Martin Danders

Kurswechsel im Indischen Ozean


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Tagespensum gut schaffen werden. Es befinden sich aber keine verdächtigen Wolken am Himmel, die auf einen Sturm hinweisen. Die Lufttemperatur ist sehr hoch, weil wir uns immer weiter dem Äquator nähern. Allerdings liegen die Kokosinseln noch südlich davon.

      Am Abend stelle ich die Segelautomatik ein, weil der Wind etwas nachgelassen hat. Es sind keine anderen Schiffe zu sehen, sodass keine Kollision zu befürchten ist. Allerdings müssen wir auch hier immer wachsam sein, denn unsere Jacht würde bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Schiff sehr schlecht aussehen.

      Lisa brät ein Nudelgericht in der Pfanne und der leckere Duft zieht in meine Nase. Ich öffne ein kaltes Foster-Bier und bin froh, dass wir jetzt auf dem kürzesten Weg Richtung Heimat segeln. Als ich im Kurzwellenradio einen deutschen Sender suche, finde ich den seriösen Deutschlandfunk, der jetzt von Mallorca aus ausgestrahlt wird.

      Die neusten Nachrichten sagen, dass der Krieg der Religionen mit voller Heftigkeit weiterläuft. Die Amerikaner haben mittlerweile ungefähr neunzig Prozent der Ölfelder in den Golfländern besetzt. Die arabischen Länder haben weiterhin keine militärischen Erfolge und ziehen sich weit in die Wüste zurück. Die Araber haben fürchterliche Anschläge in den NATO-Ländern außer Deutschland angekündigt. In Deutschland sind solche Anschläge natürlich sinnlos, weil dort sowieso schon alles radioaktiv kontaminiert ist. Im Seegebiet im Persischen Golf und vor der somalischen Küste haben Seeschlachten zwischen den NATO-Kriegsschiffen und arabischen Schiffen stattgefunden, die aber die Araber verloren haben.

      Somit haben wir später freie Fahrt und müssen nicht mit den Arabern rechnen. Auch die somalischen Piraten werden sich mittlerweile verkrümelt haben, sodass wir auch von dieser Seite nichts zu befürchten haben. Unsere Jacht hat eine deutsche Fahne, sodass die NATO-Schiffe uns sicherlich erkennen und passieren lassen werden. Ich werde aber trotzdem Abstand von allen Kriegsschiffen halten. Sicher ist sicher!

      Als Lisa mit dem Essen fertig ist, schalte ich das Radio wieder aus. Lisa hat wieder einmal toll gekocht. Zur Feier des Tages öffne ich zum Essen einen australischen Wein. Lisa und ich prosten uns zu und die Gläser klingen dabei. Noch ist alles sehr gemütlich, weil ruhige See ist.

      Auch Tisza bekommt ihr Abendessen, allerdings muss ich ihr wieder beibringen, ihr Geschäft auf dem Vorderdeck zu verrichten. Dies ist gar nicht so einfach, weil sie es mittlerweile schlicht vergessen hat. Ich will hier nicht genauer beschreiben, wie ich es geschafft habe.

      Nachdem Maria im Bett ist, sitzen wir noch sehr lange an Deck. Dann geht Lisa in die Koje, während ich weiter an Deck bleibe, um auf mögliche Schiffe zu achten. Die Segelautomatik lasse ich heute Nacht aktiv, weil wir nur sehr geringen Wind haben. Um Mitternacht gehe ich auch in die Koje, da hier absolut keine Schiffe unterwegs sind.

      Als ich in die Koje krieche, schläft Lisa bereits tief und fest. Ich gebe ihr noch einen Kuss und versuche einzuschlafen, aber es gelingt mir nicht, weil ich etwas angespannt bin. Nach einigen Minuten stehe ich noch einmal auf und schaue, ob auch wirklich keine anderen Schiffe in der Nähe sind. Weil keine Boote zu sehen sind, krabble ich erneut zu Lisa in die Koje und schlüpfe unter die Decke. Tisza legt sich an meine Füße.

      5. Kapitel

      Vier Wochen später erreichen wir die Kokosinseln. Der Segeltörn ist in den letzten Wochen sehr gut verlaufen, ohne Stürme oder sonstige Unannehmlichkeiten. Wir hatten keinen Streit an Bord und haben uns nicht gegenseitig umgebracht, und Tisza hat brav auf dem Vorderdeck ihr Geschäft gemacht. Wir haben unterwegs nur sehr wenige Schiffe gesehen. Manchmal haben uns Delfine stundenlang begleitet. Einmal haben wir auch mehrere Wale gesichtet, die aber im ausreichenden Abstand aufgetaucht und nach einer Verschnaufpause wieder abgetaucht sind. Die Zeit haben wir uns mit Angeln vertrieben, aber das Ergebnis war meistens sehr bescheiden, sodass es relativ wenige Fischmahlzeiten gab.

      Gegen Mittag steuere ich die Jacht ohne Segel mit dem Innenbordmotor in den Hafen von West Island, der Hauptinsel der Kokosinseln. Wir finden einen schönen Liegeplatz in einem Jachthafen und machen das Boot fest. Die Sonne scheint ohne Erbarmen auf uns nieder, weil wolkenloser Himmel ist. Die Lufttemperatur beträgt im Moment 35 Grad Celsius.

      „Wir haben es geschafft!“, sage ich, als die Jacht gesichert ist.

      „Super!“

      „Jetzt sind wir schon fast im bloody old Europe!“

      „Blödsinn! Aber ich finde es sehr gut, wie du es wieder geschafft hast!“

      „Du solltest nicht mich, sondern unsere Jacht loben, denn die lässt sich kinderleicht segeln“, sage ich.

      „Ja, schon! Trotzdem finde ich es toll, dass du die Segeltörns so gut hinbekommst!“

      „Ich werde gleich rot wegen deines Lobes“, antworte ich.

      Die Kokosinseln gehören zu Australien und haben Englisch als Amtssprache. Im Jahr 2010 lag die Einwohnerzahl bei 596. Die Hauptinsel ist West Island und verfügt über einen Flugplatz. Dort leben etwa 150 Einwohner, während etwa 450 weitere Menschen auf einer anderen Insel mit dem Namen Home Island leben. Die übrigen Inseln sind nicht dauerhaft bewohnt. Die Kokosinseln bestehen aus zwei Atollen, die sich im Abstand von 24 Kilometern auf den Spitzen von etwa 5.000 Meter hohen untermeerischen Vulkanen gebildet haben. Sie weisen eine Gesamtfläche von etwa vierzehn Quadratkilometern auf. Der höchste Punkt liegt neun Meter über den Meeresspiegel. Das kleinere nördliche Atoll North Keeling besteht aus einer einzigen Insel. Sie steht unter Naturschutz, denn hier befindet sich eine der größten Brutkolonien von Meeresvögeln im Indischen Ozean, darunter Feenseeschwalben, Rotfußtölpel und Bindenfregattvögel. Das südliche Atoll South Keeling besteht aus 26 Inseln. Die größte Insel West Island ist rund zehn Kilometer lang und etwa einen halben Kilometer breit.

      Die Geologie der beiden Atolle ist relativ einfach zu erklären. Bei einem untermeerischen Vulkanausbruch in 5.000 Meter Wassertiefe hat sich die Lava immer weiter aufgetürmt und abgelagert, sodass unter Wasser zwei Berge entstanden, die später die Meeresoberfläche an zwei Punkten erreicht haben, das spätere südliche und nördliche Atoll. Da der Vulkanismus weiter aktiv war, haben sich die beiden Vulkane über dem Meeresspiegel weiter vergrößert. Später ist der Vulkanismus versiegt, aber die beiden Bergspitzen ragten jeweils einige Hundert Meter aus dem Meer. Die Erosion durch Brandung und Niederschläge hat die ruhenden Vulkane abgetragen, bis das Niveau der Meeresoberfläche wieder erreicht wurde. Gleichzeitig haben sich die beiden Atolle gebildet, aufgrund von schnell wachsenden Korallenstöcken. Von den beiden Vulkanen ist heute oberhalb der Wasseroberfläche nichts mehr zu sehen, aber die beiden Korallenriffe sind noch vorhanden.

      Am Nachmittag gehen wir mit Maria im Kinderwagen und Tisza ohne Leine über die Hauptinsel West Island. Der Spaziergang ist für uns sehr wichtig, damit wir unsere Glieder, die in den letzten Wochen wenig Bewegung hatten, einsetzen können. Es gibt hier noch weniger zu sehen als in Port Hedland. Bei insgesamt nur ungefähr 600 Einwohnern verwundert mich das nicht. Es gibt aber einen Flugplatz, einige Hotels und ein paar Restaurants. Die meisten Leute, die wir hier sehen, sind australische Touristen. Als wir einen Supermarkt finden, geht Lisa hinein, während ich draußen mit dem Kind und dem Hund warte.

      Glücklich, die Beine bewegt zu haben, steigen wir ins Boot. Lisa brät für uns zwei Fische in der Pfanne. Dazu gibt es Pellkartoffeln und Salat. Inzwischen stelle ich die Satellitenschüssel neu ein, da das Boot fest fixiert ist. Somit können wir jetzt unter anderem auch deutsches Fernsehen empfangen. Auf See können wir kein TV schauen, weil sich die Jacht bewegt.

      In der Nachrichtensendung wird erzählt, dass im Zentrum von Paris eine schmutzige Bombe von Terroristen gezündet wurde. Es waren wohl Schläfer, die wegen dem Krieg der Religionen zugeschlagen haben. Die Zahl der Toten steht noch nicht fest, aber sie hält sich nach französischen Behördenangaben in Grenzen. Problematisch ist die radioaktive Verseuchung eines Stadtteils mit dementsprechend vielen Strahlenopfern, die sich wochenlang mit den typischen Symptomen der Strahlenkrankheit herumschlagen. Außerdem