Janine Zachariae

Das magische Armband


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Doppelbett und das Bettzeug war in einem Grün gehalten, welches zur Jahreszeit passte. Der Fußboden war mit Teppich ausgelegt, der Beige war. Eine Kommode war auch zu finden und ein Nachtschränkchen. Auf der Kommode stand eine Vase mit einer Blume, ich roch an ihr. Sie war echt und keine Kunstblume. Schrank und Tisch befanden sich ebenfalls im Zimmer. Ich zog das Buch raus, welches ich im Park anfing und knipste die kleine Lampe an. Ich machte die Jalousie runter und zog den Vorhang vor. Jetzt fühlte ich mich wohl und sicher. Das Bettzeug roch angenehm sauber. Dazu hörte ich etwas Musik über meine Kopfhörer. Ich musste direkt eingeschlafen sein, denn als ich am morgen aufwachte, lag das Buch neben mir. Meinen Wecker am Handy hatte ich zum Glück gestellt, denn so wie ich mich fühlte, hätte ich vielleicht verschlafen. Ich musste mich kurz orientieren, bevor ich Licht ins Zimmer ließ und das Fenster aufmachte. Ich suchte meine Kulturtasche und meine Klamotten und ging ins Bad, dann schnappte ich mir noch ein paar Handtücher und schloss die Tür ab. 15 Minuten später konnte ich mich auch unter Leute trauen und wurde mit dem Duft frischen Kaffees in die Küche gelockt. Es war noch vor sechs.

      »Guten Morgen!«

      »Guten Morgen, Herr Traum! Habe ich Sie geweckt?«

      »Nein, ich stehe immer so früh auf. Normalerweise gehe ich joggen, aber ich wollte dich nicht alleine lassen.« Er war ebenfalls frisch geduscht und rasiert. Er deutete auf einen Stuhl und ich setzte mich.

      »Ich bin es gar nicht gewohnt, dass jemand Frühstück macht!«

      »Nein?«

      »Schon lange her. Früher haben meine Mutter und ich uns immer sehr lange Zeit gelassen um das Frühstück bis zur letzten Minute auszunutzen. Aber als ich größer wurde und meine Mutter sich mehr und mehr für die Geschäftsreisen meines Vaters interessierte, war das auch passé.«

      »Wie lange ist das her?«

      »Sechs Jahre? Ja, etwa«, sagte ich nachdenklich.

      »Bitte, bedien dich. Ich wusste nicht, was du magst, also hab ich von allem etwas aufgetischt.«

      »Sieht gut aus.« Ich nahm einen Schluck vom Orangensaft und schnappte mir ein Vollkornbrötchen, dazu etwas Obst.

      »Gesund«, stellte er fest.

      »Nicht, wenn ich Nuss Nougat Creme drauf schmiere. Aber das muss sein.« Er grinste und machte es mir nach.

      »Konntest du wenigstens etwas schlafen?«

      »Kaum zu glauben, aber ja. Ich wollte noch etwas lesen, aber bin ziemlich schnell bei eingeschlafen.«

      »Das ist gut. Die Polizei rief gestern noch mal an. Sie haben weitere Handabdrücke gefunden.«

      »Oh.« Ich schaute zur Uhr, es war noch genug Zeit. »Dürfte ich eine Tasse Kaffee trinken?«

      »Klar.« Er stand auf und machte mir eine fertig. »Wenn du irgendwas brauchst, bedien dich ruhig.«

      »Danke.« Ich genoss die Wärme des Getränks.

      »Was geht dir durch den Kopf?«, wollte er wissen.

      »Wie naiv muss jemand sein, um nicht gleich die Polizei zu benachrichtigen? Es hätte sonst was passieren können, oder?« Meine Hand lag auf dem Tisch, Herr Traum berührte sie, und gab mir so zu verstehen, dass es ihm leidtäte. Ich zog sie allerdings schnell wieder weg, da erneut ein Kribbeln durch mich hindurch schlich. Labradorhündin Molly kam aus irgendeinem Zimmer angesabbert. Obwohl Herr Traum eine Hündin hatte, die immerzu und überall hin sabberte, war die Wohnung außerordentlich sauber, gepflegt und roch sehr gut. Und genau das teilte ich ihm auch mit.

      »Ich habe eine Haushälterin«, gestand er. »Sie kümmert sich tagsüber um Molly und macht alles sauber. Ansonsten hätte ich wohl ein Problem. Ich liebe diese kleine sabbernde Molly zu sehr, aber im Haushalt bin ich nicht wirklich spitze und ich hab nicht immer so viel Zeit.« Dann räusperte er sich, als wolle er ein neues Thema beginnen und so war es dann auch. »Ich habe das Tagebuch deiner Oma gelesen.« Er holte es hervor und öffnete es. »Sehr interessant. Ich habe, auf eine der hinteren Seiten, etwas entdeckt und weiß nicht, ob du es schon gesehen hast.« Ich dachte, er meinte die Stelle, bei der stand: ›Not human‹. Aber er zeigte mir eine völlig andere. Er hielt es mir hin und ich las laut:

      ›Hör auf dein Herz Maja.‹

      Sprachlos starrte ich die Wörter an. Herr Traum schwieg ebenfalls. Ein paar Minuten später stand er auf und räumte das Geschirr in die Spülmaschine. Ich befand mich fast in einer Art Trance. Und half beim Abräumen mit.

      Kurze Zeit später, es war zehn vor halb acht, fuhren wir zur Schule. Es war ein merkwürdiges Gefühl, mit meinem Lehrer im Auto zu sitzen. Aber irgendwie war es auch ein Gefühl der Geborgenheit. Zum ersten Mal, seit sehr langer Zeit, fühlte ich mich sicher und beschützt. Schon zu Hause hatte ich Angst, aber nun wurde es Realität. Wir stiegen aus.

      »Gehen Sie doch schon mal vor.«

      »Ist es dir unangenehm oder peinlich?«

      »Mit Ihnen gesehen zu werden? Oh ja, total«, ich kicherte. »Nein, aber ich möchte nicht, dass jemand falsche Rückschlüsse zieht. Außerdem ist es noch etwas zu früh.«

      »Verstehe.« Ich setzte mich auf eine Bank und holte das Buch von Anne Frontier raus. Aber irgendwie konnte ich mich nicht konzentrieren.

      ›Hör auf dein Herz Maja.‹

      Was sollte das bedeuten? Vielleicht konnte mir ja ›Julia‹ helfen. Also begann ich weiter zu lesen und stellte fest: Ja, Julia konnte bestimmt helfen. Langsam füllte sich der Parkplatz, und die Schüler redeten und erzählten über ihren Abend, über Hausaufgaben und alles, worüber Teenager sich unterhalten. Und plötzlich, mit all diesen Jugendlichen um mich herum, wurde mein Herz schwer. Diese Unbeschwertheit, die die meisten ausstrahlten. Natürlich hatten sie ihre Probleme und Sorgen und bei einigen waren diese sicherlich zu heftig, um sie auszusprechen. Doch sie hatten jemanden. Als es zum Reingehen läutete, strömten alle ins Gebäude und ich mit ihnen. Die ersten zwei Stunden hatten wir Literatur. An der Tafel stand ›Bridget Jones‹ dran und sie sollte das Thema dieser Stunde sein.

      »Guten Morgen, Klasse!«, begrüßte uns der Lehrer. Nein, es folgte kein Chor der Schüler, die ihm auch einen »Guten Morgen« wünschten. »Kann mir jemand etwas über ›Bridget Jones‹ erzählen?« Keiner traute sich.

      »Nina?«

      »Sie ist ziemlich dick.«

      »Okay. Jemand anderes? Vielleicht Paul?«

      »Sie isst den ganzen Tag Schokolade.«

      »Kann mir jemand eine vernünftige Antwort geben?« Ich lächelte und hob meine Hand. »Ja?«

      »Sie ist auf der Suche nach etwas oder nach jemanden. Sie will einen Mann wie Darcy. Sie will einen Mann wie Fitzwilliam. Natürlich ist das nicht einfach. Sie verliebt sich in den Falschen. Bridget ist tollpatschig, naiv, sie sieht die Dinge definitiv falsch. Sie ist für ihre Freunde da. Sie kocht unglaublich mieses Essen, raucht viel und schreibt Tagebuch. Sie weiß, dass sie etwas ändern muss. Alles ist chaotisch, ob Arbeit oder Liebesleben, nichts läuft so, wie es soll. Und zwischendurch muss sie sich entscheiden. Und, um eins klarzustellen, sie müsste schon ein Hobbit sein, um als wirklich dick oder Fett bezeichnet zu werden. Und sie will die Karriereleiter hoch, aber ist viel zu faul.«

      »Fitzwilliam?«, wurde gefragt.

      »Fitzwilliam Darcy.«

      »Aber der Typ hieß doch Mark Darcy.«

      »Äh, ja. Aber die Vorlage des Buches ist ›Stolz und Vorurteil.‹ Na ja, es ist ihr Lieblingsfilm. Viel liest sie ja nicht, dafür dass sie beim Verlag arbeitet.«

      »Und woher weißt du das?«, fragte ein Mädchen, dessen Namen ich nicht wusste.

      »Ich hab es gelesen.«

      »Im Film kommt doch gar nicht der Name vor.« Ich kicherte und dachte an die Szene mit dem Springbrunnen, ... und gerade als Herr Traum etwas sagen wollte, wurde die Tür geöffnet. Die Direktorin kam rein.

      »Kann