Hedwig v. Knorre

DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH


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des Hauses. Es schützt das Leben vor schädlichen Einflüssen von außen.

      Vertrauen – das Fundament

      Nun zum eigentlichen Thema, dem Fundament, dem Vertrauen. Es besteht aus zwei Hauptanteilen:

       Vertrauenswürdigkeit auf der einen Seite

       Vertrauensfähigkeit auf der anderen Seite

      Vertrauenswürdigkeit

      Am Anfang einer Vertrauensbeziehung steht die Vertrauenswürdigkeit auf der einen Seite, der stärkeren Seite.

      Zu Beginn unseres Lebens sind wir Menschen alleine absolut hilflos, schutzlos. Wir sind auf Schutz und Hilfe in allem angewiesen. Wir können uns weder alleine anziehen noch alleine für unser Essen sorgen, für eine sichere Wohnung schon gar nicht. Nicht einmal unsere Ausscheidungen können wir selbst entsorgen.

      Meist ist es eine liebende Mutter, die das alles für uns erledigt hat. War keine leibliche Mutter vorhanden, hat eine andere Person all dies für uns getan. An ihr haben wir gelernt zu vertrauen. Sie war vertrauenswürdig, das heißt, sie hat für uns getan, was wir brauchten, wann wir es brauchten, wie wir es brauchten. Wir haben uns darauf eingelassen, haben mit ihr gerechnet, haben sie gerufen und sie ist gekommen. Und wenn nicht gleich, dann etwas später. So ist sie in uns entstanden und gewachsen, die Vertrauensfähigkeit.

      Vertrauensfähigkeit

      Die Vertrauensfähigkeit entsteht also nach den bekannten entwicklungspsychologischen Mechanismen.

       Dank unserer Vertrauensfähigkeit können wir uns auf einen anderen Menschen einlassen.

       Dank unserer Vertrauensfähigkeit können wir die Nähe anderer Menschen genießen oder zumindest ertragen.

       Dank unserer Vertrauensfähigkeit können wir mit anderen Menschen zusammen leben, arbeiten und kommunizieren.

      Vertrauensbeziehung

      Für die Vertrauensbeziehung gilt die Formel:

       Vertrauenswürdigkeit

       + Vertrauensfähigkeit

       = Vertrauensbeziehung

      Diese Formel gilt für jedes sozialen Leben.

       Paar- und Familienbeziehung

       Politiker-Bürger-Verhältnis

       Finanzbeamter-Steuerzahler

       Ein- und Verkäufer

       usw

      Ohne grundsätzliche Vertrauensbeziehung würde nichts, aber auch gar nichts funktionieren.

      Vielleicht wundert sich die geschätzte Leserschaft an dieser Stelle: „aber nein! Der Kontrolldruck ist's!“

      Irrtum. Die Kontrolle ist das Dach auf dem Haus sozialer Beziehungen. Kontrolle ist sichtbar, während das Fundament gewöhnlich unsichtbar bleibt, aber wir brauchen keine studierten Statiker zu sein um zu begreifen, dass ein starkes, tragendes Fundament der wichtigste Gebäudeteil ist. Niemals kann ein Dach das Fundament ersetzen! Und wenn im Fundament etwas nicht stimmt, nützt es wenig, das Dach zu verstärken. Im Gegenteil, das wäre sogar kontraindiziert! Ein zu schweres Dach würde „den Riss“ vergrößern – und auf Dauer das Gebäude zum Einsturz bringen.

      Vertrauensbeziehungen sind wertvoll

      Aus meinem Tagebuch • SCHÄTZE

       Es gibt Menschen, die besitzen Schätze. Große oder kleine Schätze, einen einzigen Schatz oder mehrere Schätze, mehr oder weniger wertvolle Schätze. Manche schließen Goldbarren in Banksafes, andere kostbaren Schmuck in häuslichen Safes ein. Manche besitzen Gemälde berühmter Maler, andere halten die ledergebun-dene Bibel der Großeltern in Ehren. Kinder sammeln ihre Steine, Fußball- oder Autokarten, bunte Perlen und glitzernde Plastik-pferdchen. Manche halten ihre Schätze streng geheim, andere prahlen damit, im Bekanntenkreis oder öffentlich. Schätze... ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Menschheit.

       Auch wir hatten einen Schatz. Unser Schatz war wertvoller als jeder andere. Unser Schatz war unser Vertrauen zu einander. Ja, das hatten wir! Ich wollte für meine Kinder vertrauenswürdig sein, das war mir das wichtigste, mehr als alles andere auf der Welt! Und sie vertrauten mir: das war mir das aller kostbarste in meinem ganzen Leben. Was gibt es kostbareres als das Vertrauen eines Kindes? Nichts, natürlich gar nichts, das war selbstverständlich für mich. Meine Kinder wussten das.

       Sie hatten mir einiges zu verzeihen. Manchmal schrie ich sie an, ohne Grund. Später erklärte ich ihnen dann, dass sie nicht schuld daran waren, sondern dass ich unter Druck war. Ich sagte ihnen, was mir Druck machte, und ich entschuldigte mich für meine Fehler. Meine Kinder nahmen meine Entschuldigungen an. Sie erlebten, dass ich mir wirklich ehrlich Mühe gab, sie von dem Druck frei zu halten, der auf mir lastete. Freundlichkeit, Aufmerksamkeit, Offenheit – immer wieder neu begegnete ich ihnen in dieser positiven Haltung. Gleichzeitig verstand ich meine Kinder, wenn sie sich „nicht perfekt“ verhielten. Ob ein Kind mir Süßigkeiten aus der Schublade mopste, Wutanfälle kriegte oder ein Teenager in Kifferkreise geriet – ich verstand sie. Das war mir wichtig, super wichtig: im Verstehen finde ich Wege, die uns weiter führen, das war meine Überzeugung.

       Dieses Vertrauen war unser Schatz. Wir alle hüteten ihn sorgsam. Unser Leben war nicht nur einfach: als wir hatten umziehen mussten ins Hessenland, verstanden wir nicht einmal sie Sprache. Wir kannten keinen Menschen, wir waren Fremde in der Fremde. Wir trugen Sorge um einander, weil es uns allen nicht gut ging. JedeR von uns mühte sich, die anderen nicht zu belasten, statt dessen Stütze zu sein, immer wieder neu. Denn wir hüteten unseren Schatz: wir vertrauten einander!

      Später zerstörte Jochem, „mein Betrüger“, dieses Vertrauen, unseren kostbarsten Schatz, vorsätzlich und überaus trickreich. Bis heute ist dies in meinen Augen das größte aller Verbrechen, die er begangen hat. Doch in den Augen der Justiz zählte es überhaupt nicht. Im Gegenteil: sie erklärte mein Vertrauen zum Verbrechen...

      Vertrauensbruch

      Als wir kleine, abhängige Kinder waren, erlebten wir natürlich nicht nur pure Vertrauenswürdigkeit von unseren Müttern, Vätern und anderen Menschen. Wir erlebten auch Verletzungen. Unsere Erwartungen wurden immer wieder auch enttäuscht, mal mehr, mal weniger, bei manchen Kindern mehr als bei anderen.

      Damit arrangierten wir uns. Unsere VersorgerInnen und die übrigen Menschen um uns waren nicht immer nur sehr gut zu uns – daran gewöhnten wir uns, damit konnten wir leben. Wir lernten, mit einem bestimmten Maß an Vertrauen zureicht zu kommen, und wir entwickelten ein bestimmtes Maß an Misstrauen.

      In den meisten guten, tragenden Beziehungen kommt irgendwann einmal eine Situation, in der das Vertrauen erschüttert wird. Stress und Überlastung, aber auch Missachtung, Langeweile und Krisen verleiten normale Menschen hier und da zu verletzendem Verhalten. Daran kann Vertrauen, daran können Beziehungen zerbrechen. Nach einem vertrauenserschütternden Ereignis gibt es manchmal die heilsame Möglichkeit der Vergebung – zum Glück! Dazu später mehr.

      Vertrauenswürdigkeit • in Maßen

      Niemand ist zu 100 Prozent und in jeder Hinsicht vertrauenswürdig. Wir lernen früh, einzuschätzen, wer in welcher Hinsicht in welchem Maße vertrauenswürdig ist. Die eine erwachsene Person bringt zuverlässig Essen auf den Tisch, kümmert sich dafür nicht um die Geschwisterprügeleien. Die andere erwachsene Person ist selten zu Hause, aber wenn, dann zuverlässig freundlich, warm und zugewandt. Eine dritte erwachsene Person ist nicht täglich präsent, nur ab und zu, dann putzt sie alle Fußböden und spricht wenig. Eine weitere erwachsene Person bleibt manchmal ein paar