Karina Förster

Spring!


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       An einem Julitag feierten Lisa und ich Geburtstag auf dem Boot. Es waren viele Gäste an Bord. Wie jedes Jahr entschied das Los, wer von uns Beiden alle rechtlich vertretbaren Wünsche erfüllt bekommen würde. Ein albernes Spiel aus längst vergangenen Kindertagen. Das spielten wir zu jedem Geburtstag. Lisa gewann am 19.07.2010. Auf unserer Party-Fahrt entdeckte Lisa ein Mädchen, das frenetisch auf einem Holzsteg zu der Musik mit tanzte.

       DICH.

       Sie kam zu mir gelaufen, denn ich steuerte das Boot. Sie bat mich zurück zufahren. Ich verneinte. Sie sagte, du seist eine Göttin und sie erinnerte mich energisch daran, dass es schließlich ihr Wunsch-Geburtstag wäre.

       Ninette, die auf der Brücke hockte, war dagegen. Wer wüsste denn schon, was du für eine wärst. Ich stimmte Ninette zu.

       Lisa machte folgenden Vorschlag:

       Wenn ich zurückfahren würde, dich wenigstens mal ansehen würde und ich dich immer noch nicht göttlich finden würde, dann würde sie nicht weiter betteln. Wir würden weiterfahren, weiterfeiern – ohne dich.

       Wenn ich dich aber, ebenso wie sie, unglaublich finden würde, sollte ich dichter heranfahren. Sie wettete mit mir, dass du dann springen würdest.

       Ich wettete dagegen. Schon aus Prinzip. Lisa ist schnell entflammbar. Ich habe sie schon von vielen Göttinnen reden hören. Wie konnte ich zu der Zeit von dir ahnen, Ella! Ich hatte dich ja noch nicht gesehen. Wenn du, falls du, springen würdest, würden die Karten neu gemischt, um neu zu wetten. Eine Göttin darf schließlich wählen. Auch zwischen Zwillingen.

       Für wen von uns würdest du dich interessieren?

       Lisa muss blind vor Begierde gewesen sein und ich kenne meine Schwester zu gut, um zu ignorieren, wann sie wirklich entflammt ist. Nicht nur begeistert, hingerissen oder interessiert. ENTFLAMMT.

       Das ist ein triftiger Grund neugierig zu werden. Ninette war außer sich, was uns herzlich wenig tangierte. Ich schlug ein und drehte um.

       Du warst wirklich und wahrhaftig unglaublich. So, wie Lisa es gesagt hatte und ich verstand, warum sie hoffte, dass du springen würdest. Ich wollte es jetzt auch. Unbedingt.

       Du warst so voller Energie und Zauber, dass ich kaum Luft bekam. Ich wollte dich tanzen sehen. Und du hast einfach unglaublich getanzt. Ein leibhaftiger Engel mit deinen offenen Haaren, deiner Lebensfreude und deiner Ausstrahlung. Mein Herz schmolz.

       Du hast die Leute ganz schön angeheizt. Ich fürchtete, dass das Boot Schlagseite bekommen würde.

       Auf der Brücke war die Hölle los. Lisa hüpfte im Takt mit und grölte. Dann hupten wir abwechselnd, immer wenn der Typhon im Lied einsetzte. Wir hatten einen Heidenspaß dir dabei zuzusehen, wie du den Gästen immer mehr Dampf gemacht hast. Wie du sie mit deiner Energie angesteckt hast.

       Mich entflammt hast …

       Ninette schrie und tobte, dass wir uns wie alberne Kinder benehmen würden. Sie war so stocksauer wie selten. Ninette hat bemerkt, wie ich dich ansah. Meine Mimik muss Bände gesprochen haben.

       Und ich habe die Luft angehalten, als du tatsächlich zu uns gesprungen bist. Mein Herz blieb fast stehen, zum ersten Mal an diesem Tag.

       Ich verstand, warum Lisa dich auf Anhieb liebte. Aber ich wollte dich. Absolut. Versteh mich bitte nicht falsch. Nicht für ein kleines Abenteuer, nicht wegen einer albernen, nichtssagenden Wette. Ich war verzaubert von dir. Verliebt! Wirklich unsterblich verliebt.

       Dann bist du mit Lisa auf die Brücke gekommen. Ich konnte dich endlich von Nahem betrachten. Du hast meinen Blick leider falsch gedeutet und warst sehr abweisend. Warum ist mir schleierhaft. Wenn ich jedoch raten müsste, würde ich auf Ninette tippen. Weil sie bei mir stand?

       Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte ich Stein und Bein geschworen, dass du durch dein äußeres Erscheinungsbild unheimlich von dir eingenommen warst. Wie du Ninette rund gemacht hast … Oh, Ella. Das sprach gegen Arroganz und für dein Wesen.

      Ich mache Pause. Er fand mich gar nicht schrecklich? Ich war also unnötig grob zu ihm gewesen?

       Wie du dich erinnerst, schien ich desinteressiert.

       SCHIEN, denn nur so konnte ich Lisa umgehen, damit sie sich sicher fühlte. Und du hast angebissen und dir empört deinen Bikini zurechtgerückt.

       Dann das in der Küche … mit Ninette (Dazu später mehr von Uta. Damit du mir glaubst.). Was ich dort sagte, habe ich wahrhaftig so gemeint und zu dir gesprochen.

       Im Bootshaus wollte ich dir alles erzählen, damit du die Wahrheit kennst und es keine Missverständnisse mehr gibt. Ich wollte dir zeigen, dass ich mich unsterblich in dich verliebt hatte. Aber dazu bin ich leider nicht gekommen. Manchmal überlege ich, was passiert wäre, wenn ich auf deine Fragen geschwiegen hätte.

       Du warst so wütend. Zu Recht. Und zu Unrecht. Ich hatte keine Gelegenheit, dir zu sagen, wie meine Gefühle für dich waren.

       Liebste Ella, wir haben beide Fehler gemacht. Wir haben zu vorschnell über den Anderen geurteilt, was gewiss nicht unserem Naturell entspricht. Wir haben uns selbst unser Vertrauen und unsere Glaubwürdigkeit untergraben.

       Aber auch heute, gerade heute, hier in Warnemünde, bin ich der festen Überzeugung wir lieben. Wir können eine gemeinsame Zukunft haben. Wenn wir ehrlich, vor allem ehrlich zu uns selbst, sind und uns unseren Dornen stellen. Jeder sich den Seinen.

       Ich bin in Gedanken immer bei dir. Ich liebe dich. Ich liebe dich, seit ich dich auf dem Steg tanzen sah! Und jetzt sage mir, wie ich seit jenem Moment nicht daran hätte denken sollen … mir vorstellen sollen … Wie es wäre mit dir zusammen zu sein, dich lieben zu dürfen, dich spüren zu dürfen, dich atmen zu dürfen?

       Ehrlich und wahrhaftig.

       Wenn ich dir in deine Augen sehe, dann sehe ich, dass es dir genauso geht wie mir. Hier in Warnemünde in diesen drei Wochen, ebenso wie an jenem Wochenende in deiner Wohnung.

       Darum bin ich hier.

       Darum kämpfe ich um dich, Ella.

       Darum war ich auf der Suche nach deinem Dorn.

       Ich habe ihn gefunden, versucht ihn dir zu zeigen, aber du bist noch zu blind, um ihn zu sehen. Du hast es mir in mein Gesicht geschleudert. Okay, auf Papier. Vorhin in der Küche warst du ganz nah dran. Du bist immer ganz nah dran. Aber sehen und ihn entfernen kannst nur du ihn.

       Noch hast du Angst. Aber ich hoffe, du setzt dein Puzzle selbst zusammen. Diesen Brief zu lesen ist ein wichtiger Schritt dabei.

       Ich bitte dich nun Ella! Wenn dir ein ganz Kleines bisschen unserer Liebe heilig ist … Ein ganz kleines Fünkchen nur … Dann genügt es aus, um zu mir zu kommen.

       Und bring unseren Sohn mit! Oder wie du ihn immer nennst: klein Yanick.

       Teile bitte endlich dein Leben mit mir…

       Ich liebe dich!

       Ich werde dich bis zu meinem Lebensende lieben!

       P.S.: Uta wird dir in Kürze eine weitere Nachricht von mir übergeben.