Brigitte Brandl

Malverde


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Lautsprecher ins Fenster gestellt, wohl in der Annahme, dass dem Ganzen noch etwas Musik fehl­te. So schallten die Cumbias und Vallenatos mit ihren Ak­kordeon- und Klarinetten-Einla­gen über den Marktplatz. Die Kirchenglocken schlugen erst vier-, dann achtmal; der Markt in Casillas del Bosque war eröff­net.

      Als Piet und Acacio am frühen Abend zurückkamen, war das Treiben kaum weniger geworden. Zwar waren die meisten Waren verkauft, doch dachte niemand dar­an, gleich nach Hause zu gehen. Die Männer und Frauen standen zusam­men, unterhiel­ten sich und verspotteten feixend die anderen Händler, die zu­frieden die Scheine zählten. Flor de Maria hatte Bier aus der Cantina gebracht, und nun hockten die Bauern neben ihrem Stand auf dem Boden und ver­gnügten sich beim Bier und einem Würfelspiel.

      Er brauche noch braunen Zucker, sagte Acacio und ließ Piet wieder ste­hen. In diesem Moment raste ein Gelän­dewagen um die Ecke di­rekt auf den Marktplatz zu. Aus dem Wagen her­aus wurde in die Luft geschossen, und die Leute sprangen schreiend ausein­ander. Sie brachten sich in den Seitenstraßen in Sicherheit, und die Händler duckten sich hinter ihren Waren. Der Wagen hielt mitten auf dem Markt­platz, be­waffnete Männer in Tarnklei­dung sprangen heraus und stellten sich um das Fahrzeug, in Sichtweite der Bewoh­ner. Dann trat einer vor, offenbar der An­führer, ging zu einem der Stände und stieß mit dem Stiefel an eine der Holzstangen, so dass diese umkippte und der Stand unter dem roten Sonnenschutztuch begraben war. Durch die Wucht der aufschlagenden Stange geriet das Metallge­stell aus den Fu­gen und brach scheppernd zusammen. Zitronen, Kartoffeln und Limonen rollten unter dem Tuch auf den Marktplatz. Die Männer in den Tarnanzügen brachen in Gelächter aus und der Anführer schoss in die Luft.

      Acacio hatte die ganze Zeit regungslos auf dem Platz gestanden. Jetzt ging er auf den Anführer zu und wies auf den einge­stürzten Marktstand.

      „Was soll das, Gabriel?“ zischte er ihn an. „Warum hast du den Stand zusammengetreten?“

      „Damit sie ihn wieder aufbauen können, flaco!“ höhnte der Gueril­lero, „da sterben sie schon nicht dran.“ Seine Männer fingen auch wieder an zu la­chen.

      Acacio fixierte den Mann, der um einiges älter war als er selbst, mit weit aufgerissenen Augen. Dann schrie er: „Du baust den Stand wieder auf, hijo de puta!“

      Es schien, als hielte alles den Atem an. Gabriel hatte seine Waffe sinken lassen und starrte auf den jungen Mann vor ihm.

      Acacio trat näher. „Hast du mich verstanden? Bau den Stand wieder auf!“

      Gabriel kniff die Augen zusammen. Man konnte deutlich sehen, wie sich sein Brustkorb unter seinem Atmen hob und senkte, und er nahm nicht eine Sekunde den Blick von dem schmalen Kerl mit den langen schwarzen Haaren, der ihn hier vor aller Welt lächerlich machte. Er setze an, die Waf­fe zu heben, aber weiter kam er nicht. Acacios Arm schnell­te vor, und der Schlag traf Gabriel mitten ins Gesicht. Er ließ die Waffe fallen und taumelte, aber Acacio packte ihn am Gürtel, zog ihn zu sich und wollte ihm noch einen Schlag verpas­sen. Doch Gabriel rap­pelte sich wieder auf, packte Acacio bei den Schultern und warf ihn auf den Boden.

      „Varela, das hättest Du nicht tun dürfen,“ brüllte er. Aber Acacio zog ihn im Fallen mit sich, und nun wälzten sich beide ineinander verkeilt auf dem Boden des Marktplatzes. Ihre Schläge und Stöße trafen unter lautem Stöhnen und wüsten, heraus gepressten Beschimpfungen, die Gesichter rot von Hass und Wut. Gabriels Männer standen mit gezogenen Waffen da, aber sie trauten sich nicht zu schießen aus Angst, in dem Gerangel ihren Anführer zu treffen. Der hatte gerade die Oberhand über sei­nen Gegner gewonnen, saß auf dessen Brust und holte zum finalen Schlag aus. Aber da zog Acacio blitzschnell seine Beine an und rammte Gabriel die Kniescheiben in den Rücken. Der Guerillero bog das Kreuz durch, schloss für Sekunden die Augen. Aber das genügte Acacio, um ihn von sich runter zu werfen und ihm im Drehen seine Faust in den Magen zu rammen. Ga­briel rollte zur Seite und krümmte sich vor Schmerz. Acacio trat die Waffe zwischen die Markstän­de. Gabriel hatte sich in­zwischen aufgerichtet. Er sah Acacio nicht an son­dern schleppte sich röchelnd und mit wackligem Schritt auf den Jeep zu.

      Acacio ballte die Faust und schrie ihm hinterher: „Du kannst uns schlagen, treten, und tyrannisieren, Gabriel Ber­mudez, du kannst uns sogar töten! Aber wenn wir weg sind, gibt es noch tausende Andere und ihr werdet dieses Land nie­mals bekommen, niemals, niemals!“

      Piet hatte mit angehaltener Luft zugesehen. Alles war so schnell gegangen, er hatte kaum ausmachen können, wer jetzt gerade wen schlug. Jetzt stand Acacio da und drohte einem von Schwerbewaffneten Begleiteten, als hätten die bes­tenfalls Wasserpistolen dabei! Lober traute seinen Augen nicht, und spürte, wie die Angst ihm den Schweiß über den Rücken trieb.

      Acacio drehte sich um und stapfte mit rotem Kopf, blutender Nase und zer­zausten Haaren schwer atmend an Piet vorbei auf das Haus von Ana Herrera zu.

      Es dauerte lange, bis Piet die Szene verarbeitet hat­te. Er lag auf seinem Bett und in seinem Kopf drehte sich al­les. Wo war er hier hinge­raten? Himmelherrgott, da stehen Ty­pen mit Maschinenpistolen! Und der geht einfach hin und schreit sie zusam­men! Dann prügelt er sich mit dem Anführer, und.... Piet griff nach dem Tele­fonhörer. Zuhause war es jetzt kurz nach Mitter­nacht...„Henning?“ Er schnappte noch immer nach Luft.

      „Ja?“

      Piet setzte sich gerade auf und konzentrierte sich auf die Stimme. „Hi, Dicker, schön, dass Du noch wach bist!“

      „Ach du Schande, unser Kolumbianer,“ Henning kicherte, “du hörst dich an, als hättest du den Pico Cristóbal Colón bestiegen!“

      „Der ist ganz woanders. Und - bitte jetzt keine Witze, mir ist nicht danach.“

      „Also gut,“ Henning gluckste immer noch. „Was hat er jetzt wieder angestellt?“

      Lober kniff die Augen zusammen und plapperte los. „Du machst Dir kein Bild, Dicker, du machst Dir echt kein Bild! Ei­gentlich wollte er nur Zucker kaufen gehen, auf dem Markt. Dann kamen da aber zufällig ein paar von diesen vagabundieren­den Gue­rilleros und wollten Stress machen. Auf dem Marktplatz! Acacio hat gemeint, er müsse sich mit dem Anführer anle­gen. Also hat er sich zuerst mit Gabriel vor allen Leuten auf dem Marktplatz geprügelt, und jetzt geht er es seiner Ana besorgen. Henning, ich bin echt in der Steinzeit gelandet!“

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