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Der große Autotest


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      Die Bevormundung muss schlicht ausgeblendet werden. Genau wie die unzähligen Wohlfühl-Details, die die Sinne vernebeln. Wie also fährt sich der koreanische Golf-Mittbewerber? Schleppend, aber letztlich gut. Die 135 PS des Testwagens schlagen nur auf Aufforderung durch. Der Schleifpunkt ist recht weit oben, das Gaspedal will genau und mit dem ganzen Fuß getroffen sein.

      Ein Beschleunigungswunder wird aus dem Kia trotz des sportlichen Aussehens in diesem Leben nicht mehr. Gleichzeitig nimmt der Cee’d schon früh Gas an und agiert im niedrigen Drehzahlbereich solide. Für die Stadt ist das absolut befriedigend, auf Landstraße und Bahn zumindest ausreichend.

      An der Endgeschwindigkeit mangelt es dem Kia nicht. Laut Fahrzeugpapieren macht er 187 km/h, die Herstellerangaben liegen bei 195. Um die zu erreichen lässt er sich allerdings Zeit. Wer dem Cee’d Sportlichkeit entlocken will, ist darauf angewiesen mit einer ordentlichen Portion Gefühl im Fuß das Gaspedal zu malträtieren. Der Motor möchte hörbar früh in den höheren Gang wechseln, der ideale Schaltpunkt (nicht vom Verbrauch her gedacht!), ist schnell verflogen – besonders im ersten und zweiten Gang.

      In der Stadt lässt sich der Wagen problemlos im vierten und fünften Gang bewegen, auf der Bahn kommt bei der Spitzenmotorisierung der sechste Gang ins Spiel. Ab 140 km/h dreht er dann auch so gefällig, dass mit der linken Spur freundschaftliche Bande geknüpft wird. Das zehrt natürlich am Verbrauch und das nicht zu knapp. Wer die sechs Gänge verbrauchsoptimiert ausreizt, sollte mit einer entspannten Portion Gemütlichkeit unterwegs sein. Für normale und defensive Fahrer in der Regel überhaupt kein Problem.

      Beide Fahrertypen haben sicherlich auch nichts dagegen, wenn einer der Assistenten sich in die Angelegenheiten des Fahrers einmischt. Aber auch unter Einbeziehung des Tempomaten und sturer Fahrt mit 100 km/h oder der gemütlichen Partie auf der Landstraße ist die fünf vor dem Komma eine Herausforderung.

      Der Verbrauch ist übrigens auch eine kleine Denksportaufgabe. Denn wer sich wundert, dass die angegebenen Werte so gar nicht stimmen wollen, hat die Rechnung ohne die Start-Stopp-Automatik gemacht. Die funktioniert bei kaltem Motor erst spät und auch wenn der Wagen sich warmgelaufen hat mitunter nicht reibungslos. Der vom Hersteller angegeben Unterschied beim Verbrauch beläuft sich da auf stolze 1,2 Liter (innerstädtisch, 6,8 Liter zu 8,0 Liter). An dieser Stelle also der obligatorische Rüffel.

      Hat das Zeug zum treuen, wenngleich auch etwas langweiligen besten Freund: der Kia Cee'd.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Wirklich phänomenal ist dagegen das Kurvenverhalten des recht bullig wirkenden Kia. Schon im Stand nicht des Aufschaukeln verdächtig, enttäuscht er auf der Straße nicht. Es ist aber eine Frage der richtigen Lenkradeinstellung. Der Cee’d lässt die Wahl zwischen Normal, Komfort und Sport. Auch, wenn das Beeinflussung des Lesers ist, wählen Sie Sport.

      Die Komfort-Einstellung lässt das Lenkrad freigiebig unterstützt durch die Finger rutschen und macht das Herumkurven in der Innenstadt sowie das Einparken ein wenig angenehmer. Die Sport-Einstellung hingegen bietet knackigen Widerstand und eine exakt getimte Reaktionsverzögerung. In der Realität sieht das so aus, dass sich der Kia beherzt in jede Kurve wirft und einem nicht einmal das vage Gefühl vermittelt, das könnte jetzt zu viel gewesen sein. Das kostet Kraft, gibt aber Sicherheit – und macht Spaß.

      „Wenn Du jetzt keinen Mist baust, mach ich auch keinen“

      Auch beim improvisierten Elchtest auf freier Fläche wird schnell klar, dass die beiden lascheren Einstellungen mehr Nach- als Vorteile bieten. Schnelle Lenkradbewegungen kann der Koreaner so nur mühsam umsetzen. Er kippt natürlich nicht, aber schaukelt und fordert vehement die Hilfe der Fahrassistenten ein. Die Sportlenkung hingegen macht sogar auf Schnee eine gute Figur, ergänzt sich blendend mit der wohlig spät eingreifenden Traktionskontrolle. Da ist sogar ein perfektes „S“ im Preis inbegriffen.

      Der Cee'd in seinem Element: Wasser, Aggregatzustand gefroren. Auf Schnee ist der Koreaner eine Bank, fährt sicher und präzise, gräbt, gleitet und rutscht wie man es erwartet. Der Frontantrieb spielt immer mit, die gut eingestellte Traktionskontrolle lässt das Heck nicht im Regen stehen. Auch wenn letzte ausgeschaltet ist, wird der Wagen nicht unbeherrschbar. Das ist einfach top.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Was der Cee’d also wirklich gut kann, ist einem das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle vermitteln. Er sagt „wenn Du jetzt keinen Mist baust, mach ich auch keinen.“ Und verbindet das Ganze mit einer Stufe von Fahrkomfort, die sicherlich am oberen Ende der Kompaktklassenskala liegt. Die Variante bietet furchtbar viele Extras, die kein Mensch zum Autofahren braucht. Aber es sind solche Extras, die das Autofahren um einiges angenehmer machen können. Diese Entscheidung ist letztlich jedem selbst überlassen.

      So zum Beispiel die Rückfahrkamera, die zwar unter winterlicher Verschmutzung leidet, aber gerade im Stockdunklen großartige Dienste leistet. Oder gar der Einpark-Assistent, der auch kleine Lücken erkennt und perfekt ansteuert. Überall stimmen die Details, von der Grundausstattung bis hin zum Luxusaccessoire, von der Lenkradgröße bis zum Audiosystem. Man merkt, dass sich hier einige Leute einfach von vorne bis hinten Gedanken gemacht haben. Kurzum: Der günstige Golf wirkt einfach nicht billig.

      Im Winter werden die Teilledersitze durch eine Heizung erträglich. Sie fügen sich perfekt ins Interieur. Die verschiedensten Einstellungsmöglichkeiten (vor, zurück, oben, unten, kippen, neigen, Lendenwirbel stützen) machen es wirklich jedem Recht. Auch das Lenkrad ist höhenverstellbar.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Dazu zählt auch die Frontscheibe, die zu einem regelrechten Horizont angewachsen ist. Die Erkenntnis kommt erst spät, aber sie kommt: da der Dachhimmel nicht im Blickfeld des Fahrers ist, wirkt der Wagen ungleich übersichtlicher, offener als andere Modelle. Gerade nachts hat das seine Vorteile.

      Und dann diese Optik. Damit verspricht der Cee’d effektiv mehr, als er halten kann. Aber er sieht schlichtweg gut aus. Der böse Blick, die Fledermausnase, die zum Heck hin nach oben schwingende Linie – das hat Klasse.

      Natürlich ist der Cee’d ein Konsensautomobil. Er will es jedem potenziellen Käufer Recht machen, Männer, Frauen, Singles, Familien und Sportler anziehen. Genau, was der Golf will. Die Kompaktklasse ist nun einmal der Tummelplatz der Autos ohne Eigenschaften. Da fehlt der Mut, Dinge falsch zu machen, mal etwas zu riskieren. Und das ist vielleicht das einzige, was man dem Wagen vorwerfen kann.

      Fazit: Liebe mich. Um jeden Preis. Der Kia Cee’d kommt mit einer unterwürfigen Grundhaltung daher, wie ich sie bei kaum einem Auto bisher erlebt habe. Er verneigt sich beim reinkommen, weist höflich darauf hin, wenn etwas leider nicht machbar ist und ist darüber hinaus bemüht, einem jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Ich komme mit devoter Grundhaltung nicht sonderlich gut klar, das alte Prinzip, ob man nun Hunde oder Katzen mag. Ich bevorzuge in der Regel Vehikel mit eigenem Charakter, mit Ecken, Kanten und Herausforderungen.

      Auch, wenn sich im Outfit des Brandstifters ein kleiner Biedermann verbirgt: Wenn man die kleinen Macken des Wagens akzeptiert, ist der Cee'd ein Gefährt, dass Spaß und Komfort verbindet. Für Sportler ist er natürlich nichts. Aber als Golf-Konkurrent im Verhältnis von Preis-Leistung und Qualität eine echte Ansage.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Der Cee’d lässt mich ein Stück weit zum Hundefreund werden. Ich habe seine Zuverlässigkeit, seine treue und Berechenbarkeit schätzen gelernt. Dass er ausgerechnet seine Krallen zeigt, wenn man ihm beibringen will, sich wie ein Sportler zu verhalten, ist mehr Anreiz denn Ärgernis. Der Kia ist ein grundsolides Auto, was niemandem wehtut und dem wahrscheinlich auch