Markus Waldmann

Die Prophezeiung


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       Jens sah Janus ganz verdutzt an, er sollte die Kiste suchen, hatte Janus noch alle Sinne beisammen. Die Gedanken schossen nur so durch seinen Kopf, alles war total verwirrend. Gerade als Janus sich zu Nick umdrehen wollte, griff ihm Jens an den Arm.

       “Ich weiß, wo Willi die Kiste vergraben hat, ich habe sogar schon mal eine Stelle gesehen, die es sein könnte. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht daran, dass dort wirklich was vergraben ist.”

       Janus sah Jens eindringlich an und begann ganz leise zu sprechen.

       “Ich weiß, dass du der Meinung bist, ich habe nicht mehr alle Tassen im Schrank. Vertrau mir einfach ein wenig; wenn du nichts findest, ist alles in Ordnung, dann können wir dir auch auf eine andere Weise helfen. Und jetzt geh endlich auf die Suche.”

       Janus zuckte zusammen, er hoffte, dass Jens den Unterton in seiner Stimme nicht bemerkt hatte. Es war mehr Befehl als Aufforderung, schon oft hatte er miterleben müssen, dass durch solche Anmaßungen auch gut organisierte Unternehmungen fehlgeschlagen sind.

       Jens hatte den Befehlston nicht registriert, dafür war er viel zu aufgeregt, er drehte sich um und verschwand durch die Tür. Als er weg war, trat Nick auf Jasmin zu.

       “Du begleitest ihn besser; wenn ihr etwas findet, dann kommt sofort wieder hierher zurück, hast du das verstanden?”

       Jasmin war total durcheinander, so kannte sie Nick nicht, und Janus war ihr mehr als suspekt.

       Sie tat trotzdem, was Nick ihr befohlen hatte und eilte Jens hinterher, Nick hoffte unterdessen, dass es keine Probleme geben würde.

       “Bist du dir sicher, dass er etwas finden wird?”

       Die Stimme von Nick war unsicher, doch Janus nickte nur.

       “Ja, ich weiß es sogar, du konntest es nicht wissen, aber ich habe ihn in diesem Traum gesehen. Der Mörder, der den Auftragskiller beseitigt hat, er ist unser Erzfeind!”

       Ihr Gespräch war beendet, gerade als sie sich verabschieden wollten, da klopfte es an der Tür. Nick dachte, dass es Jasmin war, die es nicht geschafft hatte Jens einzuholen, hinter der Tür stand jedoch nicht Jasmin, sondern Jemand, mit dem sie Beide nicht gerechnet hatten.

       Kapitel VI

       Jasmin hatte Jens sehr schnell eingeholt, er war noch nicht weit gelaufen. Da er nicht weit entfernt wohnte, war er zu Fuß zur Praxis gekommen.

       “Hey Jens, was willst du jetzt machen?”

       Er blieb stehen und drehte sich um, als er die Stimme von Jasmin vernahm.

       “Ich werde nachschauen, ob ich die Kiste wirklich finde, es kann mir nämlich egal sein, ob sie da ist oder nicht, Janus hat mir versprochen, dass er mir hilft, so oder so. Allerdings bin ich neugierig geworden, Janus ist ein seltsamer Mensch; wenn er recht hat, wird es bestimmt noch einiges Interessante zu erfahren geben. Und was hast du vor?”

       Die Frage kam etwas unerwartet, und Jasmin hatte sich noch nicht überlegt, was sie darauf antworten sollte. Ein zartes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

       “Wenn du nichts dagegen hast, begleite ich dich. Irgendwie habe ich das Gefühl, wir sollten noch etwas miteinander erleben. Natürlich habe ich die Hoffnung, dass wir bald wieder normal miteinander umgehen können. Das Vergangene möchte ich gerne hinter mir lassen.”

       Jens sah sie erstaunt an.

       “Ich habe nichts dagegen, wenn du mitkommst, allerdings ist es schon spät und ich wollte erst morgen mit der Suche anfangen. Außerdem würde ich mich auch darüber freuen, wenn wir in Zukunft wieder wie Freunde sein könnten.”

       Unschlüssig stand Jasmin vor ihm, sie hatte morgenfrüh eine Vorlesung, die sie nicht verpassen wollte.

       Jens schaute sie an, was er sah gefiel ihm. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, wie hübsch die kleine Jasmin doch geworden war. Gespannt wartete er auf ihre Antwort. Für sie war die Situation wesentlich verzwickter, Nick hatte ihr gesagt, dass sie ihn begleiten sollte, und sie wollte es auch unbedingt. Doch sie wusste nicht so recht, was sie machen sollte, ihr Herz war sowieso mal wieder hoffnungslos an Jens verloren gegangen, aber ihr Verstand war klar wie immer. Die Vorlesung war wichtig, wenn sie diese verpassen würde, müsste sie ein halbes Jahr warten, bis sie erneut die Chance bekam daran teilzunehmen.

       Noch unschlüssig antwortete sie.

       “Ich rufe dich morgen früh an, dann kann ich dir sagen, ob ich mitkomme oder nicht. Ist das in Ordnung für dich?”

       Jens war etwas enttäuscht.

       “Ja klar, du brauchst dir keine Umstände zu machen. Ich weiß, dass du nur noch wenige Vorlesungen besuchen musst, um für die Prüfungen zugelassen zu werden, und das als jüngste Studentin seit Jahren. Deine Kommilitonen sind leider sehr geschwätzig, musst du wissen, sie haben mir nur verschwiegen, dass du mittlerweile so umwerfen aussiehst.”

       Jasmin blieb ihm eine Antwort schuldig, sie fühlte jedoch, wie sich ihre Wangen röteten. Sie verabschiedeten sich kurz und gingen dann jeweils in andere Richtung zu ihren Wohnungen. Zuerst wollte Jasmin noch mal bei Nick vorbei schauen, überlegte es sich aber dann anders. Sie stieg in ihr Auto, das vor der Praxis stand und fuhr nach Hause.

       Seit langer Zeit war es das erste Mal, dass Jens eine traumlose Nacht verbrachte. Um acht Uhr morgens klingelte sein Wecker. Nachdem er es geschafft hatte aufzustehen, fühlte er sich das erste Mal seit vielen Jahren wieder richtig gut. Er hatte nicht gekifft, und trotzdem war der Traum nicht wiedergekommen, anscheinend hatte es ihm schon ein wenig geholfen, mit Nick und dem anderen Kauz darüber zu sprechen.

       Im Badezimmerspiegel betrachtet er sein Gesicht und stellte fest, dass er etwas besser aussah als gestern. Ihm fielen die Stoppel auf, die sein Gesicht umrahmten. Nach kurzem Zögern griff er zum Rasierer und begann sich von dem Unkraut zu befreien. Nur die Kotletten, ein schmaler Oberlippenbart und der Kinnbart blieben stehen. Nach einem prüfenden Blick nickte er und war mit sich und der Welt zufrieden. Das Einzige, was ihn jetzt noch beschäftigte, war die Frage, ob er hoffen durfte oder nicht. Wenn die Gespräche schon so viel geholfen hatten, was konnte dann der mysteriöse Janus noch für ihn tun.

       Er putzte sich gerade die Zähne, als das Telefon klingelte.

       “Ja”.

       Mit dem Mund voller Zahnpasta fiel ihm das Sprechen nicht gerade leicht. Am anderen Ende der Leitung hörte er nur ein Kichern, anscheinend war Jasmin am Apparat.

       “Hallo Jens, störe ich dich etwa?”

       Etwas säuerlich gab Jens zurück.

       “Ja, isch putsche gerade meine Tschäne.”

       Aus dem Kichern wurde ein Lachen.

       “Ich wollte dir nur sagen, dass ich mit dir mitkomme, es interessiert mich einfach zu sehr. Wenn du nichts dagegen hast, bin ich in zehn Minuten bei dir.”

       Mit einem Schlag fühlte er sich wie ein junger Gott.

       “Nein, nein, isch habe nischt dagegen. Bisch gleisch.”

       Jasmin legte auf, Jens freute sich darüber, dass Jasmin sich so entschieden hatte.

       Nur fragte er sich jetzt, woher sie eigentlich wusste, wo er wohnte. Er hatte nur ein kleines Apartment in einem schäbigen Wohnblock. Jetzt, als er darüber nachdachte, schämte er sich ein wenig, dass Jasmin gleich vorbeikam. Das einzige, was er von dem Geld seiner Eltern schon gekauft hatte, war sein Traumauto. Dieser Gedanke ließ in schmunzeln, er hätte sich jedes Auto kaufen können, das es zurzeit auf dem Markt gab. Ihm genügte es, ein kleines Auto zu haben, so hatte er sich für einen Toyota entschieden. Der MR2 fuhr sich wie ein Kart, das hatte ihn daran fasziniert und das er nicht mehr gebaut wurde.

       Er beeilte sich ein wenig, sprang in seine Hose und zog sein Lieblingshirt an. Kurz bevor er fertig war, klingelte es an der Tür. So ein Mist, schoss es durch seinen Kopf, und ich habe noch nicht mal aufgeräumt.

       “Moment noch.”