Hedwig v. Knorre

DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH


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der Erfüllen des Bedarfs verspricht

      und dann statt dessen LEBEN ZERSTÖRT?

      Die vermeintlichen Fehler und Defizite des Opfers

      Warum hat der Blick auf die vermeintlichen Fehler und Defizite des Opfers Priorität?

      Täter lenken gerne von ihren Taten ab. Zuerst tun sie anderen Menschen Unrecht. Das tun sie meist ohne Gewissensbisse. Anschließend macht macht es ihnen auch nichts aus, Lügen über ihr Tun und ihre Opfer zu verbreiten. Betrüger können gut lügen, und Betrügern ist es gelungen, das Denken von Öffent-lichkeit und Justiz mit ihrem Gedankengut zu infizieren. Sie beeinflussen ja nicht nur ihre direkten Opfer, sondern manipu-lieren auch vor Gericht und Medien und selbstverständlich in den hohen Ebenen von Wirtschaft und Politik. Die „Unkraut-samen“ der Unwahrheit sind aufgegangen und vermehren sich weiter – eben „wie Unkraut“.

      Ein Bibelvers lautet „die Lüge ist die Wurzel alles Bösen“. Es lohnt, darüber nachzudenken: wo immer Menschen und Leben zerstört werden, sind Lüge und Betrug mit im Spiel. Ob Kriege zwischen Völkern geschürt werden oder Suchtgeschehen im privaten Umfeld, ohne Lüge geht da nichts. Ehrlichkeit sich selbst und anderen ehrlichen Menschen gegenüber scheint tatsächlich der Schlüssel zu einem gesunden Leben zu sein, im Kleinen sowieso und mehr noch im Großen. In Lügensystemen dagegen müssen sogar ehrliche Menschen manchmal lügen, um sich und andere vor Zerstörung zu schützen.

      2 Lüge und Wahrheit

      Betrug basiert auf Lüge, aber nicht jede Lüge ist Betrug. Lüge ist ein Hauptelement im Betrugsgeschehen – aber wie sind die „normalen“ Lügen von „Betrugs-Lügen“ zu unterscheiden? Damit beschäftigt sich dieses Kapitel.

      Lüge als Leistung

      Für normale Menschen ist Lügen eine Leistung. Lügen geht schwer. Normale, gesunde Menschen lügen nicht von Natur. Sie lernen lügen und üben lügen. Viele halten das Lügen nicht lange durch: ihr Gewissen zwingt sie, zur Wahrheit zurückzukehren.

      Anzeichen von Lügen

      Das berühmte „Rot-Werden“ zeigt der Umgebung, dass hier etwas nicht stimmt. Auch weitere Anzeichen in Mimik und Gestik sowie verbale Widersprüche können auf Lügen eines normalen Menschen hindeuten.

      Belogen werden als Problem

      Jeder normale Mensch, der belogen wird, tut sich damit schwer oder leidet darunter. Belogen werden, das ist schwer auszu-halten. Es ist immer blockierend, verwirrend, verstörend.

      Motivationen zum Lügen

      Warum lügen Menschen?

      Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.

      1. Normale Menschen

      Normale Menschen lügen anders als Betrüger! Das will ich im Folgenden erklären.

      1.1. ein Ziel erreichen

      Natürlich gibt es normale Menschen, die lügen, einfach um ein Ziel zu erreichen, das sie anders nicht erreichen können.

      1.1.1. Kindliche Lügen

      Ein Kind belügt seine Eltern, um sich vor einem Schultag zu drücken oder ein teures Spielzeug zu bekommen. Eltern, Lehrer und Erzieher achten auf die üblichen Anzeichen von Lügen, um sie zu entlarven, und mahnen: „Lügen haben kurze Beine!“

      1.1.2. Jugendliche Lügen

      Kriminelle rekrutieren ihre neuen Komplizen besonders gerne unter Jugendlichen: sie sind am ehesten risikobereit und manipulierbar. Geraten Jugendliche in kriminelle Kreise, müssen sie dort lernen, zu lügen. Das gilt besonders für den Kontakt zur Polizei.Wer sich im illegalen Raum bewegt, muss lügen lernen. Aber auch Familie, Verkäufer usw. müssen belogen werden und oftmals die eigenen Komplizen.

      Die meisten Jugendlichen, die in kriminelle Kreise geraten, fühlen sich dort auf Dauer unwohl. Es fällt ihnen schwer, ihr Gewissen permanent zu „vergewal-tigen“. Darum nutzen die meisten ihre Chance auf ein normales Leben ohne Lügen-Müssen. Die meisten sind im Alter von spätestens 23 Jahren wieder im normalen, ehrlichen Leben eingebunden. Einige wenige finden es schade: „ich kann einfach nicht lügen, man sieht es mir immer an!“

      Polizisten werden geschult, Lügen zu entlarven: sie sollen auf die Anzeichen achten, die normale Menschen beim Lügen zeigen. Es sind Zeichen der Unsicherheit, darum zeigen auch ehrliche unsichere Menschen die gleichen Zeichen.

      1.2. Überfordert mit der Wahrheit

      Die Wahrheit kann jeden normalen Menschen überfordern. Menschen sind der Wahrheit oftmals einfach nicht gewachsen. Darum lügen sie die Wahrheit „weg“, sozusagen zum Selbstschutz. Eigentlich leiden sie unter dem „Lügen-Müssen“. Aber sie sehen keinen anderen Weg.

      Ein paar Möglichkeiten:

      1.1.1. Situation

      Beispiel: einE verheirateteR ErwachseneR verliebt sich und lässt sich auf die „neue Liebe“ ein, parallel zum gewohnten Familienleben. Mit diesem Konflikt kann er / sie nicht offen umgehen. Er / sie kann sich überfordert und hilflos fühlen in diesem Geschehen. Darum belügt er / sie parallel GeliebteN wie PartnerIN. Diese Person lügt bewusst oder halb-bewusst – und ungern. Das nennen wir „Notlügen“ oder „Alltagslügen“.

      1.1.2. Tabu

      Normale traumatisierte Menschen mit abgespaltenen Gefühlen bzw. abgespaltenen Teilen ihrer Persönlichkeit brauchen das „Tabu“. Das heißt, niemand in ihrer Umgebung darf bestimmte Problembereiche themati-sieren. Tut es doch jemand, z.B. ein heranwachsendes Kind, leugnen sie vehement. Diese Person lügt unbewusst zum Selbstschutz.

      1.1.3. Realitätsverlust

      Manifeste Psychische Erkrankungen gehen mit einem hohen Maß an Realitätsverlust einher – und damit verlieren diese Menschen den Bezug zur Wahrheit. Z.B. werden Manisch-Depressive in ihrer manischen Phase sehr aktiv, können unsinnige Geschäfte eröffnen und Schulden machen usw. Ist diese Phase dann vorbei, realisieren sie, welchen Schaden sie angerichtet haben, für sich selbst und für ihre Angehörigen. Darunter leiden sie dann sehr und fallen in eine Depression.

      Ein weiteres Beispiel sind Suchterkrankungen. Zur Suchtentwicklung gehört Lüge untrennbar dazu. Je weiter der Suchtprozess fortgeschritten ist, desto größer und selbstverständlicher werden die Lügen.

      Alle Menschen lügen

      Alle Menschen lügen also. Mehr oder weniger, aus diesen oder jenen Gründen. Es gibt die Alltagslügen: „ich hab' Kopfweh, ich kann nicht kommen!“ weil jemand einfach keine Lust hat. Es gibt die Notlügen: „nein, ich war's nicht!“ schreit das Kind, wenn was kaputt gegangen ist und der wütende Vater herbei stürmt. Oder die Sekretärin sagt zum Chef „ich habe 5 mal angerufen, aber es war immer belegt!“ wenn sie einen wichtigen Anruf vergessen hat, aus Bequemlichkeit oder Arbeitsüberlastung. Es gibt sogar Gewohnheitslügen: manche Menschen furzen nie! Obwohl sie es natürlich tun, wie alle anderen auch. Sie lügen, weil sie sich schämen.

      Alle Menschen lügen. Alle Jahre wieder lesen wir in der Zeitung eine Notiz, in der Forscher heraus gefunden haben, dass der Durchschnittsbürger 3-5 mal pro Tag lügt. Oder 5-7 mal, oder 12-30 mal, je nachdem, wie die Forscher Lüge definiert und nach welcher Methode sie geforscht haben. Und wir lesen, woran wir erkennen, dass jemand lügt: am Rot-Werden, zum Beispiel.

      Wenn also alle Menschen täglich lügen, mehr oder weniger, dann ist es doch gar