Thomas Krause R.

EURO-Bankraub


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zweiter Aspekt in diesem Zusammenhang ist, dass Griechenland mit Hilfe der Notenpresse auch die Kapitalflucht der Investoren finanziert hat, wie wir das bereits am Beispiel von Zypern gesehen haben. Der Unterschied ist jedoch, dass im Fall von Griechenland deutlich dreister vorgegangen wurde. So haben die bereits gewährten Finanzhilfen eine Höhe erreicht, dass Griechenland nunmehr Netto-Auslandsforderungen hätte, wenn wir die Target2-Verbindlichkeiten Griechenlands gegenüber dem System der europäischen Notenbanken nicht berücksichtigen würden87. Durch Gewährung weiterer Hilfspakete würden zukünftig überwiegend Banken und Investoren gestützt. Dies bedeutet, dass bei einem Zusammenbruch des EZB-Systems und einer damit einhergehenden Entwertung der Target2-Salden Griechenland, bzw. die dort ansässigen Investoren, sogar Netto-Gläubiger in Europa wäre – bei fortgesetzter EURO-Rettungspolitik in Höhe eines dreistelligen EURO-Milliardenbetrages!

      Während also die Notenbanken der wirtschaftlich starken Länder risikobehaftete Target2-Forderungen aufgebaut haben, wurde den Investoren Griechenlands die Möglichkeit eröffnet, werthaltige Vermögensgegenstände in den wirtschaftlich starken Ländern Europas zu erwerben. Löst sich das ungerechte und in dieser Form nicht mehr überlebensfähige System der europäischen Notenbanken auf, haben die ehemaligen Investoren Griechenlands ein Netto-Auslandsvermögen in Höhe von 50 Milliarden EURO an werthaltigen (realen) Vermögensgegenständen, während die Steuerzahler in den Geberländern ihr heutiges Netto-Auslandsvermögen in Form der unbesicherten Target2-Forderungen verlieren. Der eigentliche Skandal an diesem Vermögenstransfer nach Griechenland ist nicht nur die Höhe, sondern auch in diesem Fall die Entscheidungsfindung, die völlig ohne demokratische Kontrolle über das System der europäischen Notenbanken organisiert wurde.

      Es ist also nahe liegend davon zu sprechen, dass in Europa unter dem Deckmantel der EURO-Rettung mit Hilfe der EZB eine sozialistische Wirtschaftsdiktatur der Finanzwirtschaft errichtet wurde, wobei der Präsident der EZB als „Schattenkanzler“ Europas anzusehen ist. Auf Grundlage der in 2012 weit über den ursprünglich Auftrag der EZB erweiterten Kompetenzen von Herrn Draghi zum direkten Eingriff in das private und staatliche Volksvermögen der Länder des EURO-Raums wirkt das System der europäischen Zentralbanken nunmehr wie eine Wirtschaftsdiktatur der Krisenländer gegenüber den wirtschaftlich starken Ländern, die gezwungen werden, die Schuldenexzesse der Vergangenheit bei Staaten und Banken mit ihrem privaten und staatlichen Vermögen zu finanzieren. In dieser Wirtschaftsdiktatur werden Gewinne aus der Schuldenkrise privatisiert und Verluste über die EZB auf die Steuerzahler der starken Länder sozialisiert.

      In den Jahren der Krise, in denen die private Industrie in Deutschland unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen durch starke Lohnzurückhaltung ihre starke Position auf den Weltmärkten gefestigt hat, erzielten die Staatsbediensteten in Griechenland und Portugal die größten Gehaltszuwächse. Diese Fehlentwicklung wurde durch die Sparpolitik teilweise wieder korrigiert, führte jedoch zu Protesten in der Bevölkerung der Krisenländer. Übersehen wurde dabei jedoch, unter welch schwierigen Bedingungen auch in Deutschland ein wachsender Teil der Bevölkerung in prekären Beschäftigungsverhältnissen nur geringe Gehaltszahlungen erhielt, die weder für die Bezahlung von Sozialabgaben noch für den Aufbau einer privaten Alterssicherung ausreichten.

      Hier türmen sich weitere Lasten für die alternde deutsche Bevölkerung auf, die in der Zukunft mit den verfügbaren Ersparnissen und den Sozialabgaben der dann arbeitenden Menschen finanziert werden muss. Deutschland kann bei dieser Sachlage nicht noch zusätzlich die Bankenschulden mehrerer Krisenländer schultern und hierfür das bislang erarbeitete Volksvermögen einsetzen. Die Rettung der inländischen Banken ist die Aufgabe der jeweiligen Regierungen, die bislang die Bankenaufsicht geführt haben und für die Finanzierung ihrer Banken mit dem Steuergeld ihrer eigenen Bevölkerung zuständig sind.

      Die Bundesregierung sieht jedoch in ihrem alternativlosen Denken hilflos zu, wie sich das deutsche Vermögen seit Jahren in risikobehaftete Target2-Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber dem System der europäischen Notenbanken verwandelt. Wenn also der deutsche Kanzlerkandidat für die nächste Bundestagswahl im Herbst Clowns für die nächste Regierung sucht, dann besser in Berlin, wo der Bevölkerung noch zu Beginn der Staatsschulden- und Bankenschuldenkrise vollmundig erklärt wurde, dass die Spareinlagen der Deutschen sicher seien. Das Gegenteil ist der Fall, wie wir jetzt beim Blick in die Bilanz der Deutschen Bundesbank wissen, wo sich große Risikopositionen der angeblichen Rettungsmaßnahmen zeigen.

      Während die Politiker der deutschen Bevölkerung immer noch erklären, dass die Ersparnisse sicher sind, ist der erste Bankraub zur Bankenrettung in den Krisenländern bereits durchgeführt. Im Vergleich zum Clown, der die Zuschauer durch geschickt verpackte Selbstironie in angenehmer Art und Weise zum Lachen bringt, werden die deutschen Politiker mit den Auswirkungen der Maßnahmen zur kurzfristigen Überdeckung der Bankenschuldenkrise die deutschen Sparer zum Weinen bringen. Weiten Teilen der Bevölkerung könnte die finanzielle Verzweiflung drohen, wenn nicht unverzüglich umgesteuert wird.

       Demokratiedefizit

      Es gibt aber noch eine sehr viel bedeutsamere Folge des Bankraubs, der unter dem Programm „Dicke Bertha“ durchgeführt wurde. Diese Folgen sind im politischen System Europas zu finden. Insbesondere die Form der Machterschleichung der EZB und ihres Präsidenten ist besorgniserregend und verträgt sich nicht mit der demokratischen Verfassung der europäischen Länder. Parlamente und deren Regierungen werden insbesondere in den wirtschaftlich starken Ländern ihrer Budgethoheit beraubt, da die Deutsche Bundesbank zum Erfüllungsgehilfen der Tunnelräuber gemacht wurde.

      Vermögenswerte flossen aus Deutschland dauerhaft ab und die Deutsche Bundesbank sah hilflos zu, wie ihre Target2-Forderungen anwuchsen. Eine Rückzahlung der Target2-Verbindlichkeiten, die aus der Aktion „Dicke Bertha“ resultierten, ist weiterhin nicht in Sicht. Vielmehr droht ein weiteres Anwachsen in Folge der nächsten geplanten Rettungsaktionen im Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise. Die Target2-Forderungen der Deutschen Bundesbank lagen Ende Juni 2013 trotz eines Rückganges gegenüber dem Höchststand von 751 Milliarden EURO immer noch bei 575 Milliarden EURO88.

      In der militärisch aufgeladenen Sprache von Herrn Draghi hätte sich die deutsche Waffe „Dicke Bertha“ aus dem ersten Weltkrieg nun in Europa gegen Deutschland selbst gewendet und dort nicht nur die deutsche Errungenschaft einer stabilitätsorientierten Geldpolitik, sondern auch den Großteil des deutschen Auslandsvermögens innerhalb nur eines einzigen Jahres unwiederbringlich zerstört. In der gemäßigten Sprache unseres Tunnelvergleichs könnten wir etwas freundlicher formulieren, dass die „Dicke Bertha“ den Banken und Investoren in den Krisenländern das benötigte Geld zur Verfügung gestellt hat, mit dem sie im Ausland, insbesondere in Deutschland, unbeschwert einkaufen gehen konnten.

      Dass hierbei Demokratie und Rechtsstaat auf der Strecke geblieben sind, wird momentan schon offen in Deutschland diskutiert89. Die juristische Bewertung der von den Notenbankern ergriffenen Maßnahmen zur Bankenrettung wird das Bundesverfassungsgericht sicher noch mehrfach beschäftigen. Auch die Rolle der Deutschen Bundesbank ist unter den Gesichtspunkten des Vermögenstransfers von Deutschland in die Krisenländer eingehender zu beleuchten.

      Das mit der „Dicken Bertha“ in den Krisenländern ausschließlich für die Bankenrettung gedruckte Geld war das Instrument, mit dem die Bankräuber ihren Dienst zum Wohle der Finanzwirtschaft und der Investoren verrichten konnten. Da zwischen den Notenbanken und den Geschäftsbanken i. d. R. bargeldlose Transaktionen stattfinden, brauchte genau genommen nicht einmal Geld gedruckt zu werden, sondern es reichte hierfür eine elektronische Geldüberweisung seitens der Notenbanken an die Geschäftsbanken in den Krisenländern aus.

      Ohne die Bereitstellung dieses neu gedruckten Geldes, dem keine realen Gegenwerte gegenüberstehen, hätten die Investoren diese Einkäufe nicht tätigen können, die Banken hätten umgehend geschlossen werden müssen. In einer Marktwirtschaft wäre dies nicht weiter problematisch gewesen, da andere Banken, die besser gewirtschaftet haben als die Pleitebanken, diese Lücke wieder schnell ausgefüllt hätten. So wurden sog. Zombie-Banken weiter am Leben erhalten, die wegen Überschuldung eigentlich schon längst von den Krisenländern hätten geschlossen werden müssen. In diese Richtung gehen auch die Forderungen