Tisch, der sich als Eßtisch eignete. In der Hütte gab es eine fast vollständig eingerichtete Küche. Seitlich davon eine weitere Bar mit Tresen und hölzernen Barhockern.
„In Namibia nennt man das eine Lapa“, sagte Stephan. „Die Leute dort haben solche Plätze irgendwo auf ihren Farmen, wo sie abends oder am Wochenende hinfahren, um sich zu entspannen, mit Freunden zu grillen und zu feiern. Wenn’s wieder wärmer wird, machen wir das auch. Es ist ganz lustig, das kannst Du mir glauben.“
„Wir haben noch nie gegrillt“, antwortete Nicole leise.
Stephan lächelte sie an. „Na, dann wird’s ja langsam Zeit. Ich wette, es wird Euch gefallen.“
Sie gingen zurück zum Haus. Stephan zog die Tür zum Schwimmbad wieder zu.
„Was ist in dem anderen Gebäude?“ erkundigte Nicole sich.
„Garage, Werkstatt und der Raum für die Gartengeräte. Willst Du’s sehen?“
Nicole nickte.
Stephan führte sie vom Wohnhaus aus durch den zweiten Glasgang hinüber in das Gebäude. In der Garage standen zwei Autos. Eine große Mercedeslimousine älteren Baujahrs und ein VW-Golf der neuesten Baureihe. Der Platz für ein drittes Auto war leer.
Stephan wies auf den Mercedes. „Das war das Auto meines Vaters. Ich benutze es nie, aber irgendwie widerstrebt es mir auch, es zu verkaufen. Der Golf hier ist meiner. Mit dem fahr ich gelegentlich, aber auch nicht sehr oft. Eigentlich nehm ich lieber den Bus. Oder das Fahrrad, wenn das Wetter schön ist.“
Er öffnete die rechte der beiden Türen an der Rückwand der Garage. Dahinter befand sich eine vollständig eingerichtete Werkstatt mit Werkbank und allerlei Maschinen. Das Werkzeug war ordentlich in Reih und Glied an den Wänden aufgehängt. Schrauben und allerlei sonstiges Material und Zubehör befand sich in zahlreichen Schubladenschränkchen, die ebenfalls an den Wänden montiert waren.
„Das ist die Werkstatt. Ich benutze sie so gut wie nie. Die Schrauberei ist nicht so mein Ding“, erklärte Stephan. „Der Gärtner arbeitet oft hier drin. Manchmal auch mit einem Kollegen oder Kumpel zusammen. Mir ist das ganz recht. Dann werden die Sachen hier wenigstens benutzt.“
Durch die andere Tür an der Garagenrückwand gelangten sie in einen weiteren Raum, in dem allerlei Gartengeräte untergebracht waren, darunter auch ein kleiner Traktor, der im Sommer als Rasenmäher und Kehrmaschine und im Winter als Schneepflug eingesetzt werden konnte.
„Mit dem ganzen Zeug hier hab ich gar nichts zu machen“, sagte Stephan lachend. „Ich hasse Gartenarbeit aus tiefster Seele. Drum hab ich auch diesen tollen Gärtner, der den ganzen Laden hier in Ordnung hält.“
Nicole vermochte nur zu nicken. Schweigend gingen sie wieder zurück ins Haus. Stephan nahm sie mit ins Wohnzimmer.
„Setz Dich. Was möchtest Du trinken?“
Nicole setzte sich auf die Kante eines Sessels.
Stephan stellte sich vor sie hin. „Mein Gott, Mädchen, jetzt entspann Dich mal“, sagte er lächelnd. „Du bist ja völlig mit den Nerven runter. Das ist ja nicht mit anzusehen.“
Kopfschüttelnd ging er hinaus. Wenig später kam er zurück mit einer Piccoloflasche und zwei Gläsern. Er öffnete die Flasche, schenkte ein und gab ihr eins der Gläser in die Hand.
„Paß auf, das trinkst Du jetzt, das wird Dir guttun. Dann essen wir was, und dann räumen wir Deine Sachen ein. Und Kevins gleich mit. Damit er sofort weiß, daß er hier zu Hause ist, wenn er morgen aus dem Krankenhaus kommt. Okay?“
Er setzte sich ihr gegenüber auf eine Couch. Sie stießen miteinander an.
„Auf Euch beide, und daß es Euch hier gefällt“, sagte er.
Statt zu trinken, fing sie an zu weinen. Stephan nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es zusammen mit seinem eigenen auf den Tisch.
Er wollte sich neben sie setzen, aber sie sprang auf und lief davon. Erschrocken stand er ebenfalls auf. „Mein Gott, Nicole, ich tu Dir doch nichts.“ Er ging um den Tisch herum. „Komm her und setz Dich wieder.“
Zögernd kam sie zurück. Stephan achtete darauf, genügend Abstand zu dem Mädchen zu halten, als er ihr von Neuem das Glas hinhielt. Sie nahm es ihm aus der Hand und trank einen winzigen Schluck.
„Setz Dich, Mädchen, um Gottes Willen.“
Gehorsam ließ sie sich wieder auf der Couch nieder. Verlegen sah sie zu Boden und drehte das Glas in der Hand.
Stephan betrachtete sie nachdenklich. Was hatte er getan? Wen hatte er sich da ins Haus geholt? Im Moment war das Mädchen völlig verschüchtert. Aber das würde ja nicht immer so bleiben. Hoffte er zumindest. Und wie würde sie sich dann entwickeln? Unwillkürlich tauchte das Bild seiner Schwester in seinem Kopf auf. Sie war vierzehn als sie starb. Im Allgemeinen hatten sie sich gut verstanden. Nur manchmal, wenn sie zickig war, wurde der Ton zwischen ihnen etwas lauter. Aber oft kam das nicht vor. Einmal mehr wurde ihm bewußt, wie sehr er sie vermißte. Hatte er Nicole hierhergeholt, damit sie ihm die Schwester ersetzte? Nein, niemals. Niemand würde Carmen je ersetzen können. Nicole war Nicole und nicht Carmen. Aber was war das fremde Mädchen dann? Sein Schützling, vorerst jedenfalls. Solange sie sich entschloß, bei ihm zu bleiben. Aber ein Schützling war etwas wenig persönliches. Was also sonst? Seine Tochter bestimmt nicht. Schließlich war sie nur sechs Jahre jünger. Obwohl, ein bißchen hatte er schon das Gefühl. So hilflos, scheu und eingeschüchtert wie sie dasaß, überkam ihn schon der Drang, sie einfach in die Arme zu schließen, wie sein Vater es mit Carmen oft gemacht hatte, wenn sie irgendwelchen Kummer hatte.
Nicole riß ihn aus seinen Gedanken. „Was starrst Du mich so an?“ fragte sie aggressiv.
Stephan zuckte zusammen und lehnte sich zurück. Er versuchte ein Lächeln. „Du, entschuldige, tut mir leid, ich wollte das nicht, aber ich mußte gerade an jemand denken.“
„Aha, und an wen?“
Er winkte ab. „Vergiß es.“ Er nahm sein Glas in die Hand. „Trinken wir einen Schluck.“
„Was ist das eigentlich?“ fragte sie.
„Champagner“, antwortete Stephan. „Normalerweise gibt’s sowas nur zu besonderen Anlässen. Und heute ist so ein besonderer Anlaß, fand ich. Außerdem wirkt das Zeug anregend und macht fröhlich. Und das kannst Du ja gebrauchen, oder?“
Sie probierte einen weiteren kleinen Schluck. Lächelnd sah sie ihn an. „Schmeckt gut“, stellte sie fest.
Er stellte das Glas ab und nahm die Hände hoch. „Na siehst Du, es wirkt schon. Wenigstens lächelst Du.“
Sie entspannte sich ein wenig.
„Es ist schön hier“, stellte sie nach einer Weile fest. Und dann: „Ich hab Hunger.“
Stephan nickte. „Ich auch. Ist ja auch kein Wunder. Wir haben ja den ganzen Tag nichts gegessen.“ Er stand auf. „Dann wollen wir mal sehen, was da ist. Leider haben wir wieder vergessen, was einzukaufen. Aber ich denke, es wird schon reichen. Magst Du mit in die Küche kommen?“
Sie nickte.
In der Küche inspizierten sie zusammen den Inhalt des Kühlschranks.
„Hm“, meinte Stephan, „gibt nicht viel her. Aber ich hab eine Idee. Magst Du Bratkartoffeln?“
Nicole sah ihn an. „Ja, schon.“
„Na gut, dann mal los.“
Er schälte Kartoffeln, würfelte sie in eine Pfanne, gab Speck und Zwiebeln dazu und klein geschnittene Fleischwurst. Zum Schluß, als die Kartoffeln gar und knusprig gebraten waren, schlug er zwei Eier darüber und mischte sie unter.
„Fertig“, verkündete er. „Nicht gerade ein Festessen, aber ich eß das sehr gerne. Hoffentlich schmeckt’s Dir auch.“ Er füllte die Kartoffeln aus der Pfanne in eine Schüssel und stellte sie auf den Tisch.
„Wird