Hedwig v. Knorre

DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH


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des Sozialhilfesatzes leben, sind schon 50 Euro Schaden eine Katastrophe. Sie bringen um 50 Euro ins Minus, aus dem die Person sich nicht mehr heraus sparen kann. Kommen Monate später weitere 50 Euro hinzu, die gestohlen werden oder wegen einer dringend nötigten Reparatur, dann häuft sich ein Schuldenberg an... ohne jede Möglichkeit, da wieder heraus zu kommen.

      Darum ist es sinnvoll, das Strafmaß nicht an absoluten Summen, sondern verhältnismäßig zum Vermögen des Opfers zu bemessen.

      Mythos 8

      Beim Geld hört die Freundschaft, die Liebe auf

       Realität

      Da fängt sie erst richtig an.

      Welcher Jurist führt eine gute Ehe und hat gar Kinder und hält sein Geld vor ihnen zurück? Welcher normale Mensch tut das?

      Viele Juristen geben viel Geld aus für gute Anwälte, wenn ihrer heranwachsende Kinder „Scheiße gebaut“ haben. Damit helfen sie ihnen aus der Patsche, ohne Garantie auf Erziehungserfolg. Sie lassen ihre Teenager nicht allein, lassen sie nicht ungerührt „in den Jugendknast“ wandern. Sie tun es selbstverständlich, wenn auch unwillig, aus Liebe zu ihren Kindern.

      Es ist wohl müßig, noch viel darüber zu schreiben.

      Von eigenen Kindern über entferntere Verwandte und Freunde bis hin zum Patenkind einer humanitären Organisation in Übersee – beim Geld fängt die Liebe erst richtig an. Wie viel selbstverständlicher ist es, geliebten PartnerInnen Geld zu geben oder zu leihen, wo es nötig oder sinnvoll scheint. Liebevolles Geben ist kein Verbrechen.

      Doch ein Schwein ist, wer diese Liebe betrügerisch zum Schaden der Liebenden ausnutzt !

      Mythos 9

      Man betreibt kein Geschäft / besitzt kein Haus zusammen mit einem Partner

       Realität

      Anders ist es häufig gar nicht möglich

      Ehepaare, Studiengenossen, Geschäftspartner jeglicher Art: viele haben alleine keine Möglichkeit, ein Geschäft „auf die Beine zu stellen“ und „am Laufen zu halten“.

      So viel man auch vertraglich fest hält – letztlich ist Vertrauen die Basis und Vertrauensbruch eine Katastrophe .

      Vertrauensbruch aus unvorhergesehenen Entwicklungen ist schlimm: da verliebt sich ein Ehepartner, die Ehe geht kaputt, das Geschäft als materielle Grundlage gleich mit, das gemeinsame Haus ist nicht zu halten – ein schwerer Schicksalsschlag.

      Vergleichbar damit ist die schleichende, nicht wahrnehmbare Veränderung eines jahrelangen Geschäftspartners, die zur Pleite führt.

      Vielfach schlimmer als solch zufällige Schicksalsschläge ist jedoch der Vertrauensbruch durch Betrug, bei dem im Nachhinein ersichtlich ist:

      Von Anfang an war alles so gewollt, wurde planmäßig durchgeführt – und ist gelungen! Das geschieht beim Betrug.

      Mythos 10:

      „Sie wollten es doch so ! Sie haben ihn sich doch ausgesucht !“

       Realität

      Niemand will zerstört werden, weder geschäftlich noch privat.

      JedeR hat sich einen Geschäfts- oder privaten Partner ausgesucht, weil dieseR sich vertrauenswürdig präsentierte und erwies.

      Nach allem bisher Gesagten ist klar, dass eben dies Mythos eins der verletzendsten überhaupt ist und größte Zerstörung im Opfer anrichtet.

      Mythos 11

      „selbst dran schuld, wie kann man auch so blöd sein...“

       Realität

      „Selbst dran schuld...“ sagt, wer sich prinzipiell seiner Mit-Verantwortung Mitmenschen gegenüber entzieht. Mit diesem Argument könnten viele medizinische Hilfeleistungen, Unfallhilfe usw unterlassen werden, denn viele Menschen tragen an mancherlei Unglück in ihrem Leben eine eigene Mitschuld, z.B. AlkoholMissbrauch, auch am Steuer. Doch für gewöhnlich mindert eine gewisse Mit-Schuld, meist aus Schwäche oder Unvermögen, nicht den Anspruch auf Hilfe durch die Umgebung.

      Ebenso sollte eine Mit-Schuld eines Betrugsopfers keine Ignoranz gegenüber dessen Elend rechtfertigen - wenn es denn eine Mit-Schuld trüge. Der Anteil des Betrugsopfers am Geschehen ist keine andere oder größere als bei Autounfällen, Krankheiten usw. Dieser Mythos ist „blaming the victim“ in Reinform und deckt den Täter, den Betrüger.

      Mythos 12

      „Sie hätten es (eher) merken können!“

       Realität

      Das Opfer KONNTE es nicht eher merken, denn

       Betrug kommt im Mantel ganz normalen Lebens daher.

       GANZ NORMALEN LEBENS – Ihres Lebens.

       Wie Sie es gewöhnt sind. Sie persönlich, ganz individuell.

       Gut versteckt ist die betrügerische Absicht, nicht sichtbar.

      In dem Moment, in dem ein wenig davon sichtbar wird, reagiert das Opfer darauf, fragt misstrauisch nach, kontrolliert intensiver – und in diesem Moment ist er weg, der Betrüger ! WEIL das Opfer etwas bemerkte.

      Das Opfer hätte nicht eher reagieren können, denn es hat nicht eher etwas gemerkt.

      Mythos 13

      Das Betrugsopfer war gierig, unmäßig, „kriegt den Hals nicht voll“

       Realität

      Der Betrüger ist gierig, unmäßig und „kriegt den Hals nicht voll“, nicht das Opfer

      In den Medien wird dieser Mythos tatsächlich immer wieder verbreitet, z.B. sah ich es in einer Talkshow.

      Raffgier, Leben wollen auf großem Fuße …all diese Motive werden Opfern von Betrügern unterstellt. Dann kann die Umgebung innerlich abschließen mit dem Gedanken „geschieht ihnen recht!“

      Das stimmt aber nicht, im Gegenteil. Die meisten Opfer von Betrügern sind eher bescheidene Menschen, bestrebt zu geben und nicht zu raffen. Ich war nicht gierig und hatte auch sonst keine unlauteren Motive.

      Natürlich gibt es Ausnahmen. Selbstverständlich gehören auch Menschen mit überhöhten Ansprüchen zu den Opfern von Betrügern. Auch ihnen kommt der Betrüger entgegen mit den Versprechen, die sie haben wollen. Aber eben nicht nur ihnen, sondern auch und vor allem den vielen „Normalos“, den vielen Menschen mit ganz normalem Bedarf, mit ganz normalen Maßstäben.

      Ursprung und Verbreitung der Mythen

      Wie kommt es nun zu diesen irrigen Fehlmeinungen? Ich habe es oben schon einmal kurz erwähnt: die Betrüger profitieren von diesem „gedanklichen Unkraut“. Es hält ihnen den Rücken frei, verschafft ihnen freie Bahn. Alle beschäftigen sich mit den Opfern. Niemand fragt nach ihnen, den Tätern. Dank ihrer suggestiven Fähigkeiten reicht es, wenn sie im richtigen Moment solch einen Mythos aussprechen, zum Beispiel vor Gericht: „ach Herr Richter, sehen Sie doch, die Frau hat mir das Geld ja förmlich aufgedrängt! Hätten Sie da NEIN sagen können...?!“ Damit ist das Mythos der „selbstzerstörerischen Tendenz“, der „Dummheit“ und der „Gutgläubigkeit“wieder im Focus. Wo es bleiben wird. Das Opfer ist sprachlos vor Entsetzen. Und der Betrüger ist fein raus.

      Sinn und Zweck der Mythen

      Wozu dienen diese Mythen?

       Opfer werden als Täter deklariert

       So