Christine Boy

Sichelland


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schmiedet.“

      Das Essen verlief schweigsam. Nur Akosh lobte gelegentlich Saras Kochkunst und dass Lennys dem nicht widersprach, war für die Novizin das größtmögliche Lob. Als der Schmied sich anschickte, wieder seine Werkstatt aufzusuchen, rief Lennys ihn aber noch einmal zurück.

      „Suche mir morgen einen Boten. Ich habe eine Nachricht nach Elmenfall zu schicken.“

      „Zu Menrir?“

      „Er müsste nachkommen, wir können nicht auf ihn warten. Aber er hat Freunde im Mongegrund und vielleicht würden uns seine Kontakte nützen. Wenn er aber lieber zu Hause bleiben will, werde ich es ihm nicht verwehren. Mir wäre es ohnehin am liebsten, allein zu reisen.“

      Weder Akosh noch Sara ließen sich anmerken, ob sie sich die letzte Bemerkung zu Herzen nahmen.

      Nachdem der Schmied den Raum verlassen hatte, begann Sara, das Geschirr zusammenzustellen. Mitten in einer Bewegung hielt sie inne und sah Lennys an, die immer noch schweigend und mit ausdrucksloser Miene am Tisch saß.

      „Es tut mir leid, dass ihr meinetwegen so viel Zeit verliert.“ sagte sie schließlich.

      „Das muss dir nicht leid tun. Ich hätte dich ja nicht mitnehmen müssen.“ antwortete Lennys gleichgültig. „Außerdem tut Akosh ein wenig Übung ganz gut und auf diese beiden Tage sollte es jetzt nicht ankommen. Es ist jetzt sowieso zu spät, sich darüber Gedanken zu machen. Und Akosh muss auch noch in die Sümpfe gehen, bevor wir aufbrechen. Ich habe ihm zwar gesagt, dass er darauf verzichten muss, wenn die Zeit nicht reicht, aber ich kann ihm nicht zwei Tage gewähren um meiner Dienerin einen Säbel zu schmieden und ihm gleichzeitig einige Stunden abschlagen, die er braucht, um seinen Kelch und seine Sichel zu holen.“

      „Ist es nicht.... etwas auffällig, wenn er die Sichelklinge trägt? Jeder wird ihn doch sofort als Cycala erkennen...“ gab Sara zu Bedenken.

      „Er wird sie nicht offen tragen. Ich glaube ohnehin nicht, dass er sie mitnimmt, Akosh war immer eher ein Freund des Shajkans. Die Sichel ist eine tödliche Waffe und jedem Säbel überlegen, doch der Umgang mit ihr ist um ein Vielfaches schwerer und nur wenige beherrschen ihn. Akosh ist ein akzeptabler Kämpfer, aber er fühlt sich mit dem Shajkan sicherer. Jedem das Seine.“

      Die Antwort von Menrir traf bereits am nächsten Abend ein. Akosh bezahlte den berittenen Boten, den er mit der Aussicht auf gute Entlohnung im Wirtshaus angeheuert hatte, so großzügig, dass der junge Mann sich strahlend davon machte und den Goldschmied wissen ließ, dass er ihm auch in Zukunft gern zur Verfügung stünde.

      „Und? Was schreibt er?“ fragte Lennys als Akosh mit dem Brief aus dem Flur zurück in den Wohnraum kam.

      „Ich habe ihn noch nicht geöffnet. Er ist an dich adressiert und ich bin nicht befugt, ihn zu lesen.“

      „Mach dich nicht lächerlich und lies vor.“

      Vorsichtig riss Akosch den Umschlag auf und faltete einen Bogen schweren handgeschöpften Papiers auseinander.

      „Ich grüße dich, Lennys, und auch Akosh, der mir ein großzügiger Gastgeber war.

      Mit Freuden habe ich vernommen, dass du dich nach Fangmor begeben möchtest, auch wenn mir die Gründe für dieses Ziel noch recht schleierhaft sind. Ich glaube nicht, dass das, was dort passiert ist, jetzt noch zur Aufklärung der Merkwürdigkeiten beiträgt. Aber sicher hast du gute Gründe für die Reise.

      In drei Tagen fährt ein guter Freund von mir mit seinem Handelswagen nach Mongetal. Er schuldet mir noch einen Gefallen und wird mich sicher gerne mitnehmen. Wenn du also keine weiteren Nachrichten erhältst, werden wir uns in wenigen Tagen in Fangmor treffen. Sollte ich vor euch dort sein, werde ich bei meinem alten Freund Thrun um Unterkunft bitten.

      Mit ergebenen Grüßen verbleibe ich

      Menrir, der Heiler.“

      „In drei Tagen also....“ nickte Lennys. „Wenn er mit einem Handelswagen reist, werden wir wohl beinahe zeitgleich ankommen, denke ich.“

      „Möchtest du ihn mit nach Sagun nehmen?“

      „Eigentlich nicht. Wir werden sehen, was er selbst dazu sagt.“

      Akosh zuckte die Achseln.

      „Das Felsland ist nicht leicht zu durchwandern. Die Sonne brennt dort ziemlich an schönen Tagen, es ist trocken, staubig und heiß. Für einen alten Mann wie Menrir kein Spaziergang.“

      „Ich kann mir auch etwas Schöneres vorstellen. Warten wir ab, was uns dort erwartet. Was macht der Shajkan?“

      „Er wird rechtzeitig fertig. Darf ich dich etwas fragen?“

      „Du tust es ja doch, auch wenn ich 'Nein' sage.“

      „Das stimmt nicht.“ erwiderte Akosh entrüstet. Dann bemühte er sich aber wieder um einen einlenkenden Tonfall. „Aber ich wüsste gern, warum es ausgerechnet ein Shajkan sein soll. Ich habe noch nie einen für jemanden gemacht, der nicht aus Cycalas stammt. Es wundert mich, dass gerade du von mir verlangst, dass ich unsere Schätze - oder in diesem Fall Waffen - mit anderen teile. Versteh mich bitte nicht falsch, bei Sara habe ich keine Bedenken und ich bin sicher, sie wird ordentlich damit umgehen, aber....“

      „Nichts aber. Wir werden es vielleicht mit Gegnern zu tun haben, gegen die nur wenige Waffen etwas ausrichten. Und Sara dient mir und somit auch unserem Volk, also kann sie auch mit dessen Waffen gegen die Feinde vorgehen. Zrundir wird von den Klingen aus dem Sichelland geschlagen und von keinen anderen. Und ein Shajkan ist zwar ein Säbel, den normalerweise niemand außer uns trägt, doch es gibt kein Gesetz, dass es verbietet, ihn weiterzugeben. Er ist keine Sichelklinge und selbst, wenn sie mit dieser kämpfen könnte, würde sie nie eine von mir erhalten.“

      Lennys sprach so selbstverständlich und keinen Widerspruch duldend, dass Akosh es für besser hielt, nicht länger darüber zu reden. Wahrscheinlich hatte sie recht und im Grunde machte er sich auch keine wirklichen Sorgen um den Auftrag. Ihn beschäftigte noch etwas anderes.

      „Ich mache ihr auch einen Dolch.“ sagte er dann.

      „Hoffentlich verschwendest du darauf nicht zu viel Zeit. Du hast noch etwas anderes zu erledigen, bevor wir gehen.“

      „Nein, ich werde nicht lange brauchen. Die Klinge habe ich schnell geschmiedet und den Rest kann ich auch mitnehmen und unterwegs fertigstellen. Es ist nur so... Ich habe Sara einige Modelle gezeigt und eines davon gefiel ihr besonders. Ich kann ihr nicht das Gleiche anfertigen und würde es auch nicht tun, aber ich wollte vorher mit dir darüber sprechen.“

      „Euer Geschmack, was Dolche und Säbel angeht, ist mir egal. Du kennst die Tabus und es reicht, wenn du dich daran hältst. Ich habe jetzt weder Zeit noch Lust, das weiter zu diskutieren. Zeig mir die Sachen, wenn sie fertig sind und lass es mich wissen, wenn du nach Norden aufbrichst. Vielleicht begleite ich dich.“

      „Du willst mit in die Sümpfe?“ fragte Akosh überrascht.

      „Es ist immer noch besser, als hier herumzusitzen und nichts zu tun. Möglicherweise haben wir noch einmal Glück und dürfen eine Belohnung empfangen.“ Ein seltsamer Glanz trat in ihre Augen und den Schmied überfiel ein Schauer.

      „Zweimal in so kurzer Zeit?“ fragte er unsicher.

      „Ich habe lange genug gewartet, es gibt viel nachzuholen. Aber selbst wenn uns niemand begegnet, würde mich ein erneuter Spaziergang durch den Wald mehr reizen als die stickige Luft in diesem Haus.“

      Auch die darauffolgende Nacht verlief vollkommen ereignislos, ebenso der nächste Vormittag. Während Akosh in seiner Werkstatt zu Gange war, kümmerte sich Sara um die Hausarbeit, das Essen und um die Ausrüstung. Lennys hingegen tat nichts. Sie stand die meiste Zeit nur an einem Fenster und starrte ins Leere oder sie ging in den Versammlungsraum im Keller, wo es dunkel und kühl war, und versuchte, sich auszuruhen. Es gelang ihr kaum, denn immer, wenn sie spürte, dass ihr Körper dem Schlaf zu verfallen schien, stand sie wieder auf und lief unruhig hin und her. Sie hatte genug beunruhigende Träume in den