Celine Ziegler

Forever Collide


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      „Verstanden."

      Alec folgt mir die Treppen nach oben und wir betreten unser ... Aidens Schlafzimmer. Ich muss den Kloß hinunter schlucken, als ich auf das Bett sehe. Es sieht noch genauso aus, wie ich es verlassen habe. Er scheint nicht darin geschlafen zu haben. Wahrscheinlich war er bei Angie und hatte seinen Spaß.

      Ich gehe zu einer Schublade neben dem Nachtschränkchen und nehme meinen Pass und Personalausweis heraus. Das wird das letzte Mal sein, dass ich in dieser Wohnung sein werde. Ich hoffe, dass es das letzte Mal sein wird.

      „Zieht Aiden auch aus?", fragt Alec, als ich gerade die Schublade schließe.

      Ich runzle die Stirn. „Wie kommst du darauf?"

      „Na, hier steht eine gepackte Tasche." Er zeigt auf eine große Sporttasche neben dem Bett.

      Verwirrt gehe ich um das Bett herum und tatsächlich liegt dort seine Tasche, vollgepackt bis oben hin. „Ich weiß es nicht ...", sage ich. „Vielleicht sucht er sich eine neue Wohnung. Wer weiß das schon. Soll er doch machen." Ich verlasse das Schlafzimmer und versuche mir die Tränen zu unterdrücken.

      Diese ganze Situation lässt mich einfach nicht los. Und jetzt hier in seinem Apartment zu sein, macht alles nur schlimmer. Es riecht hier alles nach ihm.

      „Vielleicht geht er ja wieder nach England." Alec folgt mir ins Wohnzimmer.

      „Wieso sollte er das tun? Er hat hier alles in Amerika, was er wollte."

      „Vielleicht weil er dich liebt und nicht damit klarkommt, dass du ihn verlassen hast und das Land zu verlassen die einzige Möglichkeit für ihn ist auch nur einen Hauch einer Chance zu haben, über die Trennung hinweg zu kommen?"

      Ich sehe ihn an und lege den Wohnungsschlüssel auf ein Regal neben der Tür. Ich brauche ihn jetzt nicht mehr. „Hör auf so etwas zu sagen. Er hat mich betrogen, nicht ich ihn. Ich bin diejenige, die am meisten verletzt wurde."

      „Oder – Au!"

      Ich drehe mich zu Alec um, als ich gerade die Tür öffnen will. „Was?"

      „Das." Er deutet auf einen halbgeöffneten, kaputten Karton auf dem Boden, über den er gestolpert ist.

      Ich runzle die Stirn. Das lag gestern definitiv noch nicht hier. „Was ist das?"

      „Guck doch rein."

      „Ich kann doch nicht einfach ... Das geht doch nicht."

      Er verdreht die Augen. „Guck einfach rein. Wenn es wichtig gewesen wäre, hätte er es nicht einfach umhergefeuert."

      Ich schlucke nachdenklich und starre auf den dunkelbraunen Karton. „Vielleicht mal ganz kurz", sage ich leise und knie mich zu der Kiste.

      Neugierig hebe ich sie auf das Regal. Es ist auf jeden Fall an Aiden adressiert, doch den Ort, wo er es bestellt hat, kann ich nicht erkennen, weil der Deckel zerrissen ist.

      „Los", hetzt Alec leise und beäugt neugierig die Kiste.

      Vorsichtig öffne ich die erste aufgerissene Hälfte des Deckels, dann die andere. Ein Wirrwarr von Styropor und Papierschnipseln kommt uns entgegen. Es muss wohl etwas wertvolles sein, wenn es so eingepackt ist. Ich greife in den Haufen von Papier und wühle ein wenig darin herum, dann bekomme ich etwas zu fassen. Es fühlt sich hart und kantig an.

      Aufgeregt ziehe ich es heraus.

      Mein Herz erleidet einen kurzen Stillstand.

      Mit aufgerissenen Augen betrachte ich das Buch in meinen Händen. Ich habe das Gefühl, ich verliere jeden Moment das Bewusstsein.

      „Was ist das?", fragt Alec und nimmt es mir aus der Hand.

      „Sei", sage ich leise mit heiserer Stimme. „Sei bitte vorsichtig."

      Er sieht mich kurz argwöhnisch an und dreht dann das Buch in seinen Händen. „Partie Espoir", liest er den Titel und öffnet es. „Das sieht scheiße historisch aus. Was zur Hölle ist das?"

      Ich starre auf den Karton vor mir, kann die Situation gerade nicht verstehen.

      Aiden hat mir mein Lieblingsbuch aus der Mula gekauft. Partie Espoir lll. Es ist so gut wie unmöglich dort ein Buch zu kaufen, es sei denn ... Es sei denn du bezahlst eine Menge Geld.

      Partie Espoir. Part Hoffnung.

      Gibt es für Aiden und mich noch Hoffnung?

      Wortlos nehme ich es Alec aus der Hand, lege es vorsichtig in meine, betrachte das Cover und den Einband ganz genau. Er hat es mir tatsächlich gekauft. Das ist bestimmt das Geburtstagsgeschenk, von dem er mir die ganze Zeit erzählt hat. Er meinte, es würde mich von den Socken hauen. Aber das haut mich nicht von den Socken, das bricht mir nur noch mehr das Herz.

      Erst jetzt merke ich, dass eine Träne auf den braunen Einband tropft. Schnell wische ich sie weg und schniefe, atme aus. „D-Das ist mein Lieblingsbuch", erkläre ich Alec mit gebrochener Stimme. Ich öffne die erste Seite und streiche über das Papier.

      Er hat es mir tatsächlich gekauft.

      Doch da sticht mir noch etwas ins Auge. Eine Gravur in der unteren Ecke des Covers.

       Auf die Ewigkeit. A.

      Sofort beginne ich laut zu schluchzen und lasse das Buch wieder in den Karton fallen.

      Alec schnappt nach Luft und nimmt mich sofort in den Arm. „Süße, bitte nicht weinen", sagt er leise, streichelt mir liebevoll über den Kopf. „Lass uns einfach gehen, okay? Hier zu sein tut dir nicht gut."

      „A-Alec, ich will das nicht mehr", weine ich leise in seinen Pullover. „Wieso muss ich ihn nur so sehr lieben? Und wieso muss er mir das auch noch antun?"

      „Ich kann dir nur tausend Mal sagen, dass er dich auch liebt. Es ist ganz allein deine Entscheidung, was du tust. Du könntest auch hier bleiben und warten bis er wieder kommt. Du könntest ihm verzeihen und wieder mit ihm zusammen sein."

      Ich schüttle langsam den Kopf. „Ich – Ich kann nicht."

      „Ich wollte es dir nur sagen", meint er ruhig und lässt mich los, streicht mir die Tränen von den Wangen. „Wir gehen, ja?"

      Ich nicke nur schniefend, wende mich wieder an den Karton. Ich schließe ihn voller Trauer und Sehnsucht und lege ihn so hin, wie er lag, bevor wir gekommen sind.

      Alec nimmt mich lächelnd an der Hand und öffnet die Tür.

      Ein letztes Mal blicke ich in das Apartment, rieche seinen wundervollen Duft, schließe dann die Tür hinter mir.

       Aiden

      Ich starre an die Decke des wahrscheinlich schäbigsten Hotels aller Zeiten. Es stinkt widerlich nach totem Tier und ich kann ein paar Risse in den Ecken der Wände erkennen.

      So muss es wohl aussehen, wenn man am Ende angekommen ist.

      Mein einziger Trost ist, dass es mittlerweile spät abends ist und das Tageslicht mir nicht genau zeigen kann, wie abartig es hier tatsächlich aussieht. Was soll man auch für fünfundzwanzig Dollar pro Nacht verlangen? Eine Luxussuite werde ich mir wohl kaum noch leisten können. Brauche ich auch nicht. Das ist nur eine einzige Nacht. Morgen werde ich einfach das Geld bei der Polizei abgeben und verschwinden. Hoffentlich muss ich diese Stadt nie wieder sehen. Die Lust an New York ist mir vergangen, egal wie aufregend und schön die Zeit hier war. Sie war nur aufregend und schön, als ich mit Raven zusammen war.

      Ich fahre mir durchs Gesicht. Es ist unmöglich Schlaf zu finden. Ich stemme mich auf, das alte Bett knarrt sofort und ich sehe aus dem kleinen Fenster, dann auf die Uhr meines Handys. Gerade einmal halb zwölf Uhr. Ich finde sowieso keinen Schlaf und mein Kopfschmerz plagt mich noch immer. Ich muss hier raus.

      Ich ziehe mir meine Klamotten an, verlasse das grausame Hotel und laufe durch die Straßen von New York. Obwohl ich todmüde bin, schafft es mein Körper einfach nicht zu ruhen. Es ist momentan einfach zu viel,