Jose DeChamp

Aphrodite Schatzsucherin


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Funkeln in den Augen an. "Und du? Warum machst du das hier?"

      Zsófia lächelt abwehrend und zuckt im Reflex die Schultern. "Ich bin genau da, wo ich immer sein wollte." Sie wartet, das er, wie üblich, etwas Scharfzüngiges zum Besten gibt, aber Franziskus schaut sie nur an und wartet. Das macht sie nervös. Aus diesem Grunde erklärt sie sich hastig. “Die Arbeit ist spannend. Und mit den Werbekampagnen kann ich unsere Arbeit für gemeinnützige Organisationen verwirklichen.”

      "Ts, ts, eine Idealistin, schau an, schau an.", Franziskus ist amüsiert. "Und glaubst du, das gelingt dir, indem du dich zur gemeinnützigen Schickeria gesellst und dich mit Kanapees und Sekt vollstopfst?"`

      "Gefällt dir die Feier etwa nicht?"

      Franziskus schnippt ungeduldig mit dem Finger: "Du weisst genau, was ich meine. - Du bist doch auch bloss hier, um neue Kunden für eure Werbeagentur aufzutun. Was hat das denn bitte schön mit Charity und dem Wohle der Bedürftigen zu tun? Kleine Pfützen der Wohltätigkeit und im Grunde kriechst du einer korrupten Maschine in den Arsch die diese Bedürftigkeit überhaupt erst erschaffen hat."

      Die Bemerkung trifft sie. Das ist es, was sie seit geraumer Zeit bedrückt. Dennoch zuckt sie scheinbar gleichgültig die Schultern. "Was erwartest du? Auf den Berg gehen und meditieren schafft weder Arbeitsplätze noch Umsatz. Es ist ein hartes Geschäft."

      "Aber es gefällt dir, nicht wahr?", Franziskus lächelt ölig, "Streichelt das Ego."

      Zsófia strafft die Schultern und verfällt wieder in ihr maskenhaftes Lächeln. "Das bringen diese Feste gewöhnlich so mit sich. Du bist doch auch nicht bloss zum Teetrinken hier."

      Franziskus wird plötzlich ernst. Lauernd sieht er sie an. "Was steckt wohl hinter deiner geschäftstüchtigen Fassade. Wie bist du eigentlich wirklich?"

      Zsófia ist verblüfft. Sie versteht seine Frage nicht. Franziskus verschränkt die Arme vor der Brust. "Die stets perfekte Zsófia. Du bist ein ganz kalter Fisch was?"

      Sie ist betroffen.Wirkt sie so auf andere? Kalt? Zsófia ringt nach einer Antwort als sie Körpermassen von hinten umschlingen. Sie zuckt zusammen und versteift sich. Schweres Aftershave vermengt mit Schweissgeruch steigt in ihre Nase. Schon hört sie eine bekannte Stimme Anzüglichkeiten in ihr Ohr säuseln. Es ist der Vorsitzende ihrer Betriebsbank. Sie zeigt keine Abwehr, erschlafft in der Umklammerung. Automatisch bleckt sie die Zähne zu einem Lächeln, schlängelt sich schliesslich mit einem Scherz aus seinen massigen Armen.

      "So ein schöner Hintern" , hört sie ihn murmeln, aber auch das nimmt sie lächelnd hin.

      "Hallo Heinrich, wie gefällt dir die Ausstellung?"

      "Zsófia, hast du die kleine Praktikantin gesehen? Ist sie alleine hier?"

      Sie behält ihr maskenhaftes Lächeln, "deine Frau hat dich im Auge."

      "Ich meine doch nur.", Der dickliche Mann ist nicht verlegen. Zsófia ist angewidert, aber sie zeigt es nicht. Der Mann ist mächtig. “Und ich bin trainiert ein liebes Mädchen zu sein.” Ihr Angewidert sein richtet sich nun gegen sich selbst. Zsófia fühlt ein Stechen im Kopf. Die vielen Menschen, der Lärm, die Luft so trocken.

      Sie wendet sich zur Terrassentür, die hinaus auf die Clubanlage führt. Es ist ein warmer Abend und die Sonne geht gerade hinter den Hügeln unter. Zsófia sinkt auf eine der Parkbänke. Rosenbüsche verbreiten einen betörenden Duft. Der Rosenduft weckt Erinnerungen. Sie fühlt sich zurückversetzt nach Griechenland. Zsófia lehnt sich stöhnend zurück und reibt sich die Stirn. Sie hat Kopfschmerzen. Will nicht zurückdenken. Aber es bricht auf. Nach all den Jahren. Die Lichtwesen fallen ihr ein. - Ihre Angst, wahnsinnig zu werden. Auch jetzt hat sie Angst. War da nicht eine Warnung gewesen?

      “Du lachst viel, aber Du bist einsam und traurig. Die, die sagten, dass Deine Wahrheit Lüge ist. Warum hast Du Ihnen geglaubt? Ein schwarzer Vogel kreist über Dir. Er kam in Gestalt eines Menschen, doch nun bist du selbst es, die den schwarzen Vogel nährt. Zsófia erinnere dich. Wenn es Dir nicht gelingt, dich zu befreien, wirst Du immer unglücklich bleiben.”

      Der schwarze Vogel!

      Sie greift sich an den Hals und ringt nach Atem. Ein Blitz zuckt genau über ihr und ein krachendes Donnern lässt sie aufspringen. Erschreckt blickt sie zum Himmel und tastet sich mühsam zurück zu der Parkbank. Sucht nach ihrem Schlüssel, den sie dort niedergelegt hatte. Ihre Hände tasten suchend über das Holz und finden etwas samtiges und als sie es vorsichtig befingert, merkt sie, das es an einem Lederband hängt. Gedankenverloren lässt sie es auf ihre Handtasche sinken. Regentropfen fallen vom Himmel. Schnell wird der Regen heftiger, dringt in ihr dünnes Abendkleid. Sie springt auf und läuft in Richtung des beleuchteten Clubhauses. Sieht die Leute im Inneren mit ihren Festkleidern lachen und trinken. Sie kann dort nicht mehr hinein gehen. Atemlos läuft sie um das Gebäude herum zum vorderen Bereich. Die Auffahrt entlang zum Ausgang. Sie läuft und läuft, während ihr der Regen über das erhitzte Gesicht rinnt.

      Es ist finster draussen, der Mond verdeckt von schwarzen Wolken. Zsófia zittert vor Kälte. Ihre Absätze machen ein einsam klickerndes Geräusch auf der menschenleeren Strasse, doch sie läuft immer schneller. Erst als sie vor dem Stadtpark steht, macht sie keuchend halt. Der Regen hat aufgehört. Zsófia zittert in ihrem tropfnassen Kleid. Die Umrisse der Bäume wirken unheimlich in der Dunkelheit. Es ist nun ganz windstill, noch nicht einmal ein Blätterrauschen. Sie fühlt sich verloren. Als sei sie der einzige Mensch auf der Welt.

      Zsófia hockt sich kraftlos neben die Leitplanke an der Strasse und starrt auf die Ampelanlage, die immer wieder wechselt. Von Grün, zu Gelb, zu Rot und zurück. Mit steinernem Gesicht und ausdruckslosen Augen. Doch plötzlich beginnen ihre Mundwinkel zu zucken. Tränen schiessen jäh in ihre Augen. Zsófia schlägt die Hände vor das Gesicht und kann nicht aufhören zu weinen. Es schüttelt sie. Alles sinnlos. Karl, die Arbeit, ihr Leben. Alles.

      "Was soll ich nur tun? Warum sagt mir denn niemand, was ich tun soll?!" Sie sucht in ihrer Tasche nach einem Taschentuch und steift das samtene Etwas von der Parkbank. Sie untersucht es erstaunt. Ein goldbraunes Samtdreieck mit Perlen bestickt an einem Lederband. Das Motiv scheint ein Schellenbündel zu sein. Eine Perkussion, wie sie im Mittleren Osten gespielt wird und bei den Navajo Indianern. Zsófia ist als hafte der Duft der Parkrosen an dem Amulett und unwillkürlich presst sie es an ihr Gesicht.

      Ein Auto hält neben ihr an. “Zsófia, was machst du hier im Regen?”

      Sie späht in den dunklen Innenraum eines Lieferwagens und erkennt mühsam das Gesicht ihres Freundes Juan. Schon öffnet Juan die schwere Beifahrertür und sie muss schnell aufspringen, weil er sogleich wieder anfährt.

      Der Spanier redet lebhaft von seinem letzten Konzert und scheint nicht zu bemerken, wie einsilbig sie antwortet.Verstohlen wischt sie sich das nasse Gesicht. Juan findet im Radio einen Musiksender und so muss sie nicht mehr reden. Vor ihrem Haus will sie sich hastig verabschieden, aber Juan geht darüber hinweg und zündet sich bedächtig eine Zigarette an.

      “Er macht dich unglücklich, nicht wahr?”

      Zsófia schweigt.

      “Er ist nichts für dich.” Juan lächelt sie freundlich an.

      “Juan”, sie atmet geräuschvoll aus. “Ich stecke fest.”

      Juan nickt. “Hättest nicht mit der Musik aufhören sollen.” Juans eindringlicher Blick ist ihr unbehaglich.

      “Davon konnte ich nicht leben. Irgendwann muss man vernünftig werden.”

      Juan nickt. “Wenn du das sagst, dann ist es wohl so.”

      “Was soll das heissen?” Zsófias ist ärgerlich.

      Juan scheint es nicht bemerken zu wollen und setzt sich bequem zurück. “Zsófia, ich habe Pleiten erlebt, zwei Scheidungen hinter mir, aber weisst du, was ich nie getan habe? Etwas gemacht, woran ich nicht geglaubt habe.”

      Er tätschelt gutmütig ihr Knie. “Nicht einfach, sich des Lebens zu erfreuen, wenn man so damit beschäftigt ist, die Erwartungen anderer zufrieden