Elke Bulenda

Fatales Erwachen Epubli EPUB


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Füße über den Bettrand hingen. Daneben ein Nachtschränkchen. Außerdem gab es noch einen Schrank, den ich sofort öffnete und passende Kleidung vorfand. Dazu noch eine Kommode, ein großes gemütliches Sofa zum darauf herumlümmeln, mit dazugehörigem Sessel und einen flachen Tisch, der mit einer Obstschale dekoriert war, rundeten das Equipment ab. Obstschale? Was sollte ich mit Obst anfangen? Außerdem enthielt das Zimmer noch ein leeres Bücherregal und einen Schreibtisch mit Stuhl. Vermutlich gab es wohl keine Bücher mehr?

      Wie anders sollte ich das leere Regal interpretieren?

      Auch spähte ich eine Tür aus, gab allerdings schnell die Hoffnung auf, dass sie in die ersehnte Freiheit führen würde. Gegenüber der Sitzgruppe stand ein Sideboard, und darauf thronte ein sehr seltsames, riesiges Bild. Vermutlich handelte es sich um moderne Kunst, oder der Maler war eine faule Sau und hatte keine Lust ein Bild zu malen. Vielleicht überließen sie es auch mir, eins nach meinem Geschmack auszuwählen. Jedenfalls gähnte in dem Rahmen eine schwarze, matte Leere. Wenigstens war der Rahmen ganz interessant, er hatte ein rotes Licht im Sockel. Ich mag Rot. Rot ist meine Lieblingsfarbe. In dem Bord waren noch andere Kästen, die meine Aufmerksamkeit erregten.

      Simon, der mich und meine Blicke genau beobachtete, gab mir einen jovalen Knuff mit seinem Ellenbogen, den er sich aber ganz schnell rieb, weil er auf etwas Hartes geprallt war.

      Genauer gesagt, auf meinen Latissimus dorsi.

      »Ich dachte mir, wenn du schon kein Fenster hast, würde dich das vielleicht ein wenig trösten.«

      … Tolle Idee! Ich könnte mir ja die Zeit mit Malen vertreiben und ein Bild für diesen Rahmen schmieren!...

      »Soll das ein Blick in meine Zukunft darstellen? Ich sehe nur Schwarz! Ganz toll, Simon, vielen Dank!«

      Kichern ertönte. Simon winkte Flimm und Flumm, die sich zuvor links und rechts neben der Tür postiert hatten, mit einer Handbewegung aus dem Zimmer.

      »Danke, meine Herren, wir kommen schon zurecht.«

      Gut, dass sie freiwillig gingen. Liebend gern hätte ich sie mit ein paar saftigen Arschtritten aus meiner Suite komplimentiert. Alte Uniformen-Unverträglichkeit.

      Mit ein paar Schritten war der Kleine beim Tisch und hob einen länglichen Gegenstand auf. Er hatte furchtbar viele Knöpfe.

      … Nein, nicht Simon, sondern der Gegenstand! Muss ich denn alles ganz ausführlich erklären, oder was?...

      »Hier, Ragnor. Drück mal den roten Knopf.«

      Er nickte zum Bilderrahmen.

      Sofort witterte ich eine Falle. Nur Berserker, todesverachtende Berserker, sind dafür bekannt, dass sie keine Furcht kennen und ich war ebenfalls so einer. Mit leicht zugekniffenen Augen, drückte ich den Knopf. Das leere schwarze Bild begann zu leben! Darin waren kleine Menschen!Schwer beeindruckt sah ich zu Simon.

      »Magie! Sind das Kobolde, die Theater spielen? Ich wusste gar nicht, dass du Magier bist! Aber du sagtest ja, du hättest Magie selbst erlebt!«

      Simon amüsierte sich wie ein kleines Kind.

      »Nein, das ist keine Magie! Das ist ein Fernsehgerät, kurz Fernseher oder auch LCD-TV mit DVD Player.«

      … Ach so. Deshalb waren die Menschen darin wohl auch so klein. Man sah sie aus der Ferne. Trotzdem würde ich der Sache beizeiten auf den Grund gehen. Vielleicht konnte ich dieses TV-Dings auseinandernehmen? Ich war hin und weg. Gebannt starrte ich auf die sich bewegenden Menschen, und als eine wohl gerundete Blondine einem fremdländischen Typen eine Ohrfeige verpasste, zuckte ich zusammen. Aber der Fremdländer zuckte mit keiner Wimper. Er war ganz eindeutig kein Weichei! Yeah, Alter! Hol sie dir!, feuerte ich ihn im Geiste an. Und als ob er meinen Rat beherzigt hätte, holte er die flüchtende Schöne ein, riss sie in seine Arme und knutschte die Tussi, bis sie schielte. Leider wurde die Scheibe wieder schwarz. Gerade als ich hoffte zu sehen, ob der Fremdländer dazu kam, ordentlich einen wegzustecken. Meine ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte wieder voll und ganz Simon.

      »Dieses Gerät dort unter dem Monitor ist eine Play-Station3 Blu-ray. Damit kann man spielen. Funktioniert mit Bluetooth.«

      Er nahm einen Gegenstand in die Hand, der mich entfernt an einen Beckenknochen erinnerte, nur dass darauf ebenfalls Knöpfe waren. Er brabbelte und verlor sich in Details, die nur er allein verstand. Später zeigte Simon mir einen Kasten, den er Laptop nannte. Bisher kannte ich nur Topflappen, doch die waren weder so hart, noch so eckig und besaßen auch keinen Internetanschluss. Simon sagte, dass ich mit dem Laptop arbeiten würde, mit ihm recherchieren. Das war jetzt alles ein bisschen viel für mich und ich sehnte mich nach einem Bad und einer Rasur. Während Simon noch die Vorzüge von Blu-ray gegenüber handelsüblichen CDs betonte, von Gigabites und Arbeitsspeicher referierte, okkupierte ich das Bad, welches sich hinter der Tür befand, die ich vorhin so angeschmachtet hatte, wie der Fremdländer die Blonde im Fernseher. Zuerst öffnete ich die Tür. Das Licht ging an, ganz von allein. Als Zweites zersprang der Spiegel. Entnervt schloss ich die Tür hinter mir. Ich fand mich damit ab, dass ich mich zwar in einem wunderbar, weiß gefliesten Bad rasieren würde, aber vor einem kaputten Spiegel. Hinter mir ertönte eine Stimme.

      »Was ist da drin passiert?« Die Tür wurde geöffnet und Simon sah die Bescherung. »Warum hast du den Spiegel zerschlagen?«

      Beschwichtigend hob ich die Hände. »War ich nicht!«

      Irgendwann müsste ich Simon in mein Spiegelproblem einweihen, wollte ich nicht ständig kaputte Spiegel betrachten.

      »Okay, ich gebe es zu! Aber es war keine Absicht! Spiegel zerspringen, wenn ich mich darin spiegle. Also, je dicker der neue Spiegel ist, desto besser!«

      »Gut!«, war seine Antwort. »Wir müssen eh noch ein paar Tests machen, du bekommst deinen neuen Spiegel. Und suche kein Rasiermesser, benutze einfach das Ding hier! Das ist ein Rasierer mit Barttrimmer.«

      Auch hier zeigte er mir die Funktionen, allerdings hatte das Ding keinen Bluetooth.

      »Ich werde dich jetzt allein lassen, Ragnor. Und versuch bitte, so wenig wie möglich kaputt zu machen. Unsere Organisation ist zwar nicht arm, aber wir nutzen die Ressourcen lieber für unsere Aufgaben, als sie jemanden in den Rachen zu stopfen, der es nicht zu würdigen weiß. Der Tag war wirklich lang und ich bin todmüde! Gute Nacht, Ragnor!«

      Ich sah ihm hinterher, beobachtete wie er eine Karte durch den Schlitz eines Kastens an der Tür zog.

      »` Nacht, Simon!«

      Das müsste ich mir bei Zeiten doch etwas genauer ansehen...

      Endlich allein, genoss ich die Ruhe und rasierte mich zum ersten Mal mit einem Barttrimmer. Eigentlich wäre mir ein Rasiermesser und Seife lieber gewesen, doch scheinbar traute man mir nicht über den Weg. Offensichtlich glaubten sie, dass ich anderen damit die Kehle durchschneiden könnte.

      Aus dem zersprungenem Spiegel glotzte mich ein hohlwangiger, hässlicher Kerl, mit etwas zu großen Augen an. Ja, ich war wirklich nicht in Form. Nachdem ich endlich meinen Rauschebart losgeworden war, sah das Waschbecken aus, als wäre darin ein großes, rotes Tier verendet. Es wurde würdevoll von mir im Mülleimer beerdigt. Das Duschbad funktionierte auch zufriedenstellend. Schon beeindruckend, wenn das Wasser direkt aus der Wand kommt. Nur bei dem Ding mit dem Deckel, da wollte sich mir dessen Sinn nicht so ganz erschließen. Ein Kochtopf war es nicht, obwohl dort Wasser drin war. Ich drückte die Taste und es rauschte. Aha! Jetzt war es mir klar. Das Ding ist bestimmt zum Haare waschen. Jedenfalls würde ich mich nicht so tief bücken, nur um mir den Kopf zu waschen. So etwas tat ich lieber unter der Dusche. Zumindest war dort das Wasser wärmer.

      … Ach egal, scheiß drauf!...

      Etwas ratlos tigerte ich umher, setzte mich aufs Bett und griff nach meiner Hose. Vorsichtig zog ich die Gummihandschuhe, die ich heimlich aus dem Mülleimer des Aufwachraumes gefischt hatte, aus der Hosentasche und entfaltete einen davon ...

      … Und sog den Duft von Mandelöl ein und schloss die Augen.

      … Bis irgendetwas klingelte ... Panisch versuchte ich mir den Handschuh aus der