Anders Aaronson

Thuazar


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so wie er das Wildschwein ausgeweidet hat.

      Dita Lüten wird in siedendem Öl gekocht, so wie sie mitgeholfen hat Teile des Wildschweines zu kochen.«

      Beim letzten Urteilsspruch ging ein Raunen durch die Menge. Frauen drückten ihre Kinder an sich und Männer drohten mit den Fäusten.

      »Wer das Urteil anfechten möchte, soll jetzt vortreten oder für immer schweigen.«

      Langsam drehte sich der Richter um die eigene Achse und schaute in die Menge. Sofort verstummten die Protestrufe.

      »Nun denn!«, rief der Richter. »Möge die Familie Lüten durch Schmerz und Tod Läuterung erfahren und reinen Herzens in Reuds Arme fallen. Henker, walte deines Amtes!«

      Andras machte sich bereit. Nun war es wieder einmal an ihn, das Leiden der Verurteilten zu mildern. Wie oft schon hatte er so den Schuldiggesprochenen geholfen? Aber was konnte er sonst tun, außer diesen Akt der Gnade zu vollziehen?

      Das Kreuz wurde auf zwei Böcke abgelegt und der Vater bäuchlings darauf fixiert. Die Arme am Querbalken. Um die Fußknöchel knoteten zwei der Knechte Seile und zogen die Beine links und rechts herunter. Der Henker trat mit einem breiten Messer in der Hand herbei.

      Die Frau und die Söhne schrien, wollten sich losreißen und auf den Henker losstürmen. Die Knechte schlugen mit Knüppeln auf Bauch und Rücken ein, bis die Jungen und die Mutter Ruhe gaben.

      Totenstille herrschte. Nur das leise Weinen Ditas, die jetzt zitternd und allein dastand, war zu hören.

      Als der Henker merkte, dass die ungeteilte Aufmerksamkeit ihm gehörte, begann er sein blutiges Handwerk. Er widmete sich dem Vater und erweiterte mit dem Messer die natürliche Öffnung in die der Pfahl eindringen sollte. Der geschundenen Körper wollte sich aufbäumen wurde aber von den Fesseln und Seilen zurückgehalten. Dabei gab er ein Geräusch von sich wie ein morsches Stück Holz das man langsam brach. Die Zähne klapperten und die Gesichtsmuskeln zuckten unkontrolliert. Dann erstarrte das Gesicht zu einer Maske des Schmerzes, den dieser arme Mann erlitt. Das war Andras Zeitpunkt.

      Er zielte und traf. Der kleine Pfeil drang in die Seite des Körpers ein. Innerhalb von Sekunden erschlaffte der Mann und er bekam nicht mehr mit, wie der Henker und seine Knechte den Pfahl langsam in seinen Leib einführten, bis er kurz über dem Schulterblatt die Haut nach außen drückte. Einer der Knechte machte einen Kreuzschnitt über der Wölbung und der Pfahl trat aus dem Körper heraus. Die Füße wurden mit den Seilen an den Pfahl gefesselt; die Hände ebenso. Dann wurde er aufrecht gestellt und in einer Vertiefung der Plattform fixiert. Andras Pfeil blieb unbemerkt. Der Henker nickte seinen Knechten zu, die sich der Frau zuwandten. Dita die sich neben ihre Mutter gekniet hatte, wurde grob weggezerrt und bekam eine Ohrschelle, als sie schreiend zu ihr zurück wollte. Wimmernd kroch sie zu ihren Brüdern und die Menge wurde merklich unruhiger. Mit einem Ruck rissen die Knechte Ernane die Lumpen vom Leib und stießen sie zu dem Kreuz, dass die anderen zwei Schritt neben dem Gepfählten aufrecht hingestellt hatten. Um die Handgelenke knoteten sie Seile, welche über den Querbalken geworfen wurden. Somit hing die Frau mit dem Bauch gegen das Kreuz. Die Beine wurden unten an den Balken festgebunden und der Henker trat hinzu. Er zog ein kleines scharfes Messer und schnitt von einer Schulter zur anderen. Ernane schrie auf und warf heftig den Kopf in den Nacken. Mit zwei weiteren geschickten Schnitten von den Schultern bis hinunter zum Becken hatte er die Schmerzgrenze der Frau überschritten und sie fiel in Ohnmacht. Dachte der Henker. Durch die beengte Sicht sah er nicht den kleinen Pfeil der in Ernanes dichtem Haarschopf steckte. Nach zehn Minuten war er fertig und Ernane ein roher Klumpen Fleisch. Nur noch schwer erkennbar, dass der Haufen, der nach dem Abnehmen vom Kreuz, und auf den Brettern der Plattform lag, einmal ein Mensch gewesen war.

      Die Menge war wieder ruhiger geworden. Die Hinrichtung war, wie sooft blutig, aber die Delinquenten fielen, schnell in Ohnmacht, und mussten nicht lange leiden.

      Nun legten zwei der Gehilfen das Kreuz auf die Böcke, während die drei anderen den sich heftig wehrenden Berend herbei zerrten.

      Der junge Mann wurde mit dem Rücken auf das Kreuz gelegt und mit den Lederriemen fixiert. Der Henker kam mit einem sichelförmigen Messer und ohne zu zögern, öffnete er mit den Unterleib. Den Mund zu einem lautlosen Schrei geöffnet bäumte Berend sich auf, wodurch die Eingeweide durch die geschaffene Öffnung hervorquollen. Sofort griff der Henker zu und fing an zu zerren. Der Junge sackte zusammen. Andras hatte ihn im Ohr so gut getroffen, dass der Pfeil fast im Schädel verschwunden war. Nach zwei Minuten war der Henker fertig und die Leiche des Jungen wurde achtlos neben die Überreste der Mutter geworfen.

      Andras war bisher zufrieden mit seiner Arbeit, wenn man damit überhaupt zufrieden sein konnte, Menschen zu Reud zu schicken. Aber was sollte er machen. War es Unrecht unschuldigen Menschen Leid zu ersparen? ›Nein!‹, dachte er grimmig und nahm den nächsten Pfeil, steckte ihn in das Blasrohr und widmete sich wieder dem Ort, des grausamen Geschehens.

      Die Knechte stellten zwei Holzbalken in Vertiefungen der Plattform in einem Abstand von zwei Schritt auf. Mit einem kräftigen Schlag in die Magengrube machte ein anderer Arend gefügig, und noch einer hielt die schreiende Dita fest.

      »Bring das Balg zum Schweigen«, knurrte der Henker ihm zu. »Bring es aber nicht dabei um!«

      Der Gehilfe drückte kurz auf die Halsschlagader des Mädchens, das daraufhin ohnmächtig zu Boden glitt.

      Arend wurde mit den Füßen oben an den Holzbalken mit Fußeisen befestigt. Die Hände fesselte man unten an die Balken. Die Hose und das Hemd riss man ihm vom Leib. Der Junge schaute stumm und mit ausdrucksloser Mine in die Gesichter der Nächststehenden, die entweder betroffen wegguckten oder sich umdrehten und gingen, nur um sofort von den nächsten Gaffern, ersetzt zu werden. Einer der Knechte stellte sich hinter ihm und einer vor ihm auf. Der Henker reichte seinen beiden Gehilfen die Säge, die sie zuerst noch in Höhe der Knie hielten. Auf ein Zeichen ihres Meisters hin begannen sie Arend, vom Schritt an zu zersägen. Der erste Aufschrei des Jungen war markerschütternd. Das Blut spritzte in alle Richtungen. Arend brüllte und kreischte sein Leid heraus. Die Knechte kamen beim Bauchnabel an und beide waren über und über mit Blut und Exkrementen besudelt, als der Junge endlich verstummte.

      Das Raunen der Menge wurde lauter.

      Andras trat vom Fenster weg und seufzte. Deswegen sah er auch nicht, dass einer der Knechte den Pfeil bemerkt hatte und den Henker darauf aufmerksam machte.

      Da pfuschte ihm einer ins Handwerk, und das konnte er gar nicht haben. Der Pfeil steckte in der Seite des Jungen. Er verfolgte die angenommene Schussbahn und sah mehrere Häuser, die aber alle nicht in Frage kamen, bis auf eins. »Zum goldenen Einhorn«

      Er sah genauer hin ... bewegte sich da etwas hinter dem Fenster?

      Andras schlug das Herz bis zum Hals. Hatte der Henker ihn angestarrt? Vorsichtig lugte er nochmals durch die Gardine. Auf dem Marktplatz hatte sich eine kleine Rauferei zwischen ein paar Betrunkenen und Wächtern entwickelt. Ansonsten fiel im Nichts auf.

      Auf der Plattform wurde jetzt die kleine Dita mit den Armen an die Flaschenzugkonstruktion befestigt. Beim Hochziehen berührten ihre nackten Beine den heißen Kessel und sie kreischte erbärmlich auf, schrie nach ihrer Mama und zappelte an den Seilen wie ein Fisch am Haken.

      Jetzt wurde die Menge unruhig. Immer mehr Rufe nach Erbarmen und Gnade kamen auf. Kleine Steine wurden geworfen und mutige Männer gingen gegen einige Wachen vor. Der Henker wusste, dass so eine Lage schnell eskalieren konnte. Nun gut, entschied er, sollte das Kind sterben, ohne zu leiden. Das Gekreische zerrte sowieso an den Nerven. Er gab dem einen Knecht das Zeichen, das Mädchen in den Topf fallen zu lassen, der sofort den Hebel umlegte. In dem Moment schoss Andras den Pfeil ab und ... verfehlte sein Ziel. Er hatte die Situation falsch eingeschätzt.

      Normalerweise wurden die Delinquenten langsam in den Topf herabgelassen. Aber der beginnende Tumult auf dem Marktplatz hatte den Henker veranlasst, die Sache schnell zu beenden. Der Pfeil sauste über den Kopf des Mädchens hinweg. »Scheiße!«, fluchte Andras. Trotzdem wusste er, dass die Ohnmacht sofort einsetzten würde, und beruhigte sich damit. Zu seinem Erschrecken sah er aber eine furchtbare