Thomas Krause R.

EURO-Bankraub


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der Zinsen) einen höheren Betrag vom Schuldner zurückzuerhalten. Wenn die Investoren also davon ausgehen können, dass sie im Fall von Fehlinvestitionen von den Staaten und deren Notenbanken gerettet werden, gibt es einen Anreiz, deutlich höhere Risiken einzugehen. Höheres Risiko heißt höhere Gewinnaussichten, das Risiko von Verlusten tragen die Staaten und Notenbanken.

      Die Geschäftsbanken haben das Geld dankend für 1% Zins angenommen und dafür Staatsanleihen der Krisenländer gekauft, die Zinsen von etwa 5% einbrachten. Dies ist eine relativ einfache Art und Weise, als Geschäftsbank risikolose Gewinne zu erwirtschaften. Wenn die Geschäftsbanken die gekauften Staatsanleihen als Sicherheit bei ihrer Notenbank einreichen dürfen, ist die Lizenz zum Gelddrucken für die Geschäftsbanken perfekt. Zusätzlich konnten die Geschäftsbanken mit dem seitens der EZB bereitgestellten Geld aus der „Dicken Bertha“ auch eigene Anleihegläubiger auszahlen, die bei Fälligkeit aufgrund des hohen Insolvenzrisikos keine neuen Bankanleihen mehr zeichnen wollten. Praktisch zeitgleich zum Start des Anleihekaufprogramms, das wir im nächsten Kapitel als zweiten Bankraub beschreiben werden, hat die EZB die Sicherheitsstandards für die bei Kreditgeschäften bei der EZB zu hinterlegenden Wertpapiere auf „BBB-„ reduziert61, und akzeptierte damit auch Beinahe-Ramschanleihen von Krisenländern.

      Die Risiken liegen dann bei der EZB, bzw. in den Bilanzen der Notenbanken, die diese Kredite gewährt haben. Bis zum 30.01.2013 sind aus der ersten Tranche 137 Milliarden EURO von den Geschäftsbanken an die Notenbanken zurückgezahlt worden62. Das Volumen der bei den Notenbanken des EURO-Raums seitens der Geschäftsbanken hinterlegten Sicherheiten liegt bei 2 Billionen EURO, in Europa gibt es insgesamt Wertpapiere in Höhe von 14 Billionen EURO, die noch für eine Beleihung in Frage kommen63.

      Durch abgesenkte Mindeststandards wird das in Frage kommende Volumen an besicherbaren Wertpapieren und damit auch das Kreditvolumen der Pleitebanken in den Krisenländern sicher noch weiter wachsen, da es den Notenbanken in den Krisenländern seit Februar 2012 auch gestattet ist, auf eigenes Risiko auch Kleinkredite von ihren Geschäftsbanken als Sicherheiten anzunehmen, ohne dass dies der EZB-Rat genehmigen muss. Aufgrund der laxen Sicherheitsstandards geben die Notenbanken der Krisenländer deutlich mehr Geld an ihre Geschäftsbanken aus, als sie zur Wahrung der Geldwertstabilität unter normalen Umständen ausgeben dürften.

      Die zur Bekämpfung der Bankenkrise von der EZB erzeugte Geldschwemme hat neben der mittel- bis langfristigen Inflationswirkung auch noch andere, sofort wirksame Auswirkungen, die deutlich gravierender sind und in der öffentlichen Wahrnehmung häufig übersehen werden. Diese Auswirkungen lassen sich exemplarisch anhand der Bankenschuldenkrise in Irland und Zypern eindrucksvoll betrachten. In beiden Ländern sind die Banken besonders weit über das vertretbare Maß hinaus gewachsen und sind riskante Investitionen eingegangen, die sich als nicht werthaltig erwiesen haben.

      In Zypern haben die Geschäftsbanken weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit Notkredite in Höhe von 9,4 Milliarden EURO von der Notenbank Zyperns erhalten64. Zieht ein Investor also Geld aus einer Geschäftsbank in Zypern ab, erhält diese das für die Auszahlung benötigte Geld von der eigenen Notenbank als sog. Liquiditätshilfe. Diese Liquiditätshilfe muss von der EZB geduldet werden. Der Investor hat somit die Möglichkeit, sein Geld aus Zypern abzuziehen und in anderen Ländern bei Banken mit besserem Risikoprofil anzulegen.

      Am Beispiel Zyperns wird dargestellt, wie der Transfer des Geldes aus Zypern ins Ausland stattfinden konnte, wenn ein Investor seine risikobehafteten Bankanleihen loswerden wollte. Innerhalb Europas wurde hierfür das System der europäischen Notenbanken genutzt. Bevor wir in einige wichtige Details der Liquiditätshilfen einsteigen, möchten wir das Zusammenspiel von Notenbanken und Geschäftsbanken darstellen, das zum Verständnis der EZB-Maßnahmen zur Krisenbewältigung notwendig ist.

       Goldesel Deutsche Bundesbank

      Die EZB ist als Zentrale der Notenbanken des EURO-Raums anzusehen, die die geldpolitischen Entscheidungen trifft, wie viel Geld im EURO-Raum bereitgestellt werden soll. Die nationalen Notenbanken setzen diese Beschlüsse um. Sowohl die EZB als auch die europäischen Notenbanken erstellen eigene Bilanzen, die über den gesamten EURO-Währungsraum konsolidiert werden. Die Bilanzen geben damit Aufschluss über die durchgeführten Transaktionen und den Einsatz der geldpolitischen Instrumente ihrer Notenbanken.

      Mit dem Instrument der Liquiditätshilfen haben die Notenbanken ein flexibles Instrument erhalten, ihre Bilanzsumme nach eigenem Ermessen zu erhöhen, solange es von der EZB geduldet wird. Die Bilanzsumme der EZB ist im Vergleich zur Bilanzsumme der einzelnen Notenbanken verschwindend gering. Für die Abwicklung der Finanztransaktionen untereinander haben die Notenbanken miteinander und im Verhältnis zur EZB Verträge abgeschlossen, die die Rechte und Pflichten im Detail regeln. Die EZB ist als Zentrale also nur in dem Umfang mächtig, wie sie den einzelnen Notenbanken aufgrund dieser Verträge Weisungen erteilen kann.

      In unserem Beispiel von Zypern verhielt es sich vereinfacht dargestellt so, dass der Investor seine Bankanleihe an der zyprischen Geschäftsbank verkaufte, die zyprische Geschäftsbank diese zurücknahm und als Sicherheit bei der nationalen Notenbank Zyperns einreichte. Die Notenbank Zyperns nahm die risikobehaftete Bankanleihe der zyprischen Geschäftsbank in ihre Bücher und überwies das Geld in Höhe des Anleihewertes in Form einer Notfallkredithilfe an die zyprische Geschäftsbank. Die zyprische Geschäftsbank überwies das Geld aus der Transaktion an den Investor.

      Die Transaktionen zwischen der zyprischen Nationalbank und den Geschäftsbanken Zyperns ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite sollten wir aber auch betrachten, welche Möglichkeiten sich dem Investor aus der Transaktion boten. Sein Geld war für ihn nun wieder frei verfügbar. Er konnte das aus dem Anleiheverkauf erhaltene Geld von der zyprischen Geschäftsbank an eine andere Geschäftsbank des EURO-Raums überweisen lassen, wo das Risiko eines Zahlungsausfalls geringer war. In diesem wirtschaftlich sicheren Land kaufte er entweder Bankanleihen einer solideren Bank, Aktien eines soliden Unternehmens, Immobilien, Luxusgüter und andere Wertgegenstände, Edelmetalle, Autos, Kunstwerke und Dienstleistungen oder tilgte dort seine Auslandsschulden. Diese Käufe des Investors waren jedoch nur möglich, da die zyprische Notenbank das Geld neu gedruckt und an ihre Geschäftsbank ausgegeben hatte. Dem so geschaffenen Geld stand kein realer Gegenwert gegenüber.

      Ganz ähnlich konnten auch ausländische Banken ihre Engagements in den Krisenländern reduzieren. Die ausländischen Banken kündigten einfach ihre bisherigen Kreditengagements gegenüber ihren Firmenkunden oder Privatpersonen. Damit hatte der Schuldner nur die Möglichkeit, in Konkurs zu gehen, oder bei einer anderen Bank, z.B. bei einer inländischen Bank, einen Kredit in gleicher Höhe aufzunehmen. Voraussetzung war jedoch, dass die inländische Bank ausreichend liquide war, beispielsweise dadurch, dass sie eine Geldspritze von ihrer nationalen Notenbank erhalten hatte. Über diesen Weg floss das Geld von der Notenbank über die private Geschäftsbank des betreffenden Krisenlandes an den Investor zurück, der die erhaltenen Gelder mittels Auslandsüberweisung EURO außer Landes brachte. Dieser Vorgang wird als Kapitalflucht bezeichnet.

      Eine bemerkenswerte Analyse dieses Sachverhalts besagt, dass die Nettoabflüsse an Finanzmitteln aus dem EURO-Raum seit 2007 zu mehr als zwei Dritteln nach Großbritannien gegangen sind65. Der hohe Leistungsüberschuss Deutschlands verbunden mit einer annähernd ausgeglichenen Kapitalbilanz der anderen EURO-Länder wurde also zu großen Teilen im Rahmen der sogenannten EURO-Rettungspolitik genutzt, um die Forderungen britischer Banken gegenüber den EURO-Krisenländern zu begleichen.

      Wir sollten in unseren Betrachtungen noch berücksichtigen, dass der Zahlungsverkehr zwischen den Geschäftsbanken von zwei EURO-Ländern eine Wirkung auf die Zahlungsbilanz beider Länder entfaltet. Insbesondere in Krisenzeiten, in denen viele Investoren in den Krisenländern ihr Geld von den Geschäftsbanken abziehen, ergibt sich ein Netto-Abfluss von Geld, dem keine gleichwertigen Zahlungszuflüsse aus den stabilen Ländern gegenüberstehen. Da mit dem neu gedruckten, abfließenden Geld im Ausland Vermögensgegenstände gekauft werden, steht dem Geldabfluss im Krisenland ein Überschuss an Importgütern oder ein Vermögensaufbau/ Schuldenabbau im Ausland in gleicher Höhe gegenüber.

      Das Problem dieser Transaktion ist wie bei den Tunnelräubern in Berlin-Schlachtensee,