Anders Aaronson

Thuazar


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die Tränen runter und er schluchzte bitterlich.

      Rand schüttelte mit dem Kopf und setzte sich wieder zu dem Graugewandeten. »Schreiben sie: »Surubaya M’basa angeklagt der Spionage bleibt verstockt und die Tortur wird weitergeführt.««

      »Bitte, bitte ...«, flüsterte Surubaya.

      »Bitte, bitte«, äffte ihn Rand nach.

      Einer der maskierten trat vor -war es Skrat, Trewas oder Zusa?- nahm die Eisenstange vom Tisch und kniete sich seitlich von Surubaya hin.

      Er holte weit aus und zerschmetterte mit einem Schlag das rechte Schienbein.

      Surubaya versuchte zu schreien, aber ein Krampf schüttelte ihn und es kam nur noch ein Krächzen. Der nächste Schlag zerschmetterte sein linkes Schienbein und Surubaya fiel ein weiteres Mal in eine gnädige Ohnmacht.

      Die blutenden Löcher, in denen vorher die Nägel gesessen hatten, schleiften über den Boden und die Knochen der gebrochenen Schienbeine schabten aneinander. Surubaya zappelte und versuchte sich zu wehren, aber er wurde von zwei starken Männern unter den Achseln festgehalten und vorwärts über den Steinboden geschliffen. Der Schmerz war unvorstellbar.

      Er hörte ein lautes Kreischen.

      Ach ... er war es selber.

      Er wurde wahnsinnig, dachte er, und fing an zu lachen.

      Dann stoppten sie. Ein Schlüssel schloss eine Tür auf und man zog ihn in einen nach Scheiße stinkenden Raum hinein, was wieder eine brennende Schmerzwelle durch seinen Körper schickte und ihn abermals zum kotzen brachte. Man ließ ihn einfach fallen und er landete mit dem Kiefer auf den Boden, was ihn einen Backenzahn und ein Stück seiner Zunge kostete. Der Schmerz ging unter in dem anderen Schmerz, der in seinem Körper wütete.

      Er stöhnte leise.

      Angst, nein Angst hatte er keine mehr. Nur noch Schmerzen. Unvorstellbare Schmerzen. Unglaubliche, reißende, brennende, dröhnende Schmerzen.

      Direkt neben seinem Ohr hörte er ein Atmen und er roch dezentes Rosenparfüm.

      »Morgen machen wir weiter mein Freund«, flüsterte ihm die Stimme Rands zu. »Jetzt können sie sich erstmal ausruhen.«

      Schritte entfernten sich. Die Tür fiel ins Schloss und es war stockdunkel.

      Jetzt kam auch wieder die Angst.

      Und Surubaya wusste nicht, was schlimmer war. Die Schmerzen oder die Angst vor neuen Schmerzen.

      Rand klopfte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte. Wieder einmal mussten sie auf den Schatzmeister warten. Eines Tages würde er ihm die Haut persönlich von seinem fetten Körper schneiden. Aber bis jetzt war er eigentlich recht nützlich. Trotzdem, Rand hasste Unpünktlichkeit.

      Er schaute in die Runde.

      Zu seiner linken saß Schadrazs. Sein Heerführer. Der grobschlächtige Kerl dessen Gesicht von einer Narbe, welche vom linken Auge quer über die Nase bis zum rechten Mundwinkel führte, und dessen Haut aussah wie brüchiges braunes Pergament, hatte schon unter seinem Vater gedient. Er nahm gerade einen gewaltigen Schluck Bier aus einem genauso gewaltigen Horn. Ein schwarzer Lederpanzer spannte sich über seine breite Brust und ein schwarz-gelb gestreiftes T’gar Fell hing über seinen Schultern. Das war ein Mann, dem er vertraute. Er schaute ihn an und Schadrazs neigte ehrerbietig den Kopf.

      Nach kurzer Zeit schlug der König mit der flachen Hand auf den Tisch. Das Gemurmel der anderen Ratsmitglieder verstummte augenblicklich. Im selben Moment öffnete sich die Tür des Ratsaals und ein enorm fetter, mondgesichtiger, kahlköpfiger Mann, bekleidet mit einer wallenden roten Robe, watschelte schnaufend und prustend auf die Versammlung zu.

      Angekommen nickte er den anderen zu und verneigte sich so tief vor Rand, dass man Angst haben musste, dass er vorn überkippen würde. »Verzeihen sie meine Unpünktlichkeit ...«, setzte er mit einer hohen Fistelstimme an. »Aber ich hatte noch einen Termin mit den Kaufleuten aus Galon, die uns glücklicherweise den gewünschten Kredit gewähren, gegen ... sagen wir mal: Eine kleine Vergünstigung. Ich würde vorschlagen ...«

      Rand sprang auf und brüllte seinen Schatzmeister Vorno direkt ins Gesicht: »Ich würde vorschlagen, Sie reden erst dann, wenn ich sie dazu aufgefordert habe!«

      Die anderen Ratsmitglieder schauten betroffen auf die Tischplatte, bis auf Schadrazs, der eine Augenbraue hob und vor sich hin schmunzelte.

      Rands Vater war schon ein Choleriker gewesen, aber der Jähzorn und auch die bestialische Grausamkeit des jetzigen Herrschers von Hohen Horst übertraf alles Dagewesene und war schon berühmt berüchtigt.

      Vor einer Woche noch hatte er eine Magd grün und blau geprügelt, weil sie einen Becher Wein hatte fallen lassen, und der Bote, den sie festgenommen hatten mitsamt seiner Eskorte, saß auch schon seit vier Tagen im Kerker und wurde jeden Morgen zur Tortur gebracht, wobei Rand immer zugegen sein wollte. Schadrazs war es egal. Er nahm einen weiteren tiefen Schluck aus seinem Horn, während Vorno sich blamiert und erschüttert in den Armlehnenstuhl zwängte, der dabei beängstigend knarrte und knirschte. Rand setzte sich wieder.

      »Schadrazs, wie sieht es mit den Truppen aus?«

      Der Heerführer nahm noch einen Schluck.

      »Mein König«, setzte er mit seiner tiefen schnarrenden Stimme an. »Zehntausend Fußsoldaten sind auf den Marsch Richtung Grün Aue. Fünfhundert Bogenschützen und tausend Berittene habe ich Richtung Dervon Tai geschickt ...«

      »So wenig?«, fragte Rand. Er hatte die Fingerspitzen gegeneinandergedrückt und guckte Schadrazs von der Seite mit zu Schlitzen verengten Augen an.

      »Nein mein König«, der Heerführer richtete sich auf. »Unsere Eliteeinheit begleitet sie.«

      Ein leises Lächeln umspielte die Mundwinkel Rands.

      »Wie viele?«, fragte er.

      »Fast dreihundert, mein König.«

      Ein erschrockenes Murmeln ging durch den Rat.

      »Fast dreihundert!«, rief Rand freudig aus und sprang auf. Er schritt zum Fenster. »Wie viele schickt Dervon Tai uns entgegen?«

      »Meine Kundschafter berichteten mir, dass ein Söldnerheer von ca. zweitausend Mann und die tausend Mann starke berittene Stadtgarde gegen uns ins Feld zieht.«

      »Söldner?«

      »Ein zusammen gewürfelter Haufen aus Menschen, Braks und Xin.«

      »Wie lange werden sie standhalten?«

      »Eine Stunde, länger nicht.«

      Rand schaute immer noch durchs Fenster nach unten auf den Hof.

      »Sobald der Kampf zu Ende ist, möchte ich das alle Gefangenen auf der Straße zu Dervon Tai gepfählt werden. Das Wehklagen der Armen soll über das ganze Land wehen, so dass jeder weiß, was ihm geschieht, wenn man sich gegen mich stellt. Verstanden?«

      »Ja, mein König.« Schadrazs verabscheute solche Grausamkeiten. Außerdem würde es nichts bringen, außer dass die Rebellen noch mehr Zulauf bekommen würden. Des Weiteren waren es Söldner, mit ein paar Silberstücken mehr konnte man sie leicht überreden, die Seiten zu wechseln. Die Stadtgarde Dervon Tais waren ehrbare Soldaten, die man auch so behandeln sollte. Aber Rand war König und ihm hatte er zu gehorchen.

      Vorno meldete sich zu Wort.

      »Mein König darf ich sprechen?«

      Rand kam zurück und legte seine beiden Hände von hinten auf die fetten Schultern des Schatzmeisters.

      »Natürlich, sag was du auf dem Herzen hast, Dickerchen«, flüsterte er ihm ins Ohr.

      Vorno wurde blass und Schweißtropfen sammelten sich auf seiner Stirn. Rand setzte sich wieder hin und schaute ihn lächelnd an.

      »Mein König, wie ich vorhin schon erwähnte,