gegen die Alliierten aus Bayern und Österreich.
Nach diesem brutalen Gemetzel wachte Foch in der Nacht regelmäßig schweißgebadet auf, weil die Fratze des Krieges ihn in seinen Träumen verfolgte. Fallende Soldaten mit fehlenden Gliedmaßen, abgerissen von den Kanonenkugeln der feindlichen Truppen. Begleitet vom unheimlichen Rhythmus der Trommeln, der zum Angriff rief, vermischt mit dem Knallen der Mörser und Flinten und den Schreien der Verwundeten. Dazu kam der Pulvergestank, der einem fast den Atem raubte und unaufhörlich in den Augen brannte. Und er, Foch, mittendrin. Im Chaos gefangen, an seinem jämmerlichen Leben hängend. Besudelt mit Matsch, Blut und Urin. Er konnte von Glück reden, dass er diese Schlacht überlebt hatte. Tausende seiner Kameraden hatten dieses Glück nicht.
Nach dem Frieden von Lunéville am 09. Februar 1801 wurde Foch in der Departement-Hauptstadt Koblenz stationiert. Hier ging es etwas ruhiger zu.
Frankreich hatte seine Ostgrenze bis zum Rhein hin erweitert, was durch den Frieden von Lunéville anerkannt wurde. Die wichtigste Wasserstraße Mitteleuropas stellte jetzt die unmittelbare Grenze dar zwischen Frankreich und den jeweiligen Fürstentümern Deutschlands. Nun saßen sich die ehemaligen Feinde direkt gegenüber und beobachteten misstrauisch das Verhalten ihres verhassten Nachbarn.
Foch war froh, dass die Waffen endlich schwiegen. Zu sehr hing er an seinem Leben, als es aus Patriotismus herzugeben, von dem letztendlich er persönlich nichts hatte. Aber nicht nur der offene Kampf barg Gefahren in sich. Auch die Besatzung hielt Überraschungen bereit, die für Leib und Leben gefährlich werden konnten.
Über ein Jahr verbrachte er schon in der achttausend Einwohner zählenden Stadt. Morgens ging es zum Appell, danach zum Drill, oder zum Wachdienst. Seine freien Tage verbrachte er gerne in Tavernen, frönte dem Alkohol und dem Weibe.
An einem verregneten Apriltag im Jahre 1802, sollte sich sein Soldatenleben grundsätzlich verändern.
Foch war seit zwei Wochen einer Einheit zugeteilt, die sich 20 km vor den Toren Koblenz in einem Feldlager befand. Er war gerade dabei Latrinen vor dem Lager auszuheben, als er einen Trupp französischer Soldaten aufs Lager zureiten sah. Schon länger gingen Gerüchte im Lager umher, dass eine Abteilung direkt aus Paris auf dem Wege nach Koblenz sei. Mit Befehlen von Napoleon selbst für den Koblenzer Präfekten Adrien de Lezay-Marnesia. Normalerweise scherten Foch die Belange der Großen wenig. Er konzentrierte sich mehr auf sich selbst, aufs eigene Überleben. Aber hier und jetzt wo er mit einer Schaufel bewaffnet in einem Graben stand und der Regen ihn schon komplett durchnässt hatte, entstand eine seltsame Neugier in ihm als er die Abteilung Soldaten sah. War es der Instinkt vergangener Jahre, der ihn wachrüttelte, wenn es darum ging als Kind fette Beute zu machen, um zu überleben? Oder war es einfach die groteske Situation die dort vor ihm ablief?
Der Trupp bestand aus 20 Soldaten zu Pferd, die eine Kutsche flankierten und somit zum Mittelpunkt der Gruppe machten. Auf dem Bock saß ein junger Soldat niederen Ranges, der sichtlich erschöpft die Zügel hielt. Die Fenster der Kutsche waren durch Vorhänge zugezogen, so dass man keinen Einblick ins Innere hatte. Hinter der Kutsche befand sich ein Chef d’Escadron der sichtlich angespannt wirkte.
Foch kam es vor als ob dieser unmittelbar mit einem Angriff rechnete. Dennoch schien der Offizier sich immer mehr zu entspannen, je näher er dem Lager kam. Als der Trupp unmittelbar an Foch vorbeizog wurde der Vorhang des Kutschenfensters beiseite geschoben und ein Kopf lugte nach draußen, um wohl nachzusehen, ob man bald am Ziel sei. Foch fiel auf, dass es sich auch hier um einen jungen Soldaten handelte. Als der Chef d’Escadron den neugierigen Soldaten erblickte, wies er diesen durch ein schroffes Kommando an, den Kopf wieder einzuziehen und den Vorhang zu schließen. Foch sah deutlich die Nervosität im Gesicht des Chef d’Escadron. Dies war keine normale Depesche für den Präfekten. Das stand fest. Unter einem Vorwand meldete sich Foch bei seinem Korporal ab und folgte dem Trupp ins Lager, um zu sehen was geschehen würde.
Der Chef d’Escadron ließ direkt vor dem Zelt des Lagerkommandanten halten. Dann gab er weitere Befehle an seine Soldaten, die daraufhin absaßen und die Pferde versorgten. Auch die Kutsche wurde zu den Pferdeplätzen gebracht.
Der Chef d’Escadron saß ebenfalls ab, nahm seine zwei Satteltaschen vom Pferd, wuchtete sich diese über die Schultern und ging zum Zelt des Lagerkommandanten. Dann meldete er den Wachen seine Ankunft, die ihn sofort zum Kommandanten vorließen.
Mittlerweile hielt die Dämmerung Einzug. Vermischt mit dunklen Wolken und starken Regen, waren die Sichtverhältnisse stark gemindert. So stapfte Foch durch den aufgeweichten Boden bis kurz vors Zelt des Lagerkommandanten. Dann schlug er einen Haken, um von den Wachen nicht bemerkt zu werden und schlich sich so an die Zeltrückwand um zu lauschen. Der prasselnde Regen, der auf die Zeltplane fiel, schien dies fast unmöglich zu machen.
Aber dennoch konnte Foch die sonore Stimme des Lagerkommandanten Lefèvre hören.
»Es tut gut dich zu sehen, mein Freund La Fayette.«
»In der Tat«, entgegnete der Chef d’Escadron.
»Hier nimm platz«, hörte Foch den Lagerkommandanten sagen.
»Möchtest du einen Schluck Cognac zum aufwärmen?«
»Hört, hört. Echten Cognac in der tiefsten Provinz?«, scherzte La Fayette.
»Das sind die kleinen Vorteile, wenn man Commandant ist.«
Foch versuchte einen Blick ins Innere zu erhaschen, indem er sich die Verbindung zweier Zeltwände mit Lederriemen zu Nutze machte und den Schlitz zwischen ihnen ein wenig weitete. Nur soviel, um nicht entdeckt zu werden. Dann sah er ins Innere.
Das Zelt war für einen Lagerkommandanten eher spartanisch eingerichtet. Die Offiziere saßen an einem kleinen Schreibtisch, flankiert von der Trikolore. Landkarten lagen zusammengerollt auf einem kleinen Regal, was in der Ecke stand. Das Nachtlager konnte Foch durch den schmalen Schlitz nicht erkennen. Er vermutete es direkt vor sich hinter der Zeltplane.
Lefèvre stellte zwei Gläser auf den Schreibtisch. Dann öffnete er die Schreibtischtür und zog eine Flasche Cognac hervor. Stolz präsentierte er seinem Freund das edle Getränk, der es wohlwollend zur Kenntnis nahm. Der Lagerkommandant füllte die Gläser.
»Es ist lange her, dass wir so zusammengesessen haben«, sagte La Fayette und griff nach seinem Glas.
»Ja, über ein Jahr. Bei den Friedensverhandlungen in Lunéville«, erinnerte sich Lefèvre. Er nahm sein Glas und stieß mit La Fayette an. Genüsslich tranken sie einen Schluck.
Foch blickte neidisch auf ihr Tun. Nur allzu gerne hätte er den Cognac gekostet.
»Was ist eigentlich aus der Kleinen geworden, die du damals kennen gelernt hat?«
»Du meinst Josefine?«
»Ich meine die dralle Blondine mit dem üppigen Dekolleté.«
»Du meinst Josefine!«, stellte La Fayette amüsiert fest.
»Ja und?«
»Ich habe sie vor einem halben Jahr geheiratet.«
Lefèvre riss überrascht die Augen auf. »Ist es denn die Möglichkeit? Der größte Bettenhüpfer von ganz Paris hat sich einfangen lassen.«
»Irgendwann holt einen die Liebe halt ein.« La Fayette lehnte sich zurück und sah versonnen auf die goldbraune Flüssigkeit in seinem Glas.
»Aber der Liebe wegen muss man nicht gleich heiraten.«
La Fayette löste den Blick vom Glas und sah zu seinem Freund. »Dieses mal ist es etwas anderes. Es ist keine Liebelei. Ich möchte mit Josefine alt werden und Kinder haben. Am besten einen ganzen Stall voll.«
»Ich erkenne meinen alten Freund nicht wieder. Er ist sittsam geworden«, sagte Lefèvre in gespielt spöttischem Ton.
La Fayette musste lächeln. »Vielleicht.«
»Na, dann wünsche ich euch eine glückliche Zukunft. Santé.« Lefèvre hob sein Glas zum Gruß und trank.
La Fayette tat es ihm gleich. Dann wurde seine