sie hoch überragend Gruppen von schlanken dunklen Zypressen, leuchtend gelbe Farbtupfer am Straßenrand mit Blüten übersäte kugelige Ginsterbüsche.

      Endlich nach über 200 Kilometern tauchte tief unter uns das von einem leichten Dunstschleier überzogene Mittelmeer auf. Noch ein paar Serpentinen, und wir waren in dem hübschen Hafenstädtchen Fethiye, beherrscht von der Ruine einer gewaltigen Festungsanlage. Einst, d. h. im 4. Jahrhundert v. Chr., lag hier die lykische Stadt Telmessos; in der den Ort überragenden steilen Felswand findet man noch bemerkenswerte Felsengräber aus jener Zeit, mit dem Fernglas sind die zum Teil mit schönen tempelartigen Fassaden geschmückten Eingänge sehr gut zu erkennen. Für uns unerreichbar, deswegen wendeten wir uns schnurstracks dem Meeresufer zu.

      Da wir mit dem Wagen leider nicht an den feinsandigen Strand der nahen viel gepriesenen blauen Lagune Ölü Deniz herankamen, nahmen wir halt mit dem normalen schmalen, etwas kiesigen Strandstreifen der weiten Bucht vorlieb und stürzten uns sofort mit Begeisterung in die schäumenden Fluten, dieses Vergnügen den ganzen Nachmittag ausnutzend. Zum Abendessen lud der von Weinreben umrankte Garten eines nahen Restaurants uns ein, es gab gefüllte Weinblätter, auf Holzkohle gegrillte zarte Lammkoteletts auf gemischter Gemüseplatte und zum ersten Mal ein typisch türkisches Dessert, Baklava, mit Mandeln, Nüssen und Pistazien gefüllte Blätterteigtaschen, lecker, aber mit Honig übergossen sehr süß.

      Kaum hatten wir es uns in unserem Mobi am sperrangelweit offenen Heckfenster wieder bequem gemacht, wies ein vorbeikommender Polizist freundlich aber bestimmt darauf hin, dass das Übernachten am Strand strengstens verboten sei. Enttäuscht packten wir alles zusammen und fuhren im Dunkeln auf einen Gott sei Dank nahen Campingplatz. In drangvoller Enge quetschten wir uns zwischen einen Wohnwagen und ein anderes Mobi, mit dem, wie sich schnell herausstellte, ein sehr nettes etwas jüngeres Ehepaar aus Regensburg unterwegs war. Bis Mitternacht wurden bei uns an Bord bei einigen Gläschen Wein in fröhlicher Runde Erfahrungen ausgetauscht. Lautstarke Streitigkeiten im Zelt hinter uns rissen uns um 2.00 Uhr morgens aus tiefem Schlaf, ohrenbetäubendes Babygeschrei von vorne.

      Schon früh am Morgen verließen wir diesen unwirtlichen Ort, um zunächst einmal am noch einsamen Strand in aller Ruhe zu frühstücken. Wie unsere Landkarte uns übrigens zeigte, waren es von unserem Standpunkt aus nur etwa 75 km Luftlinie bis zur Nordspitze von Rhodos, der Hauptinsel der der Ägäischen Küste vorgelagerten Inselkette der Südlichen Sporaden, die, bestehend aus 13 größeren und einer Vielzahl kleiner Inseln zusammen den so genannten Dodekanes bilden, überwiegend in griechischem Besitz. Die Sonne lachte bereits wieder vom wolkenlosen tiefblauen Himmel. Entsprechend gelaunt brachen wir eine halbe Stunde später auf, um schon nach kurzer Zeit, umringt von einer in allen Stimmlagen meckernden riesigen Ziegenherde, schneeweiß die einen, die Böcke schwarz und zottelig mit dicken gewundenen Hörnern, nur noch im Schleichgang voranzukommen. Auf dem bunten Markt in Fethiye deckten wir uns noch mit frischem Obst, Käse, Brot und Getränken ein, ein paar Flaschen trockener Rotwein durften auch nicht fehlen.

      Dann stand uns eine herrliche Fahrt auf gut ausgebauter Straße durch eine unbeschreiblich schöne Gebirgslandschaft, die Ausläufer des quer zur Küste verlaufenden Taurusgebirges, bevor. Fast 300 Kilometer, immer wieder auf weit geschwungenen, dann engen Serpentinen auf- und absteigend, teils durch dichten Pinienwald, teils an atemberaubenden Abgründen entlang, am Straßenrand wunderschön in kräftigem Rosa blühender wilder Oleander, aus der Ferne grüßte von links ein schneebedeckter Zweitausender, während rechts tief unter uns das weite, tatsächlich türkisblaue Mittelmeer in der Sonne glitzerte. Dann tauchten wir ein in ein fruchtbares Tal mit unübersehbaren Zitrusplantagen.

      Am Nachmittag Ankunft in

      - Antalya -

      eine der schönsten Städte an der türkischen Riviera, sich malerisch auf einem zum gleichnamigen herrlichen Golf hin steil abfallenden Felsplateau erhebend; am Horizont im Norden die schneebedeckten schroffen Gipfel des Taurus, der im Westen zum Meer hin steil abfällt und zum Osten einen fruchtbaren breiten Küstenstreifen umgibt. In der brütenden Hitze hatten wir aber zunächst nur ein Ziel, Strand und Wasser. Durch von Palmen und Orangenbäumen gesäumte Straßen fuhren wir auf schnellstem Wege Richtung Bucht, landeten in dem malerischen Hafenviertel mit seiner modernen Marina, Yachten, so weit das Auge reichte, aber keine verlockende Bademöglichkeit. Der bei Touristen sehr beliebte Ort war heillos überlaufen.

      Ein paar Kilometer weiter östlich außerhalb der Stadt, vorbei an riesigen Hotelkomplexen, davon einige von hohen Kränen umgeben noch im Bau, stießen wir in einer romantischen Bucht auf den langen feinsandigen Lara Strand, eine Kulisse wie aus dem Reiseprospekt, weißer Sand, einzelne aufgespannte Sonnenschirme, azurblaues Wasser, an der Nordseite steil abfallende Felsen, die flachen Kuppen mit Pinien begrünt, davor ankernd ein paar dekorative Zweimaster. Die Erfahrung vom Vortag ließ uns gleich nach einer erlaubten Übernachtungsmöglichkeit suchen. Auffallend eine wunderschön zwischen bunten Blumenrabatten, blühenden Büschen und Bäumen angelegte Campinganlage, es gab nur verschieden große schneeweiße Dauerzelte.

      Der Vermieter hatte nichts dagegen, dass wir mit unserem Mobi direkt an den Strand heranfuhren, ganz in der Nähe ein hübsches Restaurant, was wollten wir mehr! Den Rest des Nachmittags verbrachten wir mit Schwimmen im kristallklaren Wasser, sonnen, lesen, einfach nur relaxen.

      Mit gutem Appetit verspeisten wir dann im urgemütlichen Restaurant mit gemauerten Bögen, in Kübeln dekorative Fächerpalmen und duftender Oleander, aus tief heruntergehenden großen Fenstern ein herrlicher Blick auf die im Dämmerlicht dunkel schimmernde Bucht, wieder eines der typischen Menüs. Zum reichhaltigen Vorspeisenteller gab es köstliches, noch warmes Fladenbrot aus dem in die Rückwand eingebauten Steinofen. Ein offener roter Landwein mundete sehr gut zu dem kräftig gewürzten Gemüseauflauf mit Hack. Das Dessert, Strudelteiggebäck mit einer Füllung aus Honig, Mandeln und Rosinen, spendierte der etwas deutsch sprechende Wirt, der zu einer netten Unterhaltung an unseren Tisch kam. Der sehr freundliche Ober, der unsere Sprache fließend beherrschte, er war sieben Jahre in Hannover, brachte zum Abschluss noch einen Teller mit frischem Obst und kochendheißen Tee in den üblichen kleinen Gläsern, an denen man sich regelmäßig die Finger verbrannte.

      Einschlafen konnten wir in dieser Idylle allerdings erst sehr spät, da ab 22.00 Uhr von irgendwoher einer Hammondorgel entlockte Melodien über den Platz dröhnten. Wieder brach ein heißer Tag an, und wir beschlossen, an diesem idealen Badeplatz zu bleiben. Auf Empfehlung des Obers saßen wir bereits um 9.00 Uhr wieder im Restaurant, um uns mit einem typischen türkischen Frühstück überraschen zu lassen: Hühnersuppe, Schafskäse, Tomaten, Oliven, Weißbrot (das köstliche Fladenbrot gab es leider nur abends), Honig und Tee, na ja! Den Rest des Tages genossen wir wie am Vortag, das Abendessen fand wieder zu unserer vollen Zufriedenheit beim netten Wirt statt. Pünktlich ab 22.00 Uhr abermals das Wummern der Hammondorgel, aber übergroße Müdigkeit ließ uns trotzdem schnell entschlummern.

      Bei fortlaufend herrlichem Sonnenschein verbrachten wir den nächsten Tag noch einmal bis 15.00 Uhr am Strand, stärkten uns mit Tee und Keks an Bord, um dann nach Antalya, bei unserer Besichtigung zwei Tage vorher etwas zu kurz gekommen, zurückzukehren. Auf einem kleinen Abstecher nahmen wir jedoch zunächst die Gelegenheit wahr, den sich von hohem Felsen rauschend und Gischtschleier versprühend ins Meer stürzenden Düden Wasserfall zu bewundern.

      Antalya, wie die meisten Städte der Türkei ebenfalls mit sehr wechselvoller Geschichte, wurde im 2. Jahrhundert v. Chr. von dem pergamenischen König Attalos II. angelegt, im 2. Jahrhundert n. Chr. fiel es an die Römer,