Ralph Scheible

Starknebel auf der Autobahn


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Peter Deppel, dass es Rainfall, klingt wie Reinfall, Rheinfall, ist aber gar keiner, Heavy Rain und Powerwind gibt. Der Ali heißt bei den Breaking News Sendern allesamt Alii. Man stelle sich den türkischen Ali, oder einer anderen orientalischen Nation zugehörig, als Alii gerufen, durch die Gegend laufend vor. Das klingt doch so richtig schwul. Hoffentlich versteht das weltweite Ausland unsere Nachrichten nicht. Und wenn, würden wir das nie erfahren, hofft Max. Ganz abgespacet nennt sich das Frühstücksfernsehen bei Matt1. Weck Up! Max bekommt Schmerzen in Kopf und Oberbauch. Was ist das denn? Gibt es da einen schwäbischen Weck, oder hat das mit aufwecken zu tun? Aber wie kann das aufwecken, wenn einer wie Max noch im Bett liegt? Merkt der das dann überhaupt? Soll wohl ultra mega modern klingen, im Brainpool mancher TV Zeitgenossen entsteht da mit Sicherheit mehr Kopfsalat, als sonst etwas Gebräuchliches.

      »Komödianten, die eigentlich Komiker sind, heißen in der heutigen Zeit Comedians« erklärt Ulrich Stusse. Kabarettist kann er vermutlich nicht aussprechen. Da gibt es einen Kai Uwe der richtig falsch zitiert. Woher soll das Publikum das auch wissen? Aber es lacht gefühlte 5 Stunden lang. Herr Stusse erfreut sich über die neue bayerische, bayrerische sagt er dazu, Comediankanone Monnika irgendwas, die mit ihrem urbayerischen Dialekt ganz Deutschland zum Lachen bringt. Bis auf Max, der nicht einmal urschwäbisch richtig versteht. Richtig neidisch kann man auf den polyglotten Ulrich Stusse werden. Wahrscheinlich ist das nur etwas für alle Blitzdenker und Schnellschalter, wie etwa Sven Schänkel. Sagenhaft unterhaltsam sind die stundenlangen Auftritte der sogenannten Comedians. Besonders wenn uralte Stammtischwitze und pubertäre Äußerungen, mit viel Gequietsche und Gegrunze dargeboten werden. Um das alles zu toppen, haben die alle mindestens ein Buch geschrieben, die bei sogenannten Talkshows von früh bis spät als neuestes Werk, auch wenn es das erste neueste Werk ist, ungefähr hundertmal in der Minute, in die Kamera drei, oder vier halten dürfen. Wer dabei noch sogenannte Musik oder Soundtracks macht, darf zusätzlich noch die allerneueste CD oder DVD in die Kamera zwei halten. Hörbücher, das sind die, die man nicht extra lesen braucht, kommen in die Kamera fünf. Max überlegt sich, ob er nicht auch ein Buch schreiben könnte. Verwirft diese Idee aber gleich wieder, bei der Feststellung, in der Schule nicht mal über den Dreisatz hinaus gekommen zu sein. Wie soll da ein komplettes Buch entstehen? Und über was kann er schreiben? Vielleicht über die Beobachtungen seinerseits, um das Wachstum seiner Kunstpflanzen von Beginn an, mit Verweisen und Zitaten des Helmar Wai? Besser nicht. Womöglich führt das dann die Bestseller Liste für Fachbücher des linksgerichteten Stern an, wie dieser letztens von Tanja Waide betitelt wurde. Schön wäre es freilich schon, wenn sein bestes Buch aller Zeiten verfilmt werden würde. Alles in Zeitraffer und Makroaufnahmen mit abgeschnittenen Köpfen versteht sich. Nicht zu vergessen mit wild durcheinander gewirbelter Musik.

      Fuchtelkoch Armin Trotzmeier matscht heute eine seltsame Masse aus Allgäuer Emmentaler und Musskattnuss, wie er Muskat nennt, zusammen. Dargeboten wird das Ganze dann als irgendwelche Pfanzerl, die gar keine sind, aber auf Pumpernickelfetzen gereicht werden. Warum die speziell für Partys sein sollen, erschließt sich einem nicht. Kalorisch gesund sollen die jedenfalls sein.

      Danach ist ein Barde zu sehen und zu hören, der seine Zeit beim Asterix geknebelt und gefesselt auf einem Baum fristen würde. Nach der Frage, was das nun sei und in welche Schublade das gehört, kommt ganz lapidar »Ich mache Songwriting, daran muss man erinnern. Meine Texts beinhalten tolle Lines« Lines sind das also. Max stellt sich die als weiße Linien vor, die dieser Jüngling wohl reingezogen haben muss, kurz vor seinem Auftritt zu früher Stunde. Ein allgemeiner Doktor erklärt kurz vor Schluss warum Männer ungesünder sind und deshalb nicht ganz so lange leben wie Frauen.

      So ist das also, ganz neue Erkenntnisse. Schnell Rom weiterbauen, angesichts verkürzter Lebenszeit. War relativ einfach bis jetzt, aber das mit dem Kolosseum braucht mehr als nur Steinbrüche und Wald fürs Holz. Dazu benötigt man mehr Arbeiter als vorhanden, und recht viel Geld. Aber woher nehmen? Sklaven, jede Menge Sklaven. Das ist die Antwort. »Hm, wo finde ich die jetzt« fragt sich Max. Das Gesindel in und um Rom herum einsammeln. Reichen die für diese kolossale Baustelle? Zur Not kann man ja noch ein paar entfernte Ländereien überfallen. Aber dazu braucht man wiederum Soldaten. Und die haben alle Hunger und brauchen Behausungen und Ställe für die Pferde. Auch die Sklaven brauchen irgendwelche Hütten. Den Wald braucht man aber auch für Schiffe. Und Holzfäller braucht man immer mehr. Elefanten aus dem fernen Afrika müssen her, da kann man auch gleich Sklaven machen. Wer verschuldet ist wird sofort versklavt. Ein Sklavenmarkt ist wichtig, um die Besten teuer zu verkaufen. Der Sklave (nicht der Slawe, der wohnt in Osteuropa) war nun keine Person mehr, sondern eine Sache, nach rechtlichem Status. Dafür bekamen sie schmucke Halsbänder aus Eisen oder Bronze um den Hals. Besonders gut gestellt waren natürlich die Haussklavinnen für spezielle Dienste ihrer Herren. Die Reichen brauchen jetzt plötzlich ihre Haussklaven. Selbst die Bauern haben keinen Bock mehr zu ackern und setzen Sklaven ein. Das ruft nach noch mehr Soldaten und Eroberungen, wie es schöner klingt. Ist das ein Aufwand, nur um die Faulheit, also das neue Niveau und die Sensationsgier reicher Römer zu befriedigen. Aber ohne Kolosseum kein richtiges Rom. Immer mehr Wasser braucht die Stadt, das alleine ist schon Logistik genug. Das muss sich Max alles genau durch den Kopf gehen lassen. Ist heutzutage kaum anders, nur die Gebäude und die zu amüsierenden und gelangweilten Millionäre sind etwas anders, denkt er sich noch, hinsichtlich der vielen Arbeitslosengeld II Sklaven. Hoffentlich kommt niemand auf die Idee spezielle Lager einzurichten. Noch nicht.

       Immer noch November früh morgens, ertönt die Stimme des Jens Schlurig, der da meint, dass irgendwelche Teile zu schmilzen beginnen. Was schmelzt da und warum? amüsiert sich Max. Diese Frühstückssendungen zählt er ab sofort als Satiresendungen, das macht alles erträglicher. »Spoat gibt es heute erst ab dem zweiten Voamittag« meint Herr Schlurig noch. Aha! Und wann geht der los? Keine Zeit darüber nachzudenken, es geht spontan über zum Bericht, dass »im Süden Deutschlands ein Offshore Windpark auf Berghügeln aufgebaut werden soll. Das ist kein Raubtierkapitalismus, sondern ein Nachhaltigkeitsprojekt«. Jetzt aber! verzweifelt Max kurz vor dem zweiten Vormittag. »Dieses Projekt wird zusätzlich unterstützt mit russischem Eadgass aus dem hohen Noaden. Manche machen sich Gedanken, eine Firewall gegen Spekulanten zu installieren. Die sind also auch virtuell, die unser täglich Brot und sonstige Lebensmittel weltweit verheizen? Super, gleichzeitig gibt es eine neue Wendung über die sehr schwierig in Berlin Einigung«. »Hääh?« schreit Max laut auf. Jetzt versucht er mit sich selbst zu sprechen. Ganze Sätze mit alten Wörtern und neuer Aussprache. Das klingt dann wie in den Nachrichten und Magazinen. >Heute im Studium. Es wird Winta und dann sollte man den Gartenteich abdecken, so kommen keine Wetta ins Wassa da rein. Die Bayrerin war nach der After Beach Party ganz, ganz overlooked. Wir söllten was machen und statt mit dem Ihbaik Fahrrad in die Pedale zu treten, besser eine Fahrkarte lesen. Für lösen< Nein, aufhören, Max versteht sich selbst nicht mehr. Das darf er sich gar nicht erst angewöhnen. Ganz, ganz schnell raus an die sehr frische Luft. Tabak und Filter kaufen, beim Treve, jeden Tag ein bisschen besser, noch etwas zum Essen besorgen, um anschließend im türkischen Spezialitäten Döner ein wunderbar kühles und dunkles Hefeweizen zu trinken. Das hat er sich wirklich verdient. Tratma, die türkische Chefin mit kurdischem Migrationshintergrund eilt sofort herbei, natürlich mit einem gut eingeschenkten Weizenbier in der Hand, sowie einem erfreuten Ho?geldin begrüßend und Nazilsin fragend. Max mit »Ho?bulduk und bombok« antwortend, lacht sich Tratma fast kaputt und zeigt auf den voll besetzten Stammtisch, zusammengesetzt mit dicken Figuren aus dem Nahen Osten und Wild-Zeitungsgebildeten Schwaben aus dem Badischen. »Die da sind bombok« sich immer noch den Bauch haltend vor Lachen. Bombok heißt beschissen. Ohne zu merken über was und wen Tratma und Max lachen, erklären die Gelehrten aus dem Osten die Weltgeschichte. Die Wild-Zeitungswisser dem Ganzen kopfnickend zustimmend, sind sie sich einig, dass Griechenland an allem Schuld ist. Max verdreht die Augen, Tratma denkt wahrscheinlich immer noch »bombok«. »Die Griechen machen unseren Euro kaputt, die sollen nach Hause gehen wenn sie nicht spuren« sagt eine blonde noch dickere Gerda, von Haus aus Polin. »Ja genau« applaudiert die Tischrunde. »Trotmoa, noch eine Runde Ouzo« ruft ein zahnloser Dresdner ohne Migrationshintergrund. Hasan, Tratmas Ehemann, schon in Rente und wie immer an seinem eigenen runden Tisch sitzend, beobachtet alles ganz stumm, mit einem nicht zu verbergendem und verschmitztem Grinsen. »Unser schöner Euro geht alles nach Griechenland und wo sind die dreiundzwanzig Tonnen Gold vom Gaddafi geblieben, haben bestimmt die faulen Griechen kassiert« mault Franzo