Ekkehart Gämlich

Die endgültige Regelung des Nahost-Konfliktes


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      In dem problematischen Kriegsjahr 1917 war sie ein Instrument, die "quengelnden Zionisten" ruhig zu stellen und sie gleichzeitig taktisch nutzbar zu machen.

      Die Araber stellten schon 1915 / 1916 Forderungen nach einem "eigenen Reich", nach "einem Arabischen Kalifat für den Islam". Kolonialherren, deren Denkweise noch fest im 19. Jahrhundert wurzelte, konnten darin nur eine "bodenlose Unverschämtheit" erkennen:

      Eine Weltmacht, wie Britannien, führt schließlich keinen Krieg gegen die Osmanen, damit sie Arabische Träume erfüllt.

      Obwohl man noch die Unterstützung der Araber gegen die Osmanen suchte, betonte die britische Regierung in einem Brief vom 15.10.1915 an Scherif Hussain hinsichtlich des arabischen Kalifates, dass "die Gebiete westlich einer Linie Damaskus – Aleppo keinen 'rein arabischen Charakter' besäßen". Die Wünsche der Zionisten hinsichtlich Palästinas kamen London also gerade recht.

      Weiterhin deutete sich schon Anfang 1917 an, dass aus den Ideen des 28. Präsidenten der USA , Thomas Woodrow Wilson, den Kolonialherren aller Kolonialstaaten erhebliche Probleme erwachsen würden.

      Nach langem Zögern erfolgte am 6.4.1917 der Kriegseintritt der USA.

      Mit seinen "Vierzehn Punkten" veröffentlichte Wilson im Januar 1918 seine Kriegsziele. "Eine stabile Nachkriegs-Ordnung", ein "System kollektiver Sicherheit", einen "Frieden des gerechten Ausgleichs" und das "Prinzip der Selbstbestimmung der Völker", die sich im "Völkerbund" organisieren, - an dessen Entstehung Wilson maßgeblichen Anteil hatte.

      Dieser große Präsident erhielt 1920 den Friedens-Nobelpreis. Kolonialvölker beriefen sich forthin natürlich auf Wilsons "Prinzip der Selbstbestimmung.-"

      Wegen des Suezkanals, der für die Kolonialmacht Britannien zur damaligen Zeit eine Schlagader von überragender Bedeutung war, konnten solche Bestrebungen in Ägypten überaus gefährlich werden.

      1869 wurde der Suezkanal eröffnet. Schon 1882 fand eine Revolte eines Offiziers statt, der "Urabi-Aufstand". Dieser zwang Briten und Franzosen zu einer Militär-Intervention. Die Briten besetzten danach dauerhaft die Kanalzone und unterstellten 1914 Ägypten ihrem Protektorat.

      Bereits vor 1917 war Unruhe in diesem wichtigen Land wahrnehmbar.

      Wohlgesonnene Zionisten in greifbarer Nähe konnten in dieser Hinsicht von künftigem strategischem Nutzen sein.

      Noch knapp vierzig Jahre später sollte sich diese Strategie – vordergründig und kurzfristig – als äußerst nützlich erweisen. 1956 beging der ägyptische Präsident Nasser die "Todsünde", den Suezkanal zu verstaatlichen. Als alle Verhandlungen, die Verstaatlichung rückgängig zu machen, scheiterten, fielen die beiden ehemaligen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich in einer Luftlande-Operation über dieses souveräne Land her.

      Israelische Bodentruppen näherten sich gleichzeitig über den Sinai dem Kanal. Mitten in Kalten Krieg bekamen beide Weltmächte, USA und UdSSR, "Angst und kalte Füße" und pfiffen gemeinsam die Aktion ab und die Angreifer zurück.

      1918 wurde Palästina von britischen Truppen eingenommen und stand bis zum 31.05.1920 unter britischer Militärverwaltung. Am 1.6.1920 wurde der erste britische Hochkommissar zur Verwaltung des Palästina-Mandates eingesetzt. Britannien hatte also nun Gelegenheit, den Worten der Balfour-Deklaration Taten folgen zu lassen.

       Was aber zwischen den beiden Weltkriegen folgte, war ein höchst peinliches, permanentes Zurückrudern.

      Zwischen 1919 und 1923 folgte eine neue jüdische Zuwanderungswelle. Weitere 35.000 Juden kamen ins Land und provozierten stärker werdenden Widerstand der Araber, der in seiner Heftigkeit von der Mandatsmacht nicht erwartet worden war.

      Man brauchte die Juden nicht mehr. Sie wurden zunehmend zum Störfaktor, weil sie die Aufmüpfigkeit der ohnehin unruhigen Araber anheizten.

      Mit einem 1. "Weißbuch" verordnete der damalige britische Kolonial-Minister Winston Churchill grundsätzlich, dass "die jüdische Einwanderung der Aufnahmefähigkeit des Landes zu entsprechen habe". - Man beachte bitte: "der Aufnahmefähigkeit des Landes zu entsprechen habe" dekretierte Churchill damals, nachdem "weitere 35.000 jüdische Menschen" dort einwanderten, 35.000 !

      1922 lebten etwa 85.000 Juden und etwa 670.000 Palästinenser in Palästina.

      Dann schlug Churchill eine Gesetzgebende Versammlung für Palästina vor. Sie war von zehn Arabern und nur zwei Juden zu bilden.

      Nach wenigen Jahren hatte man sich bereits meilenweit von der Balfour-Deklaration entfernt. Aber es folgte für die Zionisten in Palästina ein ganz besonders "folgenschwerer Hammer".

       Auf einer Konferenz in Kairo 1921 kreierte Churchill den "Pufferstaat Transjordanien". Transjordanien gehörte bis dahin zu dem, was man unter "Palästina" verstand.

      Dieser "Pufferstaat" – heute Jordanien – grenzt im Norden an Syrien, im Nordosten an den Irak, im Osten und Süden an Saudi-Arabien und im Westen an "Rest-Palästina", dem heutigen Westjordanland und Israel. Transjordanien wurde vom Palästina-Mandat des Völkerbundes abgetrennt. Dieser neue Staat unterstand damit also künftig nur direktem britischem Einfluss und war von Britannien finanziell abhängig.

      Damit wurde damals eins der heute unlösbaren Probleme geschaffen.

      Zwei stark wachsende Völker – Israelis und Palästinenser – sollen sich heute ein zu kleines Land teilen, - also eigentlich "Rest-Palästina".

      Das damals existierende Palästina (also das Gebiet einschließlich Transjordaniens) war gedankliche Grundlage der Pläne der ersten Zionisten des 19. Jahrhunderts.

       Ein Palästina mit Transjordanien hätte ausreichend Platz für beide Völker geboten.

       Das heutige Rest-Palästina hat diesen Platz nicht.

      Heute hat Jordanien eine Fläche von 89.342 km². Die Fläche Israels beträgt 22.145 km², die der palästinensischen Autonomiegebiete 6.257 km². Zusammen sind das also 28.402 km² oder knapp 32 % der Fläche Jordaniens.

      Israel hat über sieben Millionen Einwohner und in den Palästinenser-Gebieten leben etwa vier Millionen. Zusammen leben also in diesem Rest-Palästina – schon jetzt - mehr als elf Millionen Menschen.

      Das flächenmäßig dreifach größere Jordanien hingegen hat nur ca. 5,6 Millionen Einwohner, die obendrein zu über 50 % aus Palästina-Flüchtlingen bestehen.

      Tansjordanien entsprach und entsprang ausschließlich rücksichtsloser britisch-imperialer Interessen-Politik. Gegen diese Abtrennung und die anderen Anordnungen Churchills liefen die Zionisten Sturm. Schließlich waren schon damals die Folgen dieser fatalen Entscheidung absehbar.

      Die Mandatsverwaltung stellte ein Ultimatum: 'Entweder akzeptieren Sie, - oder Britannien fühlt sich nicht mehr an die Balfour-Deklaration gebunden.' Da akzeptierte man.

      Dem Kolonial-Minister Churchill steht damit eine Teil-Vaterschaft am Nahost-Konflikt zu.

      Im Sommer 1929 kam es zu arabischen Unruhen mit über 120 getöteten Juden. Die britische Mandatsverwaltung erließ deswegen das "2. Weißbuch" und schränkte den jüdischen Zuzug noch weiter ein.

      1933 erreichte der außenpolitische Leiter der Jewish Agency, C.Arlosoroff, beim Deutschen Reich eine Ausreise-Vereinbarung für Juden aus Nazi-Deutschland. Zwischen 1933 und 1935 trafen daraufhin fast 150.000 neue jüdische Zuwanderer in Palästina ein. Deswegen brach 1936 der arabische Palästinenser-Aufstand aus, der bis 1939 andauerte. Ziel der Araber war die völlige Beendigung der jüdischen Zuwanderung und Gründung eines arabischen Palästinas.

      Im Juni 1937 veröffentlichte eine von der britischen Regierung eingesetzte Kommission unter Leitung von Lord R. Peel (Peel Kommission) einen Vorschlag zur Teilung Palästinas. Dieser Vorschlag sah für einen zu gründenden jüdischen Staat eine Fläche von 5.000 km² vor. Diesem Plan stimmten die