Jörg Müller

Meier im Quadrat


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lange, aber ich verspreche euch, dass ich euch nie enttäuschen werde. Gleich morgen werde ich damit beginnen, eine Aufstellung mit den notwendigen Utensilien für das Labor zusammenzustellen. Ich bin zuversichtlich, dass die ersten Folien Anfang Januar fertig sind.“

      Am nächsten Morgen flog Hans zurück nach Deutschland und Gregori stürzte sich in seine Arbeit. Mikael nahm Kontakt zu namhaften Chemikern und Hygieneinstituten auf.

      Zurück in Deutschland setzte sich Hans mit seinem Chef und seinem Freund Heinz zusammen. Heinz Meier legte eine erste Ergebnisprognose für das bald zu Ende gehende Geschäfts- und Kalenderjahr vor. Auch dieses Jahr reihte sich nahtlos in die Erfolgsgeschichte der Maschbau GmbH ein und Harry Menzel überwies seinen beiden besten Mitarbeitern eine mehr als angemessene Prämie. Anschließend stellten die beiden Meier die Planzahlen für das Folgejahr vor.

      In der zweiten Januarwoche meldete sich Mikael bei Hans:

      „Der Russe ist soweit. Wir haben schon die ersten Versuche vorbereitet. Wann kannst du hier sein? Ich lasse dich abholen.“

      Zwei Tage später betrat Hans in der Nähe von Helsinki die Halle, in der die Versuche durchgeführt werden sollten. Gregori hatte nicht zu viel versprochen. Die Folie war eine echte Sensation. Mitte Februar lagen alle Unbedenklichkeitsbescheinigungen für den Einsatz der Folie und des dazugehörigen Lösungsmittels für den Transport von Lebensmitteln aller Art vor. Hans rief daraufhin den Privatsekretär des Caballeros an, um einen Termin zu vereinbaren. Und schon zwei Tage später empfing ihn der Araber in seinem Haus zum Abendessen. John, der Butler, nahm Hans in Empfang.

      Beim Essen war wieder Fußball das Hauptthema. Anschließend setzten sich die beiden an den kleinen Tisch und der Caballero zündete sich eine wohlriechende Zigarre an.

      „Ich bin sehr neugierig, Herr Meier. Ich nehme an, dass Sie einen besonderen Grund haben, mich zu besuchen.“

      Hans nickte und begann, dem Araber das Patent des Russen, das Potenzial dieses Patentes und die Familie Nielsson vorzustellen. Als er seine Ausführungen beendet hatte, stand der Caballero von seinem Stuhl auf und ging im Zimmer auf und ab. Hans konnte seine Erregung förmlich spüren.

      „Ich muss erst einmal alles verarbeiten, was ich gerade von Ihnen gehört habe. Wenn ich es nicht aus Ihrem Mund gehört hätte, würde ich es nicht glauben. Wann kann ich die Folie sehen?“

      „Jederzeit.“

      „Ich bin gleich wieder zurück.“

      Im nächsten Augenblick verließ der Caballero das Zimmer. Fünf Minuten später kam er zurück. Er war nun wieder ganz entspannt.

      „Mein Flugzeug wird uns morgen um 11.00 Uhr von London nach Helsinki fliegen. Ist das für Sie in Ordnung?“

      „Kein Problem.“

      „Gut, mein Chauffeur wird Sie nun zu Ihrem Hotel bringen und morgen früh abholen. Guten Abend.“

      Hans telefonierte im Hotel lange mit Mikael, der am nächsten Tag alles für den Gast aus London vorbereiten ließ.

      Helsinki zeigte sich von seiner besten Seite: blauer Himmel, windstill und 0° C. Mikael hatte einen angemessenen Transfer organisiert. Der Caballero, Mikael und Hans trafen sich zu einem ersten Gespräch in einem kleinen Seminarraum eines Hotels. Der Caballero musterte Mikael ganz offen. Er hatte bis zum heutigen Tag noch keinen Kontakt mit einem blonden Riesen in einer für ihn unwirklichen Welt.

      Mikael wartete einige Zeit. Dann ergriff er das Wort:

      „Herzlich willkommen bei uns in Finnland, Herr Unbekannt. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit es Ihnen bei Ihrem ersten Besuch bei uns in Finnland gefällt.“

      Der Caballero lächelte den großen Finnen an:

      „Vielen Dank für den freundlichen Empfang. Ich bin Herrn Meier dankbar, dass er mich begleitet und auf diesen warmherzigen Empfang vorbereitet hat. Ich weiß, dass man mich den Caballero nennt. Ich habe wichtige Gründe, meinen richtigen Namen nicht zu nennen. Ich akzeptiere daher die Anrede Caballero.“

      „Also dann noch einmal von vorne: Herzlich willkommen in Finnland, Herr Caballero.“

      Dann aßen die drei zu Abend. Der Koch hatte sich alle Mühe gegeben, auf den besonderen Geschmack des Gastes einzugehen, und das Ergebnis war ausgezeichnet.

      „Bitte richten Sie dem Koch mein Kompliment aus. Ich fühle mich wie zu Hause.“

      „Herr Caballero, wir haben für Sie ein kleines Programm vorbereitet, das wir nun mit Ihnen abstimmen wollen. Zuerst besuchen wir morgen nach dem Frühstück das Labor, wo Sie sich ein Bild von der Folie machen können. Im Anschluss daran fahren wir zu einem Schiff, in dessen Tank die Folie auf einer Versuchsfläche aufgetragen worden ist, damit Sie sich auch davon ein Urteil bilden können. Vor Ihren Augen werden wir dann die Folie im Tank wieder auflösen und mit normalem Leitungswasser entfernen, ohne dass dann noch Rückstande im Tank verbleiben. Übermorgen fliegen wir mit unserem Flugzeug nach Lappland, wo ich Ihnen meine Familie vorstellen möchte. Meine Familie ist nämlich neugierig, den Mann kennenzulernen, mit dem wir eventuell das größte Geschäft in der Geschichte unseres Familienunternehmens abwickeln werden. Zu Ihrer Information: Das Wetter in Lappland ist ähnlich schön wie hier in Helsinki. Es ist mit -25° C nur ein kleines bisschen kälter als hier.“

      Der Caballero war sichtlich irritiert. Aber dann besann er sich wieder auf die Unterhaltung mit Hans Meier während des Fluges nach Helsinki. Hans hatte ihm erklärt, dass ohne die Einbindung der Familie kein Geschäft mit dem Finnen möglich war und die Gastfreundschaft in Lappland den gleichen Stellenwert wie in der arabischen Welt hatte. Die zu dieser Jahreszeit in Lappland herrschenden Temperaturen hatte Hans nicht erwähnt.

      „Ich freue mich darauf, an Ihrem kleinen Programm teilnehmen zu dürfen und werde mir gleich morgen früh die passende Kleidung für den Ausflug nach Lappland zulegen. Ich baue dabei auf Ihre Unterstützung.

      Vereinbarungsgemäß holte Mikael den Caballero und Hans nach dem Frühstück ab. Nach dem Besuch eines Bekleidungsgeschäftes fuhren die drei weiter zum Labor. Dort stellte Mikael dem Caballero als erstes Gregori Gregorowitsch vor. Gregoris Augen leuchteten vor Stolz, und er nahm den Araber sofort in Beschlag. Bald hatten die beiden alles um sich herum vergessen. Egal, was der Caballero fragte, Gregori hatte auf alles die passende Antwort. Nach einer Stunde näherten sich die beiden wieder Mikael und Hans.

      „Herr Meier, meine Erwartungen werden übertroffen. Es ist mir eine Ehre, einen so großartigen Wissenschaftler wie Herrn Gregorowitsch kennenlernen zu dürfen. Besuchen wir bitte nun das Schiff, in dem die Folie bereits eingebaut worden ist.“

      Am Abend saßen der Caballero, Mikael und Hans wieder beim Abendessen zusammen. Auf Wunsch des Caballeros leistete ihnen der Russe Gesellschaft.

      Am nächsten Morgen flogen Mikael, Hans und der Caballero nach Lappland. Die Sicht war gut und so bot sich dem Araber ein für ihn bis dato völlig unbekanntes Bild. Die ganze Landschaft, die unter ihnen vorbei glitt, war weiß. Der Caballero fühlte sich an die weiten Wüsten in seiner Heimat erinnert.

      „Was glitzert denn dort unten an so unendlich vielen Stellen?“

      „Das ist das Eis auf den über 40.000 Seen, die wir in Finnland haben.“

      Der Caballero war überwältigt. Dieser Wasserreichtum raubte ihm fast den Verstand.

      Am Flughafen angekommen, wurden die drei schon erwartet. Es war das gleiche Empfangskomitee wie bei Hans‘ erster Ankunft. Besonders die beiden Kinder Lotta und Kristina konnten ihre Neugierde nicht verbergen und strahlten den Gast aus Arabien an. Da die Erziehung des Caballeros europäisch geprägt war, ging er sofort auf die vier zu und begrüßte sie mit seiner ihm eigenen Mischung aus perfekten Umgangsformen und einer leichten Distanz. Den beiden Kindern gefiel der elegante Fremde mit dem dunklen Teint und den schwarzen Augen sofort. Sie nahmen ihn in die Mitte und führten ihn zu den bereitstehenden Autos. Der Caballero folgte den beiden jungen Damen mit sichtlicher Freude.