Anders Aaronson

Thuazar


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      Alma spielte immer noch mit dem Insekt fangen, und rief die ganze Zeit lauthals: »Schmaaattalingse! Schmaaatalingse!

      Iii biens, de Aaaaalmaaaaa!«

      Nix wie weg hier und ab zum nächsten Haus. Die Flatoks, die sogar einen Türsteher hatten, der die Gäste einließ und manchmal auch wieder rausschmiss.

      »Guten Morgen Häsnö!«, rief er ihm über den Gartenzaun hinweg zu.

      »Guten Morgen Manapa. Komm besser morgen wieder. Der Alte hat wieder Stress mit den Rutinrags und ist nicht gut aufgelegt.«

      »Na das läuft ja super heute«, seufzte Manapa und ging zu den nächsten.

      Den Rimizers.

      Er öffnete das Gatter der Schafweide und schloss es auch schnell wieder. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie ihm einmal ein Lamm entwischte. Er war den ganzen Tag durch das Dorf gerannt um es wieder einzufangen und hatte sich dabei zum Gespött der Leute gemach.

      Das Haus der Rimizers war riesig. Es hatte sogar zwei Stockwerke und lag oben auf einen der drei Hügel.

      »Hallo Pari. Alles klar?«, sagte er zum Türsteher. Einen groben Kerl mit flammend roten Haaren, die im wüst zu allen Seiten abstanden – und wusste schon, welche Antwort kommen würde.

      »Alles klar, wenn die Agaps nicht wären«, brummte er und öffnete Manapa die Tür.

      »Tja«, sagte Manapa, im vorbeilaufen.

      Die Fehde der Agaps gegen die Rimizers war schon fast so alt wie Drei Hügeln selber. Kurz nachdem die Rimizers ihr Haus oben auf dem Hügel erbaut hatten bauten die Agaps ihres unten am Fuße des Hügels. Die Rimizers meinten die Agaps würden den Hügel unterminieren damit er samt dem Haus der Rimizers zusammenstürzen solle. Die Agaps waren der festen Überzeugung, dass die Rimizers immer wieder Schafe stehlen würden. Aber da Gromlums eigentlich, wie ja schon erwähnt, sehr friedlich waren gab es bisher noch keine Handgreiflichkeiten. Trotzdem. Seit geraumer Zeit lag eine gewisse Würze in dem Streit. Nämlich, seitdem Undar Agap, das Oberhaupt seiner Familie, jetzt auch noch zum Dorfvorsteher gewählt worden war. Das piesackte die Rimizers wie ein spitzer Stein im Schuh.

      Manapa trat in die große Halle ein. Fast dreißig Gromlums lebten in diesem Haus unter einem Dach. Das Oberhaupt Ransor, der schon über hundert Jahre alt war, saß in der Nähe des Kamins in einem großen gemütlichen Ohrensessel, rauchte eine Pfeife und sah zufrieden seinen Ururenkeln, die ihm zu Füßen saßen, beim spielen zu. Seine beiden Töchter und seine zwei Schwestern führten den Haushalt. Die jüngeren Kinder Ururenkel, Urenkel, Nichten und Neffen waren zu Hause, die Älteren draußen beim Jagen, Fischen, auf den Feldern oder Schafe hüten.

      »Manapa!«, rief Ransor mit seiner brüchigen Stimme und winkte ihn matt herbei.

      »Nur nicht täuschen lassen von dem alten Fuchs.« dachte Manapa. Ransor war schlau und gerissen, wenn es ums Handeln ging.

      Manapa lief einen Zick-Zack-kurs durch die Kinder, zog sich einen Hocker herbei und fühlte sich, wie ein kleines Kind, der sich zum Großvater setzte, um ein Märchen zu hören.

      »Also Manapa, was führt dich zu mir?«

      Innerlich seufzte er tief; denn jetzt wusste er, dass Ransor gute Laune hatte und Lust aufs Handeln dazu. »Was wohl? Knöpfe will ich dir nicht verkaufen.«

      »Nana, junger Mann, mal nicht so schnippisch.« Der alte Mann saugte stark an seiner Pfeife und stieß in kleinen Kringeln den Rauch wieder aus.

      »Nun gut. Ich brauche ein Bund Graginholz zum Räuchern, neun Bündel Brennholz und drei Bünde Reisig. Aber trocken«, fügte er lauter hinzu. »Letztes Mal war es klatschnass.«

      »Klatschnass?«, entrüstete sich Manapa. »Dass ich nicht lache. Mein Reisig ist immer korktrocken.«

      Pause. Der Alte blies wieder Kringel in die Luft. Manapa überschlug kurz, was er haben wollte. Jetzt hoch anfangen und noch fünf Siberne dazu.

      »Fünfzehn!«

      »Hah!« rief Ransor aus, dass ihm fast die Pfeife aus dem Mund fiel und so laut, dass sich alle zu den beiden umdrehten.

      »Du Wucherer, Halsabschneider, Lump du! Ich lass dich rausschmeißen....Acht!«

      »Nä nä. Dreizehn wenigstens.«

      »Ahhhh! Was haben wir nicht schon alles für dich getan. Das ist also der Dank für unsere Treue ... Zehn. Mehr geht nicht.«

      »Also zwölf muss ich haben, sonst lassen wir’s.«

      »Frauen habt ihr das gehört?«, rief er seinen Töchtern zu.

      »Der Mann hier plündert unsere Haushaltskasse. Man könnte es schon fast als Diebstahl bezeichnen. Ab nächste Woche können wir für einen Monat nur noch Suppe essen.«

      »Du kannst doch sowieso nur noch Suppe essen«, sagte Manapa spitz. Ransor guckte ihn mit zusammengekniffenen Augen an.

      »Bist ein harter Brocken geworden, Manapa Opum, und unverschämt noch dazu. Bekommst elf und gut ist.«

      Einen mehr als gedacht. »Na gut Ransor!«, und er streckte ihm die Hand hin.

      Pari kam hereingestürmt. »Großvater, Großvater!«, schrie er durch die Halle. »Es ist was mit Igejai. Komm schnell.«

      »Igejai? Bei allen Göttern! Ich komme. Geh´ schon mal vor. Manapa hilf mir.«

      Igejai war die Seherin und Schamanin des Dorfes. Sie war Ransors Schwester, aber auch eine gute Freundin von Manapas Tante Hilgo. Also interessierte es ihn genauso. Er half Ransor hoch, spürte Trotz allem noch eine erstaunliche Kraft in dem alten Mann, der zielstrebig losmarschierte, nachdem er hochgekommen war. In der Mitte zwischen den Hügeln war der Marktplatz, an dem auch die kleine Hütte der Schamanin stand, um die herum jetzt ein großer Auflauf herrschte. Ransor drängelte sich nach vorne durch. Igejai stand mit einem weißen Leinentuch bekleidet vor der Tür. Sie war nur ein Jahr jünger als Ransor aber ihre häufigen Wanderungen in der Geisterwelt ließen sie noch älter als ihn aus sehen.

      Sie hatte die Arme seitlich erhoben und die Augen waren auf weiß gedreht. Schaum quoll aus ihrem Mund und lief an ihrem Kinn herunter. Sie brabbelte unverständliches Zeug. Ransor versuchte sie anzusprechen, worauf sie aber nicht reagierte. Plötzlich verstummte sie und ihre Augen rollten zurück in die normale Position. Sie waren pechschwarz und starrten in weite Ferne. Jäh schrie sie auf und ihr ganzer Körper versteifte sich.

      Dann begann sie, zu sprechen:

      »Die fliegenden Echsen kommen,

      mit Feuer bringen sie Tod und Verderben.

      Sie sind nur die Vorhut derer, die Böses wollen,

      und kommen von den Bergen.

      Flieht und holt Hilfe von den Xin,

      ein mutiger Mann soll rennen,

      muss zum Silbersee schnell hin,

      soll Luthul und Ussengal dort nennen.«

      Dann brach sie wie vom Blitz getroffen zusammen. Pari und Manapa hoben sie auf. Sie war leicht wie Papier. In der Hütte legten sie sie ins Bett. Ransor setzte sich auf einen Stuhl zu ihr. Draußen zerstreute sich die Menge.

      Flatternd öffneten sich Igejais Augen.

      »Hatte ich wieder eine Vision?«, fragte sie mit rasselndem Atem.

      »Ja meine Liebe«, antwortete Ransor sanft und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich gehe jetzt. Pari wird hierbleiben und ich schicke ein paar von der Familie, die dich abholen. Die nächsten Tage wohnst du bei uns.« Seine Schwester nickte schwach. »So machen wir das«, flüsterte sie und lächelte dankbar Ransor an. Mit einem Schnaufen stand er auf und ging entschlossen über dem Marktplatz nach Hause, gefolgt von einem ziemlich verdatterten Manapa. In der Halle setzte er sich in seinen Ohrensessel und stierte ein paar Minuten vor