Victoria M. Castle

A song of Catastrophe


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genau diese winzigen Feinheiten, die Bierflaschen, die Notizen des Regisseurs auf dem provisorisch aufgestellten Klapptisch, eines der Kleider, welches halb von einem Kleiderbügel gerutscht war, der an einer Stange auf Rollen in den Raum geschoben war.

      Das harte Metall auf dem wertvollen weißen Marmor, unter welches man kleine Schutzfilzstücke gesteckt hatte, um nichts darunter zu zerkratzen oder Spuren zu hinterlassen, die den Ort entwürdigen würde.

      Wenn nicht ohne hin jedes einzelne Detail hier bereits Entwürdigung bedeuten konnte.

      Aber genau das war es, was Lexi so sehr liebte.

      So hatte sie Prince’ Annährungsversuche schnell beiseitegeschoben und war ungeachtet einfach an ihm vorbeigegangen, um sich selbst ein wenig umzusehen.

      Weit war sie nicht gekommen, denn überall schickte man sie weiter, waren entweder Vorbereitungen für den Dreh im Gange oder aber man war zu beschäftigt, um nun Ablenkung dulden zu können.

      Aber nicht einmal das hatte Lexi gestört.

      Sie war zu fasziniert von all den Details, sodass sie ebenfalls nicht bemerkt hatte, wie schnell doch die zwanzig Minuten vorüber waren und Prince sie zurück zum Team brachte.

      Man hatte ihr erklärt, wie der Dreh ablaufen würde, dass man ihre Szenen mit einigen Ausschnitten aus dem Film verbinden würde. Lexi hatte dies nicht sonderlich gewundert, war es doch einer der üblichen Arten von Musikvideos für einen Kinofilm. Schließlich sollte man auf Anhieb erkennen können, zu was der Song gehörte.

      Sie hatte auf dem aktuellen Stand auch nichts dagegen gehabt, würde diese Verbindung sicherlich auch ihr nutzen können.

      Lexi hatte ein kurzes Fitting hinter sich gebracht, in dem recht bald klar wurde, dass sie beinahe alles so anlassen konnte, wie sie es bereits trug.

      Ihre enge Skinnyjeans war erlaubt, ebenso ihre lässigen Chucks. Lediglich den weinroten Pulli hatte man mit einer goldenen, edel wirkenden Kette aufgewertet, die ihr locker über die Brüste fiel. Passend dazu gab es ein paar goldene Armreifen als Details. Ihre Lederjacke würde sie bei dem Dreh nicht benutzen dürfen, würde sie doch einen zu harten Stilbruch bedeuten, was Lexi beinahe schon zum Lachen gebracht hatte.

      Wenn das Leder den Stil brach, würden es die Screamingparts sicherlich erst recht tun.

      Doch da Prince selbst beim Fitting nicht dabei war, welcher vielleicht ein gutes Wort für ihre charismatische Jacke gehabt hätte, beließ es Lexi dabei.

      Immerhin durfte sie beinahe ihren Stil gänzlich behalten, man versetzte ihr nur einen weiblicheren Touch.

      Auch ihre langen Haare hatte man in sanfte Wellen gelegt, sie hin und wieder ein wenig aufgelockt und ihr Makeup ordentlich abgepudert. Man hatte ihr ein recht unauffälliges Makeup angeboten, doch Lexi hatte sich für einen dunkleren Touch durchsetzen können. Man trug ihr ein braungoldenes smokey eye auf und sie durfte ihren schwarzen Eyewing behalten.

      Abgerundet wurde das Ganze mit einem knalligen, samtenen roten Lippenstift, der definitiv nach Alexis’ Geschmack war.

      Nachdem man Lexi für den Dreh hergerichtet hatte, brachte man sie zum eigentlichen Drehort.

      Der erste Take würde in einem kurzen Flur stattfinden, der in goldene Töne gehüllt und ebenfalls von wunderschönem Stuck besetzt war. In einigen Metern Abstand befanden sich große, weiße Säulen, auf welchen das Gebäude gestützt wurde. Sowohl die Wände, als auch die Decke waren übersäht von unzähligen Verzierungen, die in dunkelblauen und beigen Tönen gehalten waren. Zwischendrin befanden sich immer wieder goldenen Kronleuchter, sowohl an den Decken, als auch an den Wänden. Der Flur an sich war beinahe ohne Möbel. Lediglich ein kleiner, hölzerner Beistelltisch stand gegenüber einem großen, schwarzen Flügel.

      Lexi hatte sich sofort in ihn verliebt.

      Man wies Alexis an, auf der rechten Seite aus einer großen Tür zu treten. Man würde den Raum in einer späteren Bearbeitung verdunkeln und ihm einen düsteren Touch verleihen, den Lexi sich nun vorstellen sollte. Man gab ihr einen goldenen Kerzenständer in die Hand und sie sollte so tun, als würde sie das Schloss erkunden. Dabei würde man das Lied abspielen lassen, sodass sie würde mitsingen können, würde man sie schließlich in den Szenen singend zeigen.

      Die ersten Takes waren Lexi deutlich schwerer gefallen und sie kam sich wirklich unprofessionell vor.

      Doch wie sollte sie sich passend verhalten?

      Lexi hatte den Film nicht gesehen, natürlich nicht, war er schließlich noch nicht erschienen.

      Ihr fehlte definitiv die Stimmung dazu.

      Nachdem Lexi die Szene ein paar Mal hatte wiederholen müssen und man nie wirklich zufrieden mit ihr war, war Prince ans Set getreten.

      Er schien sie beobachtet zu haben, während er sich in der Nähe einer Kamera platziert hatte.

      Verdammt, sie wollte den Job nicht vermasseln!

      Doch was sie ändern konnte, um ihnen das zu geben, was sie wollten, konnte sie auch nicht sagen.

      Schließlich wies man eine kleine Pause an, in der sie noch einmal abgepudert werden und man die Kerzen auf dem Leuchter erneuern würde, die in einem nicht angemessenen Maße bereits heruntergebrannt waren.

      Während man sich um ihre Glanzpunkte kümmerte, war Prince zu ihr getreten und hatte sich kurz umgesehen. Es sah mehr beiläufig aus und wirkte nicht so, als würde er den Ort tatsächlich zum ersten Mal sehen, aber ein wenig beruhigte Lexi seine Anwesenheit.

      „Genau genommen ist es eine ziemlich kitschige Liebesgeschichte“, sagte er plötzlich und Lexi blickte direkt zu ihm.

      „Er ist aus einem reichen Haus, sie aus armen Verhältnissen. Dennoch findet er gefallen an ihr, aber er hat vor einiger Zeit verlernt, was Vertrauen bedeutet. Er hatte einige Frauen, die nur auf seinen Reichtum aus waren.“

      Lexi hatte Prince schweigend zugehört, während er von der Geschichte seines Buches erzählte.

      „Du erzählst seine Geschichte“, sagte er schließlich und sie sah ihm einen Moment eindringlicher entgegen. Nun erst sah er auch zu ihr herüber und fing ihren Blick auf.

      Sie nickte leicht und verzog ihren Mundwinkel zu einem kaum merklichen Lächeln.

      Auch wenn sie nichts erwiderte, so hatte Lexi verstanden, was ihre Aufgabe war.

      Die folgenden Takes liefen deutlich besser.

      Lexi hatte begriffen, dass sie kein Teil der Geschichte sein würde. Sie würde sie lediglich mit ihrem Gesang, mit ihrer Stimme erzählen.

      Eine Geschichtenerzählerin.

      Diese Rolle konnte sie verdammt gut spielen.

      War es doch nichts Anderes, als sie mit ihren eigenen Songs auch tat. Wenn sie einen Song schrieb, dann erzählte sie eine Geschichte.

      Sie hatte nun zwar nicht dieses Lied geschrieben, aber sie würde seine Geschichte erzählen.

      Nachdem man an einigen Orten innerhalb der Burg mit ihr gedreht hatte, hatte Lexi schließlich eine Pause einlegen dürfen. Sie war zurück in den Pausenraum getreten und hatte sich einen ordentlichen Schluck Wasser gegönnt, während sie sich unfassbar beflügelt fühlte.

      Ja, verdammt, sie hatte den Draht zu seiner Geschichte gefunden.

      Und mit einem Mal war ihr so, als würde dieses Buch, dieser Film, dieser Song seine Geschichte erzählen. War es vielleicht genau so passiert? Hatte Prince sich auch in eine junge Frau verliebt und ihre gemeinsame Geschichte hatte kein gutes Ende genommen, weil er ihr nicht hatte vertrauen können? War Prince im tiefsten Innern nur ein verletzlicher Mann?

      Mit einem Mal sah sie ihn mit ganz anderen Augen und hatte es kaum erwarten können, dass er zu ihr in den Pausenraum treten konnte.