Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


Скачать книгу

das Bankenviertel mit der 1969 fertig gestellten 237 m bzw. 52 Stockwerke hohen marmorverkleideten Zentrale der Bank of America und dem architektonischen Höhepunkt dieses Stadtbezirks, der 1972 vollendeten 280 m hohen Transamerica Pyramid mit der ungewöhnlichen aluminiumverkleideten Gitterturmkonstruktion; als krasser Gegensatz dazu die im Adobe-Stil (Lehm-Stroh-Technik, angewandt durch die Indianer) 1776 unter dem Namen San Francisco de Asis von spanischen Franziskanern errichtete kleine Mission Dolores, die die Wiege Franciscos verkörpert; die benachbarte Basilika hat man erst 1918 erbaut. Wenn auch Wolkenkratzer die Skyline der Stadt bestimmen, so sind es doch die alten viktorianischen Holzhäuser, die den Charme von San Francisco ausmachen; die schönsten und immer wieder abgelichteten Exemplare, die der Großbrand von 1906 verschont hatte, findet man am parkähnlichen Alamo Square, wunderschön herausgeputzt und äußerst fototrächtig vor der fernen Skyline aufgereiht.

      Natürlich wurde auch unsere Stadtrundfahrt ständig durch Fotostopps und kurze Besichtigungen unterbrochen, auch der Magen kam selbstverständlich auf seine Kosten, u. a. genossen wir in einem sehr hübschen Restaurant in Chinatown, eine exotische Welt voller prallem buntem Leben, die fernöstliche Küche.

      Abends versuchten wir in einem kleinen gemütlichen Familienrestaurant in der etwas weniger belebten, aber durch ihre typischen wunderschön gestalteten Gartenanlagen, die fünfstöckige Peace Pagoda, die vielen hübschen Tempel, Schreine und Teehäuser nicht minder sehenswerten Japantown unser Glück mit Stäbchen, allerdings gaben wir schon nach kurzer Zeit entnervt auf und griffen auf die in weiser Voraussicht bereitgelegten Gabeln zurück, während Gaby und Diethard, der abends natürlich mit von der Partie war, dank längerer Übung die Kunst bestens beherrschten.

      Es führte zu weit, alle an diesen zwei Tagen besuchten Sehenswürdigkeiten ausführlich zu beschreiben, diese Stadt bietet einfach zu viel, also folgt ein stichwortartiger Abriss: Fisherman’s Wharf, ein vor allem für die Touristen südländisch herausgeputzter Hafen mit bunten Geschäften, Restaurants und Straßencafés, nicht zu vergessen den zahlreichen Straßenkünstlern; unter dem südlichen Brückenkopf das gut erhaltene Fort Point, 1853 von der amerikanischen Armee an der Stelle eines spanischen Forts zum Schutz der Einfahrt in die Bucht errichtet, heute ein Militärmuseum, von dessen Top man einen wunderschönen Ausblick genießt; nicht zu vergessen der traumhafte Blick von den etwa 300 m aufragenden Twin Peaks genannten Zwillingsbergen auf die gesamte Stadt, die Bay bis hinüber nach Oakland; das 590 ha umfassende Presidio, ein früherer Stützpunkt der US-Army, inzwischen der größte Teil zum Nationalpark erklärt, eine der grünen Lungen der Stadt; außerdem last not least der liebliche über 400 ha große Golden Gate Park, einer der größten und schönsten Stadtparks der USA mit mehr als 5.000 verschiedenen Pflanzenarten; in Gehegen werden diverse Hirscharten und Bisons gehalten; mehrere Seen und Teiche sowie eine Reihe von Denkmälern bereichern die riesige Grünanlage. Wunderschön der im südwestlichen Teil des Parks gelegene Japanese Tea Garden und sehr hübsch anzusehen das Conservatory of Flowers, ein im viktorianischen Stil erbautes Gewächshaus; für Sportliebhaber gibt es einen ausgedehnten Golf Course.

      Natürlich wollten wir auch eine Fahrt mit der berühmten Cable Car nicht missen, also ließen wir den Wagen stehen und enterten eine dieser bunten Bahnen an der nächstliegenden Station zu einer oft sehr schrägen Rundtour. Ein kurzer Ausflug führte uns über die imposante Golden Gate Bridge nach Sausalito, ein Vorort von San Francisco, wo als spezielles Charakteristikum an fünf verschiedenen Stegen eine kleine Armada von Hausbooten festgemacht hat, teils bohemehaft und phantasievoll, teils exotisch und bizarr. Bevor wir den Rückweg über die Brücke nahmen, genossen wir von einem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus den direkten Blick auf dieses einmalige Bauwerk und die dahinter in der Ferne aufragende Skyline. Die Tage waren viel zu schnell zu Ende, obwohl wir immer bis fast ein Uhr morgens klönten.

      Am Sonntag erwartete uns alle ein ganz besonderes Ereignis, die San Francisco Opera, eine immer im Sommer stattfindende Veranstaltung auf einer riesigen Wiese innerhalb des Golden Gate Parks. Es war irre voll, dicht gedrängt hockten picknickende Menschen, zum Teil phantasievoll kostümiert, auf niedrigen Klappstühlen oder Decken auf dem Rasen, etwas seitlich hatten einige sogar ein Beduinenzelt aufgebaut und tafelten entsprechend gekleidet von silbernen Tabletts und tranken rot funkelnden Wein aus hohen Kristallgläsern. Wir arbeiteten uns mit einem riesigen, wohl bestückten Picknickkorb durch die brodelnde Menge, bis wir noch ein leeres Plätzchen fanden, auf dem wir uns „häuslich“ einrichten konnten. Um 2 p. m. ertönte durch riesige Lautsprecher die Nationalhymne, gespielt von einem Orchester auf einer hoch gelegenen großen Bühne, alle sprangen auf, Hüte vom Kopf, rechte Hand aufs Herz, und während aus Tausenden von Kehlen mit Inbrunst gesungen wurde, zog man langsam die amerikanische Flagge am Mast empor, ein sehr erhebender Augenblick.

      Dann genossen wir zweieinhalb Stunden lang ein Feuerwerk der Musik und natürlich auch den leckeren Inhalt des Picknickkorbes. Bekannte Stars der San Francisco Opera sangen ein Potpourri von Arien u. a. aus Carmen von Bizet, Barbier von Sevilla von Rossini, Tannhäuser von Wagner und v. a. m. Die Stimmung war grandios, viele Zuschauer schwenkten „Bravo-Schilder“, die Begeisterung kannte keine Grenzen, am Schluss jede Menge Zugaben und Standing Ovations. Wir ließen dieses tolle Erlebnis ausklingen mit einer Rundfahrt durch den herrlichen Park. Den Abend verbrachten wir in der gemütlichen Wohnung, bei Selbstgebrutzeltem und ein paar Gläschen kalifornischem Wein wurde wieder angeregt geklönt, dann Domino gespielt bis kurz vor Mitternacht, für die beiden begann schließlich am nächsten Morgen der normale Alltag.

      Wir nutzten den Vormittag zum Zusammenpacken unserer Siebensachen. Als Diethard mittags aus der Uni kam, brachte er uns zur Vermietstation nach San Rafael, wo dann um 4 p. m. die Übergabe stattfand. Da stand es vor uns das stolze Gefährt, schneeweiß mit dunkelblauen Querstreifen und mehrfarbigen geometrischen Figuren, blitzblank geputzt außen wie innen, mit seinen über 8 m ca. 2 m länger als unser eigenes Mobi, durch einen zusätzlichen Alkoven waren insgesamt 4 Schlafplätze an Bord. Wir benutzten dann allerdings ausschließlich das breite gemütliche Doppelbett im hinteren Bereich des Wagens, der Alkoven diente als zusätzliche Gepäckablage.

      Ansonsten war alles da, was man brauchte, um sich wohl zu fühlen, ein weicher unempfindlicher Teppichboden; hinter der Fahrerkabine, die bequem über eine niedrige Stufe durchgängig zu erreichen war, auf der linken Seite ein breiter Tisch mit zwei gegenüberliegenden gepolsterten Sitzbänken an großem Panoramafenster, rechts ein drehbarer äußerst bequemer Sessel, im mittleren Teil hinter der Eingangstür auf der rechten Seite die Küchenzeile mit mehr als das Herz begehrt, nämlich außer einem dreiflammigen Gasherd gab es noch einen großen Backofen, von uns lediglich zum Aufbacken der Frühstücksbrötchen benutzt, die in Amerika wohl unentbehrliche Mikrowelle, einen überdimensionalen Kühlschrank und ein zusätzliches Gefrierfach, in dem wir einen Vorrat an Zartbitterschokolade aufzubewahren pflegten; daneben rundeten zwei chromglänzende Spülbecken das Bild ab. In einem hohen Kleiderschrank konnten wir gut den Inhalt eines Koffers unterbringen, außerdem gab es noch genügend weiteren Stauraum in Form von Oberschränken und Schubfächern, alle Fronten aus edlem Holz. Hinten rechts neben dem Doppelbett fand ein großzügiges Bad mit Spiegelschrank, WC und bequemer Duschwanne unser Wohlgefallen.

      Rundum zufrieden brachen wir nach etwa einstündiger Einführung, versehen mit sämtlichen Papieren, allen möglichen Gebrauchsanweisungen und genügend Kartenmaterial auf; Diethard war inzwischen wieder zur Uni zurückgekehrt. Den Automatikhebel (gehört in Amerika in fast allen Wagen zur Standardausrüstung) auf D gestellt und los ging’s ohne große Eingewöhnungsmöglichkeit direkt vom Platz auf den sehr belebten Highway, erlaubte Höchstgeschwindigkeit 55 mph (88 km/h). Doch weil ja neben mir am Steuer ein Routinier saß, entspannte ich mich schon nach kurzer Zeit und wandte mich meiner Aufgabe zu, dem Fahrer mit Hilfe des reichlich vorhandenen Kartenmaterials den rechten Weg zu weisen.

      Da Gaby