Elke Bath

Émile, Étienne und all die Anderen


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aufkreuzen wird.

      Macht nur – wir freuen uns.

      Kapitel 4 - Oktober – Dezember 08 - Goldene OKTOBERGRÜßE.

      Obwohl vor zwei Wochen die Gegend von schlimmen Unwettern be-troffen war. Da war gar nichts golden. Ihr habt Euch ja richtig Sorgen um uns gemacht. Ist daher bei Euch durch die Presse gegangen, nehme ich an. Besonders hat es Nîmes und Umgebung erwischt. In der Zeitung war eine Fotobeilage, die die schlimmen Überschwemmungen vor 20 Jahren zeigte. Es sah aus wie in Venedig. Kommentar dazu: sowas passiert alle 20 Jahre! Genau so war es. Es ist wieder passiert und war heftig. Eine Nacht und einen Tag lang hat es wie aus Kübeln geschüttet. Kommt dann noch ein Wind dazu, können wir Eimer und Lappen schon bereitlegen. Das Dach ist an zwei Stellen undicht, die Wände sind porös, das Wasser kommt unter der Tür rein. Der marode bauliche Zustand zeigt sich in so einem Extremwetter natürlich.

      Kommentar von IHM: es sei halt ein altes Haus, und von außen einpaar Löcher zu stopfen und etwas verputzen würde doch dem Haus seinen Charme nehmen. Und als das Wasser in der Ankleide die Wände runterlief, gab er den wertvollen Tipp, doch einfach die Schränke von der Wand zu ziehen! Da fällt einem natürlich die Kinnlade runter und nichts mehr ein!

      Unser Städtchen war durchaus auch vom Unwetter betroffen. B. hat ja nicht nur seinen Hafen und den Kanal, sondern liegt an der Rhône, hier kurz vor der Mündung ins Mittelmeer schon ein mächtiger Fluss.

      Bei Hochwasser, so wie neulich, werden wirklich die Schotten, die in die Stadtmauer eingelassen sind, dicht gemacht. Das Gelände zwischen Mauer und Fluss war gänzlich überflutet. In ruhigen Zeiten ist das ein riesiger Parkplatz. Mittwochs und sonntags finden dort Trödelmärkte statt, oder ein Zirkus kommt, Reitturniere werden veranstaltet, und nun hätte man rudern können. Einige Schlauköpfe hatten leider vergessen, ihre Autos rechtzeitig wegzufahren. Das Spektakel haben wir uns tags drauf angeschaut. Das Bootshaus vom Ruderclub war bis zum Dach überflutet!

      Wenn es hier regnet dann richtig. Kommt zum Glück nicht zu oft vor. Eigentlich wissen wir gar nicht mehr, was das so ist, ein fieser grauer Himmel, der Sturzbäche zulässt.

      Drinnen essen – ganz furchtbar!

      Ich werde jetzt in den Garten gehen und mich dransetzen, die vielen Tulpenzwiebeln in die Erde zu bringen, jetzt wo sie schön weich ist.

      Bei der Gelegenheit könnt Ihr gleich mitkommen, dann kennt Ihr auch den Garten. Im Haus wisst Ihr ja schon bestens Bescheid.

      Von der Südterrasse aus gehen wir durch ein kleines Eisentörchen und dann genau 90 Schritte durch den Park, zu dem nur ER und wir Zu-gang haben. Da ist er, unser Garten. Die Längsseiten sind schon durch hohe Hecken dicht, zum Haus hin müssen wir noch was machen, nach Süden ist der Bach die natürliche Grenze, und weil gegenüber die Weinfelder liegen, ist ein Sichtschutz dort nicht nötig.

      Der Herbst hält auch hier Einzug. Die Weinfelder, die in ihrer rot-gelb-goldenen Färbung so wunderschön waren, sind abgeerntet. Drei Wo-chen ratterten die Erntemaschinen Tag und Nacht durch die Felder. Der Ertrag, laut Zeitung, sei schlechter als im Vorjahr. Erst zu kalt, dann zu trocken, irgendwas war immer. Dafür sei die Qualität aber gut. Auch hier schreien die Bauern sofort nach staatlicher Hilfe, bloß weil ein paar Liter weniger rauskommen.

      Herbstnähe bedeutet leider auch Ende der Badesaison. Seit Ende September ist das Wasser abgepumpt. Zuletzt hatten wir wach-machende 17°. Kann man aber hinkriegen, wenn die Sonne scheint und der blaue Himmel blitzt. Dieses morgendliche Ritual vermissen wir jetzt schon, hoffen aber nahtlos den Übergang zur Jacuzzi-Saison zu schaffen, Der müsste jeden Tag geliefert werden, steht dann dicht am Haus und wird andere Wasserfreuden bescheren.

      Aber der Rosengarten ist immer noch ganz wunderbar. Im Laufe des Sommers sind etliche dazugekommen. Wir können einfach nicht wi-derstehen und schauen jedes Mal bei der Rosentante in Arles rein, und schleppen was weg. Sie lacht schon immer, wenn wir kommen. „Ob denn überhaupt noch Platz wäre…“ aber sicher, irgendein Plätzchen findet sich schon noch.

      Der Lavendel ist geschnitten und findet jetzt als Antimottenmittel Verwendung. Zudem liegt auf jeder Fensterbank ein Bündel Lavendel, um die Skorpione fern zu halten. Beim ersten Mal hab ich mich ganz schön erschrocken, als da einer rumkroch.

      Steht auf der „Hausordnung“ als Hinweis für unsere Gäste:

      Nicht barfuß gehen im Garten und im Poolbereich! Skorpione! Was steht da noch? Achtung: Kanalisation spätes 18.Jhdt.! Seid sparsam mit Papier! (Hängt im goldenen Rahmen im Gäste-WC).

      Ein Traum war natürlich der alte Feigenbaum, der ab August Früchte trug und eine nicht zu bewältigende Ernte brachte. Wir konnten Freunde und Nachbarn damit beglücken, ein bisschen was habe ich eingefroren, Marmelade gekocht, aber es waren solche Mengen! Zwei schwere Zweige hängen über der Poolmauer, da kommt man aus dem Wasser, greift nach oben und verputzt die Köstlichkeit.

      Wenn man da nicht schon wieder ans Paradies denkt….

      Das mit kleinen Fehlern. Hatte ich erwähnt. ER war schon dran.

      Mitte August sind ein paar Burschen, mindestens zwei denken wir, hinten im Garten eingedrungen, haben den Zaun runtergedrückt, sind über die Poolmauer geklettert, an der Stelle waren nämlich die Pflanzen zertrampelt und haben sich dann ein paar Kissen, zwei Lie-gestühle und zwei Korbstühle geschnappt. Einen Blick in den Eis-schrank haben sie auch noch geworfen und – das fand ich jetzt ober-frech – haben zwei einsame Flaschen Bier mitgenommen! Das waren sicher keine Profis, denn viel Wertvolleres haben sie liegengelassen. Da brauchte einfach jemand was für seine Terrasse.

      Egal, ärgerlich war das allemal, trotz des geringen Schadens. Auf diese Weise wissen wir jetzt auch, wie eine französische Provinz-Gendarmerie-Dienststelle von innen aussieht.

      Der Gatte hat daraufhin die Zaunecke, wo die Burschen eingestiegen waren, mit Stacheldraht gesichert und einen fetten Bewegungsmelder angebracht. Schreckt vielleicht doch etwas ab.

      Wir leben halt ziemlich einsam auf dem Lande. Das ist der Preis.

      * * *

      Ich nehme Euch jetzt mit auf eine kleine Reise, damit Ihr dieses auf-dem-Land-leben vor Euch seht.

      Stellt Euch vor, wir haben grade am Hafen einen Rosé oder Pastis ge-trunken – „bloß kein Wasser“, sagt unser Freund Christian immer, „Wasser brauch ich unter der Dusche!“ Kann man vertreten.

      Jetzt steigt Ihr zu mir ins Auto , und wir fahren in westlicher Richtung stadtauswärts, am Friedhof vorbei, weiter, weiter, am grottenhässli-chen Zementwerk vorbei, noch zwei Kilometer, dann biege ich links ab von der Kreisstraße auf ein landwirtschaftliches Sträßchen – eben deshalb ist es für Elvis nicht gefährlich – und schon steuern wir auf das Mas zu.

      Ihr seht ein großes, ein sehr großes u-förmiges Gebäude. Grauer Stein und völlig verschachtelt. Hier dreistöckig, daneben zweistöckig, noch ein Anbau, ein Vorbau, unser Turm drangepappt.

      Wir bewohnen die linke, untere Ecke vom U. Aus dem einstmals hochherrschaftlichen Besitz eines wohlhabenden Bürgers von B., hat der jetzige Besitzer, ER, sieben unabhängige Wohneinheiten gemacht, die er nun vermietet. Die Idee, die Mieter durchzunummerieren, die ich Euch vorstellen will, macht mir wirklich Sinn.

      Ein großes U-Gebäude also, zu allen Seiten hin umgeben von Wein-feldern. Ein Traum.

      Auf der anderen Seite des Sträßchens wohnt ein älteres Ehepaar mit einer Schwester, das ist die sehr bibelfeste Madame Dijolle, die noch erwähnt werden muss. Später.

      Außer den Anrainern fahren da nur Frau Post und ansonsten Trecker und Co. Selbst die Müllabfuhr darf nicht weiter geradeaus fahren, weil das Brückchen über unseren Bach zu schmal ist.

      Dann wäre auf der Seite noch der „Grattlerhof“ von Joseph, dem Bauern. Ihm gehören große Teile des Landes, das uns umgibt. Er be-stellt nicht nur seine Felder, sondern hat auch noch einen Job im Ze-mentwerk, wahrscheinlich