Lilian Adams

Eva


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Miguel telefoniert mit Marie

       Eva ist verunsichert

       Michael freut sich auf das Essen mit Carolina

       Eva wird überrascht

       Eva serviert

       Michael sitzt fest

       Eva - Zwei Tage später

       Ehekrise

       Michael besucht Carolina

       Michael sieht klar

       Eva wird überrascht

       Später

       Impressum neobooks

      Carolina

      Carolina Fonteler betrachtete sich ausgiebig in dem viel zu kleinen Spiegel ihres vornehmen Hotelzimmers. Wieder mal ein Hotelmanager, der keine Ahnung von den Bedürfnissen seiner Gäste hatte. Wie so oft, waren auch hier die Spiegel schlecht platziert und Carolina konnte daher keinen Gesamteindruck ihrer Erscheinung bekommen. Natürlich war sie ausgerechnet in einer Herberge gelandet, für die das Wort Ganzkörperspiegel anscheinend ein Fremdwort war. Und das, bei diesem horrenden Preis. Carolina beschloss, sich auf jeden Fall bei der Abreise zu beschweren. Außerdem, so nahm sie sich vor, würde sie in Zukunft genau darauf achten, dass Mia, ihre unfähige Mitarbeiterin, diesen relevanten Punkt bei jeder Buchungsanfrage abchecken würde.

      Carolinas Tag war bereits im Eimer, bevor er auch nur richtig begonnen hatte. In der Nacht war es viel zu hell im Zimmer gewesen, um ohne Schlafmaske Ruhe finden zu können. Aber die eigentlich exakt auf ihre Gesichtsform zugeschnittene Maske musste bei einer unruhigen Bewegung verrutscht sein, sodass das Licht der Straßenlaterne die Ruhesuchende geblendet hatte. Carolina brauchte ihren Schlaf. Schließlich war sie bereits 35. In diesem Alter konnte man es sich nicht mehr erlauben, die Nacht durchzumachen, ohne dass man am nächsten Tag die Spuren im Gesicht sehen musste. Carolina seufzte.

      Eigentlich liebte sie das Leben, das sie seit vielen Jahren führte. Aber manchmal war es einfach nur anstrengend. Die vielen Städte, die zahllosen Menschen, die sie ansprachen. Sei es, um sie um Rat zu fragen oder einfach nur, weil sie neugierig auf Details aus Carolinas aufregendem Lebens waren.

      „Versinke mal nicht in Selbstmitleid, das steht dir nicht!“ schalt sich Carolina lautlos und wie auf Knopfdruck spürte sie die Wirkung ihrer eigenen Worte, fühlte, wie neue Kraft durch ihre Adern floss. Sie straffte den Rücken und beugte sich ein wenig weiter zum Spiegel vor, um nochmals eine zusätzliche Lage ihres signalroten Lippenstiftes aufzutragen. „Piratenrot “, wie edel allein schon der Name klang. Seit Jahren trug Carolina keinen anderen Farbton mehr. Das Geräusch beim Öffnen der Lippenstifthülse, ein leichtes Knacken, hätte sie unter 1000 anderen wiedererkannt. Für Carolina war es der Klang des Luxus.

      Er signalisierte ihr, dass sie es geschafft hatte. Niemand außer ihr selbst hätte das für möglich gehalten.

      Damals, als sie ein dürres, zu lang geratenes Mädchen gewesen war, das mit seiner hellen Haut so gar nicht in ein italienisches Bergdorf zu passen schien. „Wenn meine Mutter mich so sehen könnte“, dachte Carolina bei so mancher Gelegenheit, doch sie verscheuchte diesen Gedanken schnell wieder.

      Stattdessen zog sie ein Kosmetiktuch aus dem Edelstahlbehälter und tupfte vorsichtig über ihr Werk. Noch ein kurzes Lächeln, um eventuelle Lippenstiftspuren auf den Zähnen sichtbar zu machen, dann war sie mit sich und der Welt wieder im Reinen. Carolinas blaue Augen strahlten intensiv und erinnerten an einen Sommerhimmel. Zusammen mit dem roten Lippenstift gab das ihrem Gesicht eine dramatische Wirkung, die durchaus beabsichtigt war. Schließlich hatte Carolina lange nach Kontaktlinsen gesucht, die das wässrig daherkommende Blau ihrer eigenen Augenfarbe intensivierten. Offensichtlich war sie bei ihrer Suche erfolgreich gewesen.

      Entschlossen griff sie zur Pinzette und zupfte ein feines Härchen heraus, das den perfekten Schwung ihrer Augenbrauen störte. Noch war ihr Gesicht annähernd faltenfrei, zumindest unter dem Make Up, das sie trug.

      Dennoch fürchtete sich Carolina vor dem Alter. Beim Gedanken an Krähenfüße, Furchen im Gesicht oder, schlimmer noch, Stoppeln am Kinn, wie sie sie bei Frauen um die 50 schon einige Male gesehen hatte, wurde ihr ganz flau im Magen.

      Ihr fiel ein, dass sie schon lange nichts mehr gegessen hatte. Obwohl ihr Körper nicht dazu neigte, dick zu werden, achtete Carolina streng auf ihre Idealmaße. Nichts fand sie abstoßender, als Menschen mit Doppelkinn, Metzgerarmen und Bauchansätzen. Alleine der Gedanken, sie könne selbst irgendwann aus dem Leim gehen, verursachte ihr Panikgefühle und Atemnot.

      Carolina legte viel Wert auf ihr Äußeres. „Was soll ich mit inneren Werten, wenn man sie von außen nicht sieht?“ war eines ihrer Zitate, das mittlerweile auch in der Öffentlichkeit häufig zu hören war.

      Es war beinahe so etwas wie ein geflügeltes Wort für die Abnehmbewegung geworden. Ein Trend, für den sie durch ihre Arbeit mit verantwortlich war und ihre gute Tat für die Menschheit. Carolina hatte kein Verständnis für Menschen, die nicht auf ihr Erscheinungsbild achteten. In der modernen Zivilisation gab es doch alle Hilfsmittel, die man sich nur vorstellen konnte, um gut auszusehen oder wenigstens gepflegt durchs Leben zu gehen.

      Sie selbst war sich sicher, dass sie in einigen Jahren mindestens zu Botox greifen würde, um ihre Jugendlichkeit zu bewahren.

      Seit ihrem 35. Geburtstag im Februar trug Carolina ausschließlich schwarz. Diese Farbe, so fand sie, verlieh ihr ein apartes, interessantes Aussehen. Schwarz wirkte geheimnisvoll, verführerisch und betonte die Blässe ihrer Haut eindrucksvoll. An den bewundernden Blicken, die ihr oft folgten, wenn sie unterwegs war, erkannte Carolina, wie richtig ihre Entscheidung für diese Farbe gewesen war. Ihr platinblonder, immer exakt geschnittener Kurzhaarschnitt unterstrich ihr androgynes Aussehen und machte das Bild komplett. Sie war innerlich wie äußerlich unverwechselbar.

      Eva

      „Faules! Wo steckst du denn?“ So ein Nerv! Ich runzele die Stirn und rolle meine Augen automatisch zur Zimmerdecke, um mit einer kleinen Zwischenmeditation zu beginnen. Ein Spinnennetz! Zart wogt es hin und her, hin und her. Fast wie ein Pendel, nur fluffliger.

      „Ommmm“ murmele ich leise vor mich hin und atme tief und bewusst aus, um mich noch tiefer in die Entspannung zu bringen. Keine Chance! Ich probiere es nochmal. Bewusst einatmen, ausatmen. Die Spinne schaut in ihrem Netz vorbei. Meine Konzentration ist endgültig futsch und ich bin frustriert. Dieser ganze Entspannungskram funktioniert bei mir nicht die Bohne. Der Ratgeber, den ich mir erst letzte Woche zu diesem Thema gekauft habe, ist absoluter Schrott.

      Das ist schlecht, denn ich brauche dringend Unterstützung!

      Am besten stelle ich mich mal vor. Gestatten: Faules. Eva Faules. Damit geht es schon los. Wie ich meine Entscheidung von damals hasse. Immer noch. Täglich mehr. Und dabei bin ich doch schon fünfzehn Jahre lang verheiratet. Ich bin eine geborene „Glück“, aber ich dumme Nuss habe meinen Mädchennamen damals einfach leichtfertig