wurde, wird uns dabei nicht weiter helfen.“ (Michael Schmidt-Salomon)
Terry Jones, Mitglied der englischen Komikergruppe Monty Python, ist der Überzeugung, dass ein Film wie Das Leben des Brian heute nicht mehr umzusetzen wäre. Die Kirche sei mit voller Kraft zurück – und das bei immer weiter sinkenden Gläubigenzahlen. Worin liegt dieser Trend begründet? Einen großen Einfluss übt sicher das Duo Politik-Religion aus. „Viele Spitzenpolitiker präsentieren sich mit großem Eifer als Spitzengläubige, weshalb sie nicht nur in der Politik, sondern auch in den Kirchen wichtige Posten besetzen (etwa im Zentralkomitee der deutschen Katholiken oder im Rat der evangelischen Kirche in Deutschland).“29 Die scheidende Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ist zum Beispiel Mitglied der hochkonservativen kleinen ‚Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche‘.30
In politischen Reden werden immer wieder die christlichen Werte betont. „Allerdings darf man stark anzweifeln, ob die Damen und Herren der Politik auch nur den leisesten Hauch einer Ahnung haben, worüber sie da eigentlich sprechen.
Nur ein Beispiel unter vielen: [Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales,] Ursula von der Leyen, … verkündete 2006 vor laufenden Kameras, dass ‚die ersten 19 Artikel unseres Grundgesetzes im Prinzip die Zehn Gebote zusammenfassen‘ würden. … Offenbar besitzt die Ministerin eine recht eigentümliche Ausgabe des deutschen Verfassungstextes: Denn seit wann … legitimiert das Grundgesetz Religionszwang und Sippenhaft, Sklaverei und Unterordnung der Frau unter den Mann – allesamt Inhalte der Zehn Gebote? Andersherum formuliert: Seit wann enthalten die Zehn Gebote unverletzliche und unveräußerliche Menschenrechte (Artikel 1 des Grundgesetzes), das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2), die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 3), die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses (Artikel 4) oder gar die Gewährung von Meinungs-, Presse-, Kunst- und Forschungsfreiheit (Artikel 5)? Diese Rechte sind im Kanon der Zehn Gebote nicht nur nicht enthalten, sie stehen vielmehr in einem unaufhebbaren Widerspruch zur gesamten Ausrichtung der Bibel! […] Die Religionen (inklusive des Christentums) waren summa summarum keine Motoren, sondern Bremsklötze des kulturellen Fortschritts – und sie sind es bis zum heutigen Tage geblieben.“31
Dennoch sollte der Kampf gegen den ungerechtfertigten Einfluss der Kirchen nicht aufgegeben werden. Viele kluge Menschen und Herrscher haben den Hintergrund der Religionen in treffende Worte gekleidet. So sagte Seneca: „Religion gilt dem gemeinen Mann als wahr, dem Weisen als falsch und dem Herrscher als nützlich.“ Ähnlich sah es auch Napoleon Bonaparte, der die Religion als ein ausgezeichnetes Instrument empfand, um das Volk ruhig zu halten. Bereits zum geflügelten Wort ist der Ausspruch Karl Marx‘ geworden: „Religion ist Opium fürs Volk“. Sigmund Freud verglich die Religion mit einer Kindheitsneurose. „[Er] wunderte sich über den ‚betrübenden Kontrast zwischen der strahlenden Intelligenz eines gesunden Kindes und der Denkschwäche des durchschnittlichen Erwachsenen‘. Einen der Hauptgründe für diese ‚relative Verkümmerung‘ sah er in der ‚religiösen Erziehung‘. Freud kritisierte, dass man die Kinder schon zu einem Zeitpunkt mit religiösen Lehren konfrontierte, an dem sie die Tragweite dieser Lehren noch nicht begreifen könnten. Konsequenz der frühen Indoktrination: ‚Wenn dann das Denken des Kindes erwacht, sind die religiösen Lehren bereits unangreifbar geworden.“32
„Alle Kulturen, die der Mensch hervorbrachte, legten großen Wert darauf, ihren Nachwuchs früh nach dem eigenen Bilde zu formen. […] Je unrealistischer, je unsinniger, je grotesker eine kulturelle Vorstellung ist, desto höher ist der Aufwand, der betrieben wird, um sie in die Köpfe der Jüngsten einzupflanzen!“33 Dies geschieht in unseren Tagen natürlich in den staatlichen Bildungsstätten. „Dass die gängige Praxis der weltanschaulichen Manipulation von Kindern und Jugendlichen in den öffentlichen Schulen so wenig problematisiert wird, liegt daran, dass die meisten … Bürger noch immer mit größter Selbstverständlichkeit davon ausgehen, es gäbe tatsächlich ‚katholische‘, ‚protestantische‘ oder ‚muslimische‘ Kinder. … [Diese] gibt es ebenso wenig wie ‚christdemokratische‘, ‚liberale‘, ‚sozialdemokratische‘, ‚grüne‘ [oder ‚linke‘, MT] Kinder.“34
Auch der „Papst“ der Neoliberalen, Friedrich August von Hayek, erkannte den Wert des Spirituellen. „In seinem Werk Die überschätzte Vernunft preist er die Religionen deshalb als entscheidend für die menschliche Evolution, weil ihre Selektion gerade nicht durch rationale Argumente erfolge, sondern durch Überlieferung religiösen Glaubens und seiner Anpassung an die Umwelt. Und damit auch alles schön mystisch bleibt, ist er gegen ein Religionsmonopol und für Glaubensfreiheit und Konkurrenz der Religionen als Pfeiler des Liberalismus.“35
Aus diesen genannten Gründen wäre es ratsam, Kinder erst mit 14 Jahren in eine Religionsgemeinschaft eintreten zu lassen. Das Alter, in dem sie zurzeit selbst über ihre Religionszugehörigkeit bestimmen können, nachdem sie allerdings 14 Jahre lang von ihren Eltern und anderen Religionsangehörigen einer Gehirnwäsche unterzogen wurden.
Ich weiß, dass eine solche Forderung unter den gegebenen Umständen ziemlich hoffnungslos ist. Besonders wenn man den Aufschrei und das darauf folgende Gekrieche der Politik nach der Beschneidungsentscheidung mitbekommen hat. Justiz und Politik knicken immer noch gegenüber der Religion ein. Nicht einmal der Vergleich mit Hitlerdeutschland wurde von Seiten der Schnippler gescheut, als es das Landgericht in Köln wagte, die Zirkumzision, also die männliche Beschneidung, bei der die Vorhaut teilweise oder vollständig entfernt wird, als Körperverletzung einzustufen.
Aber zurück zur grundlegenden Frage, wieso so viele Menschen religiös sind. Einfache Erklärung: Es bringt evolutionäre Vorteile. Religion hält zum Beispiel eine Gruppe zusammen. Dazu gehört, dass man keine sexuelle Beziehung mit Andersgläubigen eingeht. Im Gegensatz dazu sollen sich die Angehörigen der eigenen Religion fleißig fortpflanzen. „Gehet hin und mehret euch“ ist aus gutem Grund zu einem beliebten Slogan der katholischen Kirche geworden.
Zudem werden soziale Regeln aufgestellt, deren Nichteinhaltung mit zum Teil drakonischen Strafen versehen wird. Damit sich die Glaubensbrüder und -schwestern untereinander erkennen, werden bestimmte Symbole oder Kleidungsstücke eingeführt. Eine große Rolle spielen hier auch Reliquien. Dass es dabei zu wahren Wundern kommt, überrascht nur Nichtgläubige. So behaupten über ein Dutzend Kirchen im Besitz der Vorhaut Christi zu sein. Von überragender Bedeutung ist dieses Überbleibsel des Heilands deswegen, da Jesus selbst ja in den Himmel aufgefahren ist.
Unter den Geboten und Verboten befanden sich auch gesundheitsfördernde Vorschriften. Allerdings zeigen sich Nebenwirkungen – so steigt bei Männern, die regelmäßig den Gottesdienst besuchen, die Prävalenz für Depressionen. Außerdem legen Studien nahe, dass Beten mit psychiatrischen Problemen positiv korreliert.
Zugespitzt kann man zusammenfassen: „Wenn ein Mensch unter einer Wahnvorstellung leidet, dann nennt man es eine Geisteskrankheit. Wenn viele Menschen unter gleicher Wahnvorstellung leiden, dann nennt man es Religion.“ (Robert M. Pirsig) „Bergsteiger haben hin und wieder, vor allem in der Einsamkeit, intensive Erfahrungen, sie spüren die Anwesenheit einer anderen Person, hören Stimmen, sehen bestimmte Menschen oder den eigenen Körper wie bei einer Nahtoderfahrung und empfinden starke Angst.“36 Moses empfing von Gott auf dem Berg Sinai zweimal die zehn Gebote.
Wenn die Mühsal auf Erden mal wieder zu groß wird, kann man sich ja immer noch damit vertrösten, dass man nach dem Tod – dessen Schrecken durch die religiöse Überzeugung ebenfalls verblasst – mit dem ewigen Leben belohnt wird.
Der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner formulierte seine Abneigung gegen Glaubensgemeinschaften