Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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stellte man fest, dass die Wasserpumpe vom Motor kaputt war. Da der Motor jedoch zunächst gänzlich abkühlen musste, wurden erst einmal mehrere Gläser Tee spendiert. Um 11.00 Uhr ging es los, und um 13.00 Uhr konnten wir, versehen mit den besten Wünschen und um 110,00 DM ärmer, endlich aufbrechen.

      Am Mittwoch der kommenden Woche sollte bereits die Abschiedsstunde von der Türkei schlagen, wir hatten eine Kabine auf einem der Fährschiffe der „Turkish Maritime Lines“ gebucht, das uns von Izmir aus nach Venedig bringen würde. Bei dem anhaltend schönen Sonnenwetter wollten wir die uns verbleibenden drei vollen Tage gern am Meer verbringen, unser Ziel das Hafenstädtchen

      - Cesme -

      81 km westlich von Izmir am Ende einer Halbinsel, gegenüber der griechischen Insel Chios, gelegen, bekannt für seine feinsandigen Strände. Da uns aber noch fast 330 km davon trennten, wählten wir die schnellste Verbindung, zunächst auf wunderschöner Strecke durch eine fruchtbare Flussebene, zu beiden Seiten grüßen in der Ferne majestätische Tausender, dann auf weiten Serpentinen durchs Gebirge gewunden bei inzwischen Wahnsinnsverkehr, der vor Izmir in einem Stau endete und auch Richtung Cesme nicht weniger wurde, anscheinend wollten alle das Wochenende am Meer verbringen.

      Gegen 19.00 Uhr waren wir endlich am Ziel, das Städtchen sehr malerisch, überall grünte und blühte es in voller Pracht, aber die Gassen äußerst eng. Mühevoll arbeiteten wir uns bis zum Hafen durch, fanden dort auf der Mole, unmittelbar unterhalb einer mächtigen, hoch aufragenden, von dekorativen Palmen gesäumten Festungsanlage einen traumhaften Platz für die Nacht. Für die nötige Sicherheit war auch gesorgt, die örtliche Polizeidienststelle in Rufweite, ebenso nah zu unserer Freude ein sehr einladendes Restaurant, die weißen Mauern grün berankt, davor unter aufgespannten bunten Sonnenschirmen runde Tischchen mit bequemen Lehnstühlen, dazwischen in Tontrögen Oleander, mit tiefrosa Blüten übersät.

      Da gerade einer der Tische frei wurde, konnten wir unser Dinner wieder in lauer Abendluft genießen, vom Meer her sorgte eine leichte Brise für eine angenehme Temperatur. Die Wahl der vom Koch empfohlenen reich bestückten Fischsuppe und des gegrillten fangfrischen Fisches in einem Gemüsebett brauchten wir wahrlich nicht zu bereuen, zum Abschluss konnten wir dem hauseigenen Obstkuchen nicht widerstehen. Beschwingt vom Genuss eines trockenen Rotweines kehrten wir zu später Stunde zu unserem inzwischen einsam unter einer Laterne stehenden Mobi zurück, hinter uns erstrahlte die Festung in hellem Licht und über uns wie immer ein funkelnder Sternenhimmel und die leuchtende Sichel des Mondes, also wieder Romantik pur.

      Am nächsten Morgen ein Stückchen einsamen Strand zu finden, war nicht allzu schwer bei dem kilometerlangen Angebot. Die sonntäglichen Ausflügler und Touristen verteilten sich auf eine weite Strecke. Wir ließen uns in Sichtweite eines kleinen Imbissrestaurants häuslich nieder. Da die Sonne schon wieder mit 30°C vom Himmel brannte, musste unser hauseigener Sonnenschirm für den nötigen Schatten sorgen. Schnell schwammen wir in dem kristallklaren Wasser, etwas weiter draußen von flinken bunten Fischschwärmen begleitet, herrlich! Den lieben langen Tag genossen wir am Strand und im fast spiegelglatten smaragdgrünen Meer. Der Hunger am Abend wurde mit den leckeren Kleinigkeiten gestillt, die der Imbiss zu bieten hatte, Börekler (Blätterteigpasteten) mit Fleisch oder Käse gefüllt, gebratene Fleischbällchen, mit Reis gefüllte Weinblätter, Hühnerfleisch in pikanter Soße und als Dessert Joghurt mit frischen Früchten. Den spektakulären Sonnenuntergang hinter der Insel Chios genossen wir von unseren bequemen Klapplehnstühlen aus mit einem Glas Rotwein in der Hand, so ließ es sich herrlich leben!

      Mutterseelenallein schliefen wir traumlos und ungestört bis in den späten Morgen. Den Appetit für unser wie immer ausgiebiges Frühstück holten wir uns bei einem erfrischenden Bad. Später ging es so weiter wie am Vortag, d.h. am Nachmittag stellte sich plötzlich bei mir ein sehr unangenehmer Durchfall ein, nur gut, dass unsere Toilette am Vortag auf einem Campingplatz entleert worden war. Was hatte ich falsch gemacht, getrunken wurde grundsätzlich nur Mineralwasser aus Flaschen, sogar die Zähne damit geputzt, nur Gebratenes oder Gekochtes gegessen, kein Speiseeis angerührt; sollte tatsächlich der frische Salat in Pamukkale die Ursache gewesen sein? Nun, jedenfalls konnte ich mich nicht weit von unserem Mobi entfernen. Wie gut, dass wir für alle Fälle einige Dosen guten Eintopf aus der Heimat dabei hatten, trotz ständigem Grummeln im Bauch ließ ich mir die Kartoffelsuppe mit Würstcheneinlage schmecken.

      In der Nacht bekamen wir leider kaum ein Auge zu, der Generator aus dem Restaurant lief durchgehend bis 3.00 Uhr morgens, und damit nicht genug, aus der Musiktruhe dröhnte für unsere Ohren sehr gewöhnungsbedürftige auf- und abschwellende türkische Musik. Entsprechend zerschlagen wachten wir erst gegen 9.00 Uhr auf. Trotz Kohle- und anderer Spezialtabletten aus der Reiseapotheke war der Durchfall nicht viel besser geworden, außerdem ging es mir sehr schlecht.

      Da wir uns am nächsten Tag in

      - Izmir -

      einschiffen mussten, wollten wir schon am Abend vorher am Fährhafen sein. Also brachen wir am Vormittag auf, machten unterwegs an der Küste an einsamer Stelle noch eine Erholungspause mit Pfefferminztee und trockenen Keksen. Aber es half alles nichts, die letzten Kilometer verbrachte ich auf der Toilette sitzend mit einem Eimer auf dem Schoß, das wenige, was ich gegessen hatte, wieder qualvoll herauswürgend. Am frühen Abend im zentral in der Stadt gelegenen Fährhafen angekommen, reihten wir uns in eine schon vorhandene kurze Warteschlange ein, ein leckerer Gemüseeintopf verhalf uns zu einem warmen Essen an Bord, danach wurde bei leiser Musik relaxed, gelesen und der uns in der letzten Nacht entgangene Schlaf nachgeholt.

      Da ich leider auch am nächsten Morgen noch nicht einsatzfähig war, musste mein Schatz die nötigen Formalitäten erledigen, d. h. im Hafenbüro die Tickets vorlegen und anschließend mit den Pässen und dem Fahrzeugschein zu der im selben Gebäude befindlichen Hafenpolizei. Es dauerte zwar etwas länger, aber mit Hilfe seines Stockes schaffte er es und kam nach einiger Zeit mit einem Ausreiseformular zurück, das wir noch auszufüllen und beim Einfahren in die Fähre abzugeben hatten.

      Das schneeweiße Schiff lag bereits am Kai, am frühen Nachmittag begann man mit der Beladung, die sich ziemlich katastrophal gestaltete, es wurde hin- und hergestapelt, die Kommunikation funktionierte auch nicht so besonders, so dass es eine Weile dauerte, bis man uns an den richtigen Platz bugsiert hatte. Aber von da an klappte alles sehr gut, ein freundlicher Gepäckträger erwartete uns bereits und brachte uns zu unserer Kabine. Ein Blick aus den Bullaugen, dicke schwarze Wolken waren am Himmel aufgezogen, und es fing an zu pladdern, der erste Regen in diesem Urlaub.

      Um 16.00 Uhr hieß es Leinen los, und unser Schiff machte langsame Fahrt voraus. Als erstes setzte ich mich mit der an Bord befindlichen Ärztin in Verbindung, ihr von meinen Schwierigkeiten berichtend. Sie gab mir ein Röhrchen Tabletten, von denen ich sofort 2 und dann 3 über den Tag verteilt schlucken sollte. Als wir schließlich fein gemacht zum Abendessen im elegant eingerichteten Salon eintrafen, ging es mir schon wesentlich besser, und zusammen mit unseren Tischnachbarn, ein sehr nettes Ehepaar aus Göttingen ungefähr im gleichen Alter, probierten wir fast alles, was das umfangreiche, liebevoll aufgebaute Büfett zu bieten hatte. Inzwischen blies der Wind mit Sturmstärke, und nachdem wir die große Bucht hinter uns gelassen hatten, empfing uns das Ägäische Meer schwarz und aufgewühlt mit weißen gischtenden Schaumkronen. Um unser mit Appetit verspeistes Abendessen bei dem heftigen Schlingern des Schiffes nicht Neptun opfern zu müssen, schluckten wir prophylaktisch entsprechende Tabletten, bei jeder Reise dabei, die uns trotz der Schaukelei tief und traumlos schlafen ließen.

      Am kommenden Morgen war der Spuk vorbei, smaragdgrün das Meer, tiefblau der Himmel mit weißen Wattewölkchen, strahlend die Sonne, und so blieb es die noch folgenden 2 ½ Tage auf See. Also verbrachten wir die Zeit zwischen den immer sehr abwechslungsreichen und leckeren Mahlzeiten fast ausschließlich auf dem großen Sonnendeck, lesend, in netter Unterhaltung oder einfach nur relaxend.

      Die Inselgruppen der Sporaden und Kykladen im Ägäischen