Markus Tödter

Affentheater, letzter Vorhang


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dabei ist, die Bibel nach einem Code zu durchsuchen, in dem angeblich Mitteilungen versteckt wurden, kann anschließend auch noch nach den passenden Stellen suchen, um den nächsten Exorzismus gleich selbst ausführen zu können. Denn wie heißt es so schön: Die Bibel im Haus ersetzt den Pater.

      Besonders beliebt in der Bevölkerung ist der Glaube an Wunder. So gaben bei einer Umfrage 2006 56 Prozent der Befragten an, an solche zu glauben. Mag es da noch „verwundern“, dass auch immer noch der Zauber der Hexen und Hexer unter uns vermutet wird?

      Ein eigener Block unter den Leichtgläubigen ist im Periodensystem Jagos den Quacksalbern gewidmet. An erster Stelle steht hier die Homöopathie. Diese möchte ich stellvertretend für andere Irrationalitäten einmal genauer unter die Lupe nehmen. Sie wird wissenschaftlich von ihrer Begründung an bezweifelt und erfreut sich dennoch großer Beliebtheit.

      Potenzen, Potenzen, Potenzen

      Seit Samuel Hahnemann 1810 die Grundlagen zur Homöopathie unter dem Titel „Organon der rationellen Heilkunde“ veröffentlichte, dauert der Streit an, ob diese Heilmethode – über den Placeboeffekt hinaus – eine positive Wirkung hat. Auch heutzutage existiert kein wissenschaftlicher Beweis für diese Behauptung. Und da ein Nichtbeweis – hier von der Wirksamkeit – nahezu unmöglich ist, kann man nach wissenschaftlichen Grundregeln folgern, dass es keine positive Wirkung gibt. Um diesem Dilemma zu entgehen, haben sich die Apologeten der Homöopathie sogar eine eigene „Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie“ angeschafft, um sich einen wissenschaftlich aussehenden Wirksamkeitsbeweismantel umhängen zu können. Besonders perfide ist hingegen der Trend, sich auch in Hochschulen einzuschleichen. Türöffner ist hier die Pharmaindustrie, die mit den Zuckerkügelchen, Tropfen und Pillen im Jahr 2011 nach Angaben des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller einen Umsatz von knapp 400 Millionen Euro machte. Nicht schlecht für ein wenig Zucker und viel Hokuspokus.

      Auch für die Ärzte, die in den letzten Jahren von den Krankenkassen auf eine angebliche Finanzdiät gesetzt wurden, kann sich die Homöopathie durchaus lohnen, weshalb sich viele der Halbgötter in Weiß damit arrangiert haben. Die fehlende Wirksamkeit trifft auf die – mutmaßlich – fehlenden Nebenwirkungen. Das Gleiche gilt für die Dritten im Bunde, die Apotheker, die mit Homöopathika auf der sicheren Seite stehen.

      War die Ablehnung der wissenschaftsbasierten Medizin zu Zeiten Hahnemanns mit ihren brutalen Methoden verständlich, kann sie heute gefährlich werden – oder sogar tödlich, wenn bei schweren Krankheiten auf die Homöopathie vertraut wird.

      Im Gegensatz zum Simile-Prinzip in der Homöopathie sollen die Essenzen bei der Bach-Blütentherapie als positiver Gegenpol eine Harmonisierung negativer Seelenzustände direkt bewirken.

      Weder Chiropraktik oder Reflexzonenmassage noch Rolfing (Verbindung von Bindegewebsmassage und Körperarbeit) oder Colon-Hydro-Therapie – dabei werden etwa zehn Liter Wasser in den Darm geleitet, abwechselnd 21 und 41 Grad Celsius warm – verfügen über wissenschaftlich belegbare Beweise für über den Placeboeffekt hinausgehende Behandlungserfolge.

      Für die Osteopathie gilt dies abgesehen von wenigen Indikationen ebenfalls. An „Schlacken“ aus dem Körper ausleitenden Methoden steht nicht nur die Colon-Hydro-Therapie zur Verfügung. Angeboten werden hier auch Schröpfen, Einläufe, Abführmittel und Fastenkuren, um nur einige zu nennen. Beweise für eine Entgiftung liegen in keinem Fall vor.

      Der Unsinn wuchert