Peter Peppler

Samui und zurück


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ist denn hier los? Ist heute Nationaltrauertag oder so was?”. Die Straße war so gut wie menschenleer und fast überall war es bereits dunkel. Bei Franz war noch Licht und leise Musik zu hören und weiter vorne, möglicherweise beim Red House, saßen noch vier Leute an einem Tisch an der Straße mit ihren Drinks.

      “Marie, wir sind in Ban Bophut, nicht in Chaweng, hier gehen um Mitternacht die Lichter aus”. Ungläubig schaute sie noch einmal in beide Richtungen und meinte: “Ich hatte zwar noch keine Gelegenheit dazu, aber ich habe mir sagen lassen, in Chaweng lohnt es gar nicht, vor Mitternacht überhaupt irgendwohin zu gehen, da geht es um ein Uhr erst so richtig los. Macht ja nichts, ist doch schön, dass es auch noch so ein ruhiges Plätzchen gibt. Ich glaube, wenn ich mich mehr mit der Urlaubsplanung befasst und mich besser informiert hätte, anstatt alles Sani zu überlassen, wären wir vermutlich eher hier gelandet“.

      Langsam spazierten wir an Davids Appartements vorbei zum Smile House. “Nichts gegen das Blue Lagoon, finde ich toll, die Anlage, der Strand ist ja auch super. Aber diese Stadt Chaweng ist mir doch ein bisschen zu chaotisch, ich fürchte, aus dem Alter, in dem man so was geil findet, bin ich wohl raus“, sagte sie ein wenig wehmütig. An der Smile House Rezeption brannte noch Licht, aber die Bar war auch hier bereits geschlossen. Beim Überqueren des Parkplatzes fiel mir auf, dass der Harley Club noch unterwegs war und im S4 schaltete ich zuerst einmal die Aircondition an, um die Innentemperatur auf ein erträgliches Niveau herunter zu kühlen.

      “Kannst du bei dem Gebrumme denn schlafen?”, fragte Marie, nachdem ich die Tür geschlossen hatte, “ich schalte meine Aircondition nachts immer ab”. “Das mache ich auch, nur den Deckenlüfter lasse ich auf Stufe eins die ganze Nacht laufen, der ist geräuschlos”. “Genau so mache ich’s auch!”, lachte sie und nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. “Ich darf doch?”. Ich war damit beschäftigt, die linke Bettseite für Marie fertigzumachen, das heisst, die herumliegenden Klamotten und die blaue Thai Airways Tasche wegzuräumen und das dünne Betttuch einladend aufzuschlagen. “Marie, du darfst alles, auch ohne zu fragen“. “Soll ich dir auch ein Glas einschenken?”. Es kam mir auf einmal so vor, als sei sie seit Betreten des Bungalows wieder hellwach. “Ja, bitte, so, dein Bett ist fertig“, bemerkte ich, ging ins Badezimmer, putzte mir die Zähne und suchte und fand die kleine gelbe, in Cellophan verpackte Lufthansa Zahnbürste in meiner Tasche mit dem Waschzeug, so, wie ich es in Erinnerung hatte.

      “Hier, schau mal, ich habe sie tatsächlich noch“, freute ich mich, als ich wieder ins Schlafzimmer trat. Marie hatte das Deckenlicht und die Aircondition ausgeschaltet und statt dessen den Lüfter und die beiden Nachttischlampen angemacht, saß nachdenklich auf ihrer Bettkante, ein Glas Wasser in der Hand, und sah einfach märchenhaft schön aus. “Du”, sagte sie langsam, “ich habe gerade versucht, mich zu erinnern, wann ich mich zum letzten Mal so gut amüsiert habe, so gut mit jemanden unterhalten habe wie mit dir“, und trank einen Schluck Wasser. Leicht schmunzelnd und jetzt doch wieder müde aussehend schüttelte sie den Kopf. “Es fällt mir beim besten Willen nichts Vergleichbares ein“.

      Sie stand auf, nahm die Zahnbürste, die ich ihr entgegenhielt und deutete auf das T-Shirt, das ich beim Abräumen ihres Bettes über den Stuhl vor dem Verandafenster gehängt hatte. “Darf ich das zum Schlafen anziehen?”. “Ja, natürlich, habe ich ‘ne Wolldecke im Mund? Ich habe dir doch gesagt, du darfst alles, auch ohne zu fragen“. Sie lachte. “Die Wolldecke wäre vielleicht manchmal gar nicht so schlecht,” grinste sie, “wenn ich daran denke, was du heute, beziehungsweise gestern im Laufe des Tages so alles von dir gegeben hast...“, ging durch den kleinen Vorraum ins Badezimmer und schloss die Tür.

      Hochgradig eloquent, die Frau. Mir ging es genau wie Marie, was die Erinnerung an eine gute Unterhaltung betraf. Ich zog mir ein T-Shirt an, legte mich auf mein Bett und rauchte eine Saiphon. Das war in der Tat ein wunderbarer Tag mit einer wunderschönen Marie, dachte ich, als sie zurückkam, noch einmal ihr Wasserglas füllte, ihre Lampe ausschaltete und sich ins Bett kuschelte. “Lässt du mich mal ziehen“, fragte sie und ich reichte ihr die Zigarette. Sie lag auf der Seite, den Kopf auf ihre Hand gestützt und schaute mich an. “Es ist so ungewohnt ruhig hier. Die Bungalows im Blue Lagoon liegen zwar etwas unterhalb der Hauptstraße und auch bestimmt 200 Meter davon entfernt, aber nachts hört man trotzdem jedes einzelne Motorrad, jeden einzelnen Truck vorbeifahren, da ist rund um die Uhr Verkehr“.

      Sie gab mir die Zigarette zurück, legte sich auf den Rücken und zog sich das Betttuch bis an die Schultern. “Danke, dass ich heute Nacht bei dir bleiben kann“, sagte sie leise, während ich den Aschenbecher auf den Nachttisch stellte, meine Lampe ausknipste und mich, zu Marie gewandt, auf die Seite legte. “Schön, dass du geblieben bist“, entgegnete ich, “gute Nacht, Marie, schlaf gut“. “Gute Nacht Peter”. Sie drehte sich auf die Seite, mit dem Rücken zu mir, und ich schaute sie noch bestimmt zehn Minuten an, nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit und das schwache Mondlicht gewöhnt hatten, dann schlief ich auch ein.

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