allmählich ruhiger wurden und ich sah, wie die hübsche Kleine
freudig und rasch und eifrig mit ihrer Mutter sprach in denselben
Zeichen, die ich diese zuerst gelehrt hatte, da rollten mir die
glücklichen und doch mitleidvollen Tränen über das Gesicht.
glücklichen und doch mitleidvollen Tränen über das Gesicht.
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Mrs. Lirripers Fremdenpension
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Erstes Kapitel
Wie Mrs. Lirriper das Geschäft führte
Daß sich jemand mit Zimmervermieten abplagen wollte, wenn es
nicht eine alleinstehende Frau ist, die für ihren Lebensunterhalt
sorgen muß, das ist mir gänzlich unverständlich, meine Liebe;
entschuldigen Sie die Freiheit, aber die Anrede kommt mir ganz
natürlich über die Lippen, wenn ich in meinem kleinen
Wohnzimmer mein Herz allen denen öffnen möchte, denen ich
trauen kann. Ich wäre dem Himmel ewig dankbar, wenn das die
ganze Menschheit wäre, aber leider ist das nicht der Fall, denn
Sie brauchen bloß einen Zettel »Zimmer zu vermieten« im
Fenster haben und Ihre Uhr auf dem Kaminsims liegen zu lassen,
und schon ist sie auf Nimmerwiedersehen verschwunden, wenn
Sie sich bloß eine Sekunde lang umwenden. Aber auch die
Zugehörigkeit zu Ihrem eigenen Geschlecht ist noch lange keine
Garantie, wie ich am Beispiel der Zuckerzange gesehen habe,
denn jene Dame (und hübsch sah sie aus) ließ mich nach einem
Glas Wasser laufen, unter dem Vorwand, sie käme demnächst
nieder, was sich auch als richtig erwies, aber sie kam zur
Polizeiwache nieder.
Nummer einundachtzig Norfolk Street, Strand, auf halbem Weg
zwischen der City und dem St.-James-Park und nur fünf Minuten
von den besuchtesten öffentlichen Vergnügungsstätten entfernt –
von den besuchtesten öffentlichen Vergnügungsstätten entfernt –
das ist meine Adresse. Ich wohne in diesem Haus schon seit
langen Jahren zur Miete, wie das Grundsteuerbuch bezeugen
kann; und ich wünschte, mein Hauswirt wüßte diese Tatsache
ebenso zu würdigen wie ich selbst, aber nein, nicht für ein halbes
Pfund Neuanstrich, und wenn es ihm ans Leben ginge; nicht
einen neuen Ziegel aufs Dach, meine Liebe, und wenn Sie auf
den Knien vor ihm lägen.
Sie werden noch niemals Nummer einundachtzig Norfolk Street,
Strand, in Bradshaws Kursbuch gefunden haben, meine Liebe,
und so Gott will, werden Sie es auch niemals darin finden. Es
gibt zwar Leute, die keine Selbsterniedrigung darin sehen, ihren
Namen so zu verunehren, und sie gehen sogar bis zu einem Bild
von ihrem Haus, das dem Original jedoch ganz unähnlich ist, mit
einem Klecks in jedem Fenster und einer vierspännigen Kutsche
vor der Tür. Aber was Miß Wozenham weiter unten auf der
anderen Seite der Straße recht ist, ist mir noch lange nicht billig,
da Miß Wozenham ihre Anschauungen hat und ich die
meinigen. Obwohl es ja darauf ankommt, wie Sie es vor Ihrem
Gewissen zu verantworten gedenken, wenn es bis zum
systematischen Unterbieten kommt – wie es unter Eid vor
Gericht bewiesen werden kann – und das die Form annimmt:
»Wenn Mrs. Lirriper achtzehn Schilling die Woche verlangt,
dann verlange ich fünfzehneinhalb.« Und was luftige
Schlafzimmer betrifft und einen Portier, der die ganze Nacht über
auf ist, so ist es um so besser, je weniger darüber geredet wird,
da die Schlafzimmer muffig und der Portier blauer Dunst ist.
da die Schlafzimmer muffig und der Portier blauer Dunst ist.
Es sind jetzt vierzig Jahre her, seit ich und mein armer Lirriper in
der St.-Clement's Danes-Kirche getraut wurden, wo ich jetzt in
einem sehr hübschen Stuhl unter lauter vornehmer Nachbarschaft
meinen Sitz und mein eigenes Kniekissen habe und wo ich 30
nicht zu volle Abendgottesdienste bevorzuge. Mein armer
Lirriper war eine stattliche Erscheinung, mit leuchtenden Augen
und einer Stimme, so weich wie ein Musikinstrument aus Honig
und Stahl. Aber er hatte stets ein freies Leben geführt, da er von
Beruf Geschäftsreisender war und eine besonders staubige Tour
hatte, wie er sagte – »eine trockene Straße, meine liebe Emma«,
sagte mein armer Lirriper stets zu mir, »wo ich den ganzen Tag
über und die halbe Nacht dazu immer mal einen Schluck tun
muß, um den Staub hinunterzuspülen, und das nimmt mich mit,
Emma«
– und das führte dazu, daß er durch eine Menge Dinge
hindurchrannte. Er wäre wohl auch durch den Schlagbaum
hindurchgerannt, als dieses schreckliche Pferd, das keinen
einzigen Augenblick stillstehen wollte, durchbrannte. Aber es war
Nacht und der Schlagbaum geschlossen. So wurde das Rad
erfaßt und der Wagen und mein armer Lirriper zu Atomen
zerschmettert. Er hat kein Wort mehr gesprochen. Er war eine
stattliche Erscheinung und ein Mann von fröhlicher Gemütsart
und sanftem Wesen; aber wenn Photographien damals schon
üblich gewesen wären, so hätten sie Ihnen doch niemals eine
üblich gewesen wären, so hätten sie Ihnen doch niemals eine
Vorstellung von der Weichheit seiner Stimme geben können.
Überhaupt fehlt es meiner Ansicht nach Photographien im
allgemeinen an Weichheit. Man sieht darauf aus wie ein frisch
gepflügtes Feld.
Mein armer Lirriper hinterließ ein zerrüttetes Vermögen, und als
er auf dem Friedhof zu Hatfield in Hertfordshire begraben
worden war, nicht etwa, weil das sein Geburtsort war, sondern
weil er eine Vorliebe für das »Salisbury-Wappen« hatte, wohin
wir uns am Hochzeitstag begeben und glücklich vierzehn Tage
zugebracht hatten, machte ich bei den Gläubigern die Runde und
sagte zu ihnen: »Gentlemen, ich weiß wohl, daß ich für die
Schulden meines verstorbenen Gatten nicht aufzukommen
brauche, aber ich will sie bezahlen, denn ich bin sein angetrautes
Weib, und sein guter Name ist mir teuer. Ich will eine Pension
aufmachen,