Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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      Inmitten der sehenswerten Altstadt, die wir, soweit möglich, per Mobi durchkreuzten, stößt man noch auf viele gut erhaltene Zeugen aus den verschiedenen Epochen. Über dem alten Hafen erhebt sich als Wahrzeichen der Stadt das imposante gefurchte Yivli Minarett aus dem 13. Jahrhundert; sehr eindrucksvoll in der zum Teil noch gut erhaltenen Stadtmauer das mächtige Hadrianstor, 130 n. Chr. anlässlich eines Besuches des römischen Kaisers Hadrian errichtet. Nach den Bauwerken gönnten wir uns noch einen Spaziergang, d. h. von Bank zu Bank hangelnd, durch den herrlich über dem Golf gelegenen Pergale Park mit seinen von hohen Palmen und tropischen Pflanzen mit farbenprächtigem Blütenflor gesäumten gepflegten Wegen.

      Auf dem Parkplatz inzwischen total eingekeilt, mussten wir eine Weile ausharren, bis wir endlich freie Fahrt hatten. Ein sehr schönes Restaurant am Meer für unser Abendessen war schnell gefunden, wegen drangvoller Fülle mussten wir allerdings eine Weile, einen gut gekühlten Aperitif schlürfend, an der eleganten Bar warten, bis der nette Ober uns an einen der runden Tische auf der hell gefliesten großen Terrasse führte, umgeben von gemauerten, von bunter Blütenpracht überquellenden Trögen.

      Von unseren bequemen Stühlen aus hatten wir einen einmaligen Blick auf die gewaltige Bergkulisse des Taurus westlich der jetzt in einem dunklen Blau schimmernden Bucht. Hinter den zerklüfteten Bergen war die Sonne bereits untergegangen und hatte die zum Teil schneebedeckten Gipfel in glühendrotes Licht getaucht. In solcher Atmosphäre schmeckte das wieder sehr delikate Menü noch besser, die gemischte Vorspeisenplatte bot immer wieder neue Überraschungen, die zartbraun gegrillten Fischfilets zergingen auf der Zunge, und als Dessert gab es, oh Wonne, süßen Milchreis mit Sirup.

      Über uns wölbte sich inzwischen ein funkelnder Sternenhimmel und ein großer leuchtender Mond ließ die dunkle Bucht silbrig schimmern; auf den immer noch gut besetzten Tischen flackernde Windlichter, die richtige Stimmung für zwei unverbesserliche Romantiker. Das letzte Glas Wein zog sich sehr in die Länge, und es war bereits nach 23.00 Uhr, als wir am schon vorher zur Übernachtung auserkorenen, sehr schön direkt am Meer gelegenen Parkplatz ankamen. Da durchgehend bewacht, schliefen wir wohl behütet und völlig ungestört bis in den sonnigen Morgen.

      Jetzt hieß es allmählich der Küste den Rücken zu kehren, auf kurvenreicher Straße arbeiteten wir uns auf den 925 m hohen Cubuk Pass hinauf, mal durch lichten Kiefernwald, dann dazwischen aufleuchtend die schlanken weißen Stämme hoch gewachsener hellgrüner Birken, am Straßenrand bizarr geformte grau schimmernde Eukalypten, vor uns die überwältigende Kulisse des Taurusgebirges mit seinen im Sonnenschein leuchtenden Schneefeldern. In einer scharfen Kurve, wohl etwas zu schnell genommen, hinter uns großes Gepolter, Kühlschrankentleerung!

      Auf dem nächsten sich bietenden Parkplatz wurde der Schaden sofort behoben und gleich die Gelegenheit genutzt, unsere Wasservorräte, die wir sonst auf am Wege liegenden Campingplätzen neben gleichzeitiger Entsorgung aufzufüllen pflegten, ausnahmsweise mit kristallklarem Quellwasser zu ergänzen, das aus einem überdachten Rohr sprudelte, als Trinkwasser deklariert, durch ein Leitungssystem unter der Straße durchgeführt wurde und sich auf der anderen Seite als plätschernder Gebirgsbach den Hang hinabwand. Nach kurzer Zeit gesellte sich eine türkische Familie mit zwei halbwüchsigen Kindern zu uns. Der zwölfjährige Sohn wurde als Dolmetscher vorgeschickt, voller Stolz gab er seine in der Schule erworbenen Englischkenntnisse zum Besten und fragte ganz bescheiden, ob man sich unser Mobi einmal etwas näher ansehen dürfte, man durfte selbstverständlich. Nach einer halben Stunde in fröhlichem Kauderwelsch geführten Unterhaltung beschenkten sie uns mit einem großen Beutel duftender Feigen, mit Haribo Lakritzkonfekt aus unseren heimischen Vorräten für die beiden hoch erfreuten Kinder konnten wir uns wenigstens revanchieren.

      Schon bald nach Passbewältigung zweigten wir nach Westen ab und fuhren auf einsamer Nebenstrecke durch karge Steppenlandschaft, so weit das Auge blickte, flache, fast kahle graubraune Hügel, durch niedrigen Bewuchs dunkelgrün gesprenkelt, dann weite staubtrockene Felder, einige mit zartem Grün überzogen, von knorrigen windzerzausten Bäumen gesäumt; gottverlassene, fast ausgestorben wirkende kleine Dörfer, bis nach etwa 140 Kilometern kurz hinter dem etwas größeren und belebteren Ort Yesilova der wunderschöne, von Hügelketten eingerahmte herrlich blaue Salda See vor uns lag, an dessen Ufer wir uns Zeit nahmen für unsere obligate Tee- und Kuchenpause.

      Jetzt trennten uns etwa noch 100 wieder sehr gebirgige Kilometer, u. a. mussten wir den 1.250 km hohen Kazikbeli Pass überwinden, von unserem Tagesziel

      - Pamukkale -

      eines der eindruckvollsten Reiseziele der Türkei. Am frühen Nachmittag standen wir staunend unterhalb dieses phantastischen Naturwunders, schon aus der Ferne waren die sich über einen weiten Hang mehr als 100 m hinaufziehenden in der Sonne glitzernden schneeweißen Sinterterrassen zu erkennen, seit 1988 zum Weltnaturerbe der UNESCO gehörend.

      Im Laufe der Jahrtausende haben stark kalkhaltige warme Quellen bizarr geformte versteinerte Wasserfälle und dazwischen natürliche verschieden große Becken geschaffen, in denen sich ständig das unentwegt herabrieselnde Wasser sammelt und man, so man möchte, ganz entspannt ein körperwarmes Bad genießen kann. Schon die Römer wussten die heilende Wirkung der Thermalquellen zu schätzen, bereits 190 v. Chr. gründeten sie dort den Kurort Hierapolis, der, mehrmals durch Erdbeben zerstört, immer wieder aufgebaut wurde. Den auf dem Hochplateau noch vorzufindenden Ruinen galt unser nächstes Interesse. In dem leicht hügeligen, steinigen, teilweise von blühendem Gras überwucherten Gelände findet man weit verstreut die Reste eines beachtlichen Amphitheaters, eines Apollotempels, die rekonstruierten großen Thermen und die angeblich größte Totenstadt aus römischer Zeit; vor einem dunklen Bergkegel, neben einer Reihe hoch aufragender schlanker Zypressen wie eine Theaterkulisse wirkend, gewaltige, gut erhaltene Arkaden. Auch dieser antike Ort zählt seit 1988 zu den Welterbestätten der UNESCO.

      Direkt oberhalb des Kalkhanges hatten wir ein tolles Restaurant entdeckt und ließen uns nach dem Ausflug in die Geschichte auf dem unmittelbar über dem oberen Terrassenfeld liegenden langen efeuberankten Balkon nieder. Von unserem Tisch unmittelbar an der Brüstung bot sich uns ein traumhafter Blick, noch strahlte der Hang im hellen Sonnenschein in weißestem Weiß, das Wasser in den gefüllten Becken gletscherblau, dahinter wie bemoost aussehend, runde Hügel, übergehend in eine weite steppenartige Ebene, am Horizont, sich hintereinander auftürmend, schroffe Berge.

      Bei einem Aperitif ließ ich meinen Schatz in dieser einmaligen Umgebung zurück, um, auf dem Rande der Becken entlangbalancierend, wenigstens die Füße im angenehm warmen Wasser zu baden. Die allmählich untergehende Sonne überzog alles mit einem gleißend goldenen Schimmer, und als wir nach einer köstlichen Hochzeitssuppe beim knackigen gemischten Salat angelangt waren, versank sie gerade in einem blutroten Meer hinter den fernen Bergkuppen. Hübsch geformte weiße Laternen oberhalb der Brüstung übernahmen die Beleuchtung, und vom nahen Terrassenfeld blitzten Tausende von Lämpchen herüber. Das zarte Rindfleisch am Spieß zerging auf der Zunge und der exotische Obstsalat bildete einen leckeren Abschluss. Mit dem Leeren unserer Weinflasche ließen wir uns in dieser romantischen Atmosphäre wieder sehr viel Zeit und hängten zur Verlängerung noch ein Gläschen Tee an.

      Im hellen Schein des Mondes kamen wir schließlich auf unserem schon vorher ausgesuchten Übernachtungsplatz mit herrlichem Blick auf bizarre Felsen an. Zu unserer Überraschung fanden wir inzwischen vier andere deutsche Wohnmobile vor. Fröhliche Begrüßung und natürlich angeregter Austausch von Erfahrungen. Um Mitternacht fielen wir todmüde in unsere Kojen, wie immer höchst zufrieden mit dem tollen Tag.

      Der Samstag begann wieder sonnig und versprach sehr heiß zu werden, für uns jedoch zunächst etwas unangenehm, unser Kühler verlor laufend Wasser. Also suchten wir in der Gott sei Dank nur 18 Kilometer entfernten Stadt Denizli