Magdalena Gräfenberg

Helen und die Häute der Frauen - Erster Teil: SOKO Haut


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ich. Sein Schwanz war die Waffe, mit der er seine Frauen erst breit und dann bereit machte, ihm bedingungslos zu gehorchen. Er war stark, hart und ausdauernd und immer bereit. Es war einfach sensationell, von ihm gevögelt zu werden. Doreen war nur eine von vielen, die mit dieser Waffe hörig gemacht wurden. Seine animalische Männlichkeit war beeindruckend und zwang zur Unterwerfung. Ohne hierbei seine daraus resultierenden kriminellen Machenschaften beschönigen zu wollen. Er hat einfach alle Mädchen schnell willig und hörig gevögelt.“

      Die Funktion Dragans beschrieb Helen für sich zunächst als Erwecker eines jeden Dornröschens, das sich in seinen Fängen verwickelte. Er machte die unerfahrenen, pubertierenden Mädchen durch sein dominantes Auftreten neugierig und schließlich mit seiner sexuellen Potenz abhängig, und nutzte das aus, indem er sie schrittweise in die Prostitution führte und sie für sich arbeiten ließ. Einige machten bei ihm und seinen Geschäftspartnern Karriere als Edelnutten und verdienten dann auch selber sehr viel Geld. Er ließ sie teilhaben und schützte sie, solange sie kooperativ waren. Waren sie widerspenstig, waren sie einfach irgendwann verschwunden.

       Mandy schreibt, nachdem sie von Dragan „eingeritten“ worden war, wie sie es selber formulierte: „Sein wohlgebauter, starker Körper mit den harten Muskeln bot, natürlich ganz besonders nackt, einen überwältigenden Anblick, der den Mädchen sofort weiche Knie machte. Sein fettloser, stahlharter Bauch ging in eine ebenso beeindruckende, stahlharte Männlichkeit über. Der Drang, sein prachtvolles Exemplar in die Hand zu nehmen und seine samtige Spitze freizulegen, um sie im Mund explodieren zu lassen, seine Hoden zu ergreifen, überwältigte mich einfach jedes Mal. Das ging den anderen Mädchen nicht anders. Wenn er mich dann anfasste und auseinanderfaltete, stieß er immer in eine schon völlig nasse und bereite Tiefe, um mich dann ohne Unterlass bis zur Bewusstlosigkeit zu vögeln.

      So war es kein Wunder, dass ich mich später, als er mich schon an Maric verkauft hatte, bei jedem Wiedersehen sofort wieder für ihn hinlegte, als hätten wir uns erst gestern das letzte Mal gesehen.“

      Helen war von dieser Fülle erotisch-pornographischer Beschreibungen, die keine Details ausließen, sehr überrascht. Sie war fasziniert von der Deutlichkeit und fast schon brutalen Beschreibung der Pracht und Schönheit des erigierten Penis und der erregenden Elastizität und Schwere der Hoden in ihrem Beutel, von dem Drang, alles mit den Händen zu greifen und diese Teile im Mund zu haben, das Sperma zu schlucken. Sie wusste, wie problematisch es für Männer sein musste, von einer Frau im Wesentlichen über ein attraktives und gut funktionierendes Genital definiert zu werden, was in Mandys Beschreibung zweifellos stattfand. Helen musste unumwunden zugeben, dass sie diese Faszination für einen perfekt arbeitenden männlichen Apparat mit Mandy teilte. Es würde sich auch für mich lohnen, Dragan kennenzulernen, dachte sie. Sie war stark angeregt von Mandys Beschreibungen. Sie verstand ihren Chef gut, der die Problematik schon angedeutet hatte. Man durfte trotz der Pornographie nicht den Faden verlieren.

      Helen sah, dass Mandy, kurz auf einen Nenner gebracht, sich auf Initiative und Wunsch ihres Onkels Richard für Dragan prostituiert hatte und dass diese Entwicklung mit einer kontinuierlichen, von jahrelangem Missbrauch durch Alfons, ihren Onkel und andere bewirkten Promiskuität und Ausweitung bzw. Entgrenzung der Tabuzonen einhergegangen war. Helen war überrascht, mit wie wenig Aufregung Mandy ihren „Verkauf“ an Maric zur Kenntnis nahm. Sie beschrieb den Vorgang, als ob es etwas ganz Selbstverständliches wäre.

      Helen fasste weiter zusammen:

      Im Folgenden berichtete Mandy über den Beginn einer freundschaftlichen Beziehung zu Doreen, die sie im Club von Dragan kennenlernte und als klassische Hure mit Niveau beschrieb. Sie ließ sich auch ausführlich über Doreens körperliche Vorzüge aus. Sie berichtete, dass sie gemeinsam im Bordell von Maric in Ungarn waren und dort absolut jede Art der körperlichen Hingabe an Freier mitmachten. Doreen hatte auch den Verkehr mit den Hunden von Maric perfektioniert und mit Lust praktiziert. Mandy bewunderte Doreen wegen ihrer Schönheit und der Eleganz, die sie auch beim Sex unter „Folterbedingungen und mit den Hunden“ nicht verlor. Mandy hielt weiter fest, dass Doreen vor ihr die Geliebte von Hagen von Eynim war.

      Die Sprache Mandys war meist eher sachlich und direkt. Sie benannte alles ohne Schnörkel. Gegen Ende des Tagebuches wurden die Einträge knapper. Mandy erwähnte, dass sie große Brustimplantate erhielt und ähnliche kosmetische Korrekturen erfuhr wie Doreen. Die Lippen wurden etwas aufgespritzt und ihre Schamlippen drastisch verkürzt. Das Rein-Raus ging jetzt reibungsloser. Dann wurde Doreen vaginal zum Transportmedium chirurgisch verändert und auf Reisen geschickt. Mandy erwähnte, dass Maric auch sie im gleichen Sinne operieren wollte.

      Hier hat BH wieder Zeichen gesetzt: Ist das vielleicht die Erklärung für ihren Tod?

      Eine missglückte Darm-Vagina-Operation, schrieb er. Doreen als Drogenkurier?!

      Sollte Mandy auch diesen Weg gehen?

      Helen musste konstatieren, dass eine Menge Erklärungen zu dem „Fall“ in Mandys Tagebuch zu finden waren. Sie war beeindruckt und wusste, dass sie das eine oder andere nochmals nachlesen musste. Die Fülle der erwähnten sexuellen Erlebnisse sollte auf Verstöße gegen geltendes Recht überprüft werden, theoretisierte sie, wusste aber auch, dass das im Moment marginal und ohne Relevanz war.

      Das „Snuff-Video“

      Es war kurz vor 16 Uhr und Zeit, sich ins Büro von Borhagen zur privaten Video- Vorführung zu begeben. Sie war so vertieft gewesen, dass sie diesen Termin verpasst hatte. Sie war gefangen von Details der Lektüre und machte sich Notizen für die weitere Recherche.

      Bis zu diesem Zeitpunkt war Helen noch nicht klar, wo die besondere Rolle eines

      Dr. v. Eynim sein sollte. Bisher war er ihr nicht weiter verdächtig aufgefallen. Einziger Hinweis war die Erwähnung im Schreiben von Uschi Steinmüller, seine Rolle als Liebhaber von Doreen, Manuela und Mandy. Gut, Doreen und Mandy waren Opfer von Verbrechen geworden. Aber es ergaben sich in den Unterlagen keine Hinweise auf eine Beteiligung des Doktors. Jedenfalls war ihr keiner aufgefallen. Helen war gespannt, ob ihr Borhagen Aufklärung über seinen Informationsvorsprung geben würde. Sie wollte es jedenfalls wissen.

      Kurz nach 16 Uhr erinnerte sie sich an den Termin und beeilte sich, um noch so halbwegs pünktlich zu sein. Sie musste ja nur das Sekretariat passieren. Sozusagen etwas mehr als fünf Meter.

      Borhagen war auch noch beschäftigt und wartete noch nicht. So gab es keinen unnötigen Stress. Helen nahm schon mal Platz auf dem rechten der bereitstehenden Stühle, vor dem Wand-TV- Schirm. Auf dem linken Stuhl lag die Fernbedienung des Beamers. Borhagen hatte den Beamer schon eingeschaltet und warmlaufen lassen.

      Es war nahezu unerträglich warm in seinem Arbeitszimmer. Und jetzt noch die Wärme des Beamers. Auf dem Schreibtisch stand der angekündigte Cognac mit zwei Gläsern. Neugierig schaute sie sich die Flasche an. Sie war kein Cognac-Kenner. Hier stand jetzt ein Hennessy. Den hatte sie schon einmal getrunken. Der schmeckt nach Seife, dachte sie. Das war ein frühes Erlebnis. Deshalb war sie nie zum Cognac-Liebhaber geworden. Egal, die Wirkung machte den Alkohol.

      Als das Telefonat beendet war, setzte sich Borhagen links neben Helen und legte ihr

      dar, was die Staatsanwaltschaft von der Übernahme des Auftrags durch ihre Abteilung erwartete. Die Erfahrungen vorangegangener, erfolgreicher Ermittlungen waren der Hauptgrund. Nebenbei auch die Dokumentation, an der sie beide arbeiteten. Borhagen beschrieb dann weiter, wie er Helens Aufgabe in diesem Fall sah: offene Diskussionen und offene Darlegung der Fahndungsziele mit gegenseitiger vollständiger Information über alle erzielten Ergebnisse. Zwei Mal wöchentlich Abgleich der Fakten, einmal wöchentlich Stand der Ergebnisse und Weiterentwicklung der Arbeitshypothese. Eigentlich nichts Neues. Es musste nur mal wieder gesagt werden.

      „Und das Wichtigste ist, absolutes Stillschweigen gegenüber Allen.“ Nur er und Helen seien vorläufig involviert. Jede weitere Einweihung musste abgesprochen werden. Helen wollte wissen, was die Gründe für die Geheimhaltung waren. Die Korruption im ungarischen Polizeiapparat und die vermutete Involvierung deutscher Stellen. Hier nichts Konkretes. Wenn sie mit Stefan als Helfer einverstanden wäre, sei das für ihn in Ordnung.