durch eifrig palavernde Gruppen hindurchschieben.
Gestalten in langen Kapuzenumhängen kamen wie er hauptsächlich aus Richtung der Viertelaußengrenzen.
Offen schlenderten Minotauren, Harpyien und ein Faun in teils unauffälliger, teils ausgefallener Kleidung umher. Eine Gruppe bleicher Gestalten stand im Schatten eines Vordaches vor dem Abgang in eine Kellerkneipe. ´Blutschänke´ stand in roten Lettern über dem Eingang.
Wie kitschig, dachte Remus und richtete seinen schwarzen Mantel. Eine schwere Vollautomatik, welche er immer mit sich führte, zog die Jacke auf der rechten Seite leicht nach unten.
Er schritt unter einer niedrigen Brücke hindurch, an der mehrere Laternen baumelten, die von kleinen Wesen umflattert wurden. Eine dickliche Frau mit gelben Reißzähnen spickte gerade lachend eines der kleine Wesen mit einer langen Klaue auf und steckte das schreiende Ding in ihren breiten Mund. Sie schmatzte genüsslich und spülte mit einem langen Schluck aus einer stark nach billigem Alkohol aussehenden Flasche nach.
Schimpfend flatterten die übrigen kleinen Wesen davon.
Remus hatte am Nachmittag doch weniger Ruhe bekommen, als eigentlich geplant.
Durch das Schrillen der Türglocke kündigte sich unerwartet früh ein Paket aus Frankreich an.
Ein besonderer, langer Dolch vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Die Klinge war versilbert und fein ziselierte Ornamente umrankten die Schneide.
Die Waffe des guten alten Jack.
Remus hatte schon zuhause bleiben wollen, um den Dolch einigen Untersuchungen zu unterziehen, doch der Anruf des Ministeriums hatte aus seinem freiwilligen Abendausflug ins Schattenviertel eine lästige Pflicht gemacht.
Zuhause wollte er sicherlich keinen Beamten empfangen.
Er sollte einen Herren Gahl treffen und wenn ihn nicht alles täuschte, war dies die unfähige Person, mit der er des Öfteren am Telefon zu tun hatte.
Remus hatte keine Lust, auch nur ein einziges Wort mit diesem Beamten zu wechseln und hoffte, dass der Blödsinn nicht allzu lange dauern würde.
Eine Gruppe grölender Zentauren galoppierte an ihm vorbei, als er in eine dreckige Gasse einbog.
Rechts und links von ihm erhoben sich Stahlbetonwände bis weit nach oben in den dunkler werdenden Himmel. Nur noch ein letzter, leicht rötlicher Streifen der sterbenden Sonne war am Ende der schmalen Straßenschlucht zu sehen.
Remus ließ seine Finger über das Ende einer stählernen, stark verrosteten Feuertreppe gleiten, auf der niemand mehr würde fliehen können, ohne sich das Genick zu brechen.
Ein Blick nach oben zeigten ihm lose Kabel, die an einigen Stellen aus der Wand hingen und ein paar wenige Fenster, aus denen schmutzig gelbes Licht hervorschien.
Remus hörte einen fauchenden Streit schräg über sich.
Die Justiz der Unteren Stadt hatte hier oben wenig Macht und so blühte auch der Handel mit Bewusstseinsverändernden Substanzen, was nicht unbedingt zur Friedlichkeit des Viertels beitrug.
Remus selbst mochte solche Verhältnisse und auch die Freiheit, die darin lag.
Rechts von ihm, mit seinem Glatzkopf nahezu direkt unter der Glühbirne einer kleinen Lampe, stand Gork. Dass er fast das komplette Licht der kleinen Funzel verdeckte, schien ihn nicht zu interessieren und auch nicht, dass die paar Haare welche ihm wuchsen, so immer wieder weggeschmort wurden.
„Guten Abend Herr Remus Dracon“, donnerte er.
Remus kannte Gork, seit der Troll angefangen hatte als Türsteher und Rausschmeißer im ´Anders´ zu arbeiten und das war schon einige Jahre her.
„Guten Abend, Gork“, grüßte Remus. „Ich hoffe, mein Stammplatz ist noch frei?“
„Aber natürlich! Wenn nich sag Bescheid“, lachte der Troll dröhnend und gab die schmale Treppe nach unten frei. Eine einfache Stahltüre lag an ihrem Ende, die geziert wurde von mehreren Dellen, Kratzern und vereinzelten Einschusslöchern. Zeugen weniger friedlicher Momente.
„Ich schmeiß deine Platzbesetzer schon raus, falls welche da sind“, setzte Gork nochmal unnötigerweise mit einem breiten Grinsen nach. Dabei entblößte er mehrere, teils abgebrochene Hauer und verströmte einen unerbittlichen Mundgeruch.
„Danke Gork“, sagte Remus. Der Troll war nicht der Hellste, aber trotzdem überdurchschnittlich gut für seinen Job geeignet.
Nachdem er die wenigen Betonstufen hinabgeschritten war, öffnete Remus die schwere Stahltür zum ´Anders´.
Entgegen der Erwartung, welche Außenstehende vielleicht von der Bar aufgrund der Umgebung gehabt hätten, eröffnete sich ein vollkommen anderes Bild.
Klassische Musik strömte dem Besucher entgegen, immer wieder untermalt von dezenten elektronischen und rocklastigen Elementen.
Das Ambiente erinnerte an eine Mischung aus Irish Pub und Wiener Kaffeehaus. Ein langer, holzverkleideter Tresen mit schweren Schnitzereien erstreckte sich geschwungen durch den halben Raum. Dahinter standen aufgereiht eine Vielzahl erlesener alkoholischer Getränke.
Auf den Barhockern davor saßen einige Gäste und ließen sich von der aufreizend gutaussehenden Barkeeperin Jade die Gläser füllen.
Jade war eine reinblütige Harpyie. Ihre mit Ketten behangenen schwarzen Flügel flatterten immer wieder leicht, was ein sanftes Klirren erzeugte. Auch in ihrem Gesicht zeigte sich feiner Goldschmuck.
Ihr Oberkörper war von einem knappen Ledermieder bedeckt, unter dem Rokokotätowierungen hervorrankten und sich um ihren Leib zu schmiegen schienen.
Jade schenkte Remus ein bezauberndes Lächeln, während sie am Zapfhahn einen Krug füllte.
Er nickte ihr zu und wandte sich nach links, tiefer in die Bar hinein. Vorbei an ledernen Sessel- und Couchgruppen, welche vor kleinen Tischen standen, gelangte er nach ganz hinten. Die Sitzgruppen waren durch Holzwände mit Glaseinlagen voneinander getrennt und kleine Lampen verbreiteten gedimmtes Licht.
Sein Stammplatz im dunklen Schatten der hintersten Ecke bestand aus einer kleinen Eckcouch mit zwei Sesseln, sowie einem kleinen Tisch, dessen Umgebung von einer Öllampe schwach erhellt wurde.
Remus mochte den Platz. Aus dem Dunkel heraus konnte er das Treiben in der Bar in Ruhe betrachten und dabei gute Musik, zusammen mit den wahrhaft besten Getränken des Viertels genießen.
Die Bar offerierte darüber hinaus auch Zigarren und Pfeifen mit ganz besonderen Kräutermischungen.
Remus ließ sich entspannt in der Ecke nieder und genoss den Geruch von Leder, mit einer Ölnote, den die kleine Lampe vor ihm verströmte. Dazu mischten sich verschiedene Kräutergerüche des gerauchten Tabaks.
„Was kann ich dir bringen, Remus?“, fragte Jade, die mittlerweile an seinen Tisch getreten war.
„Dasselbe wie immer und eine Zigarre des Hauses bitte.“
„Bekommst du gleich“, sagte sie und verschwand mit wiegenden Hüften zurück zur Theke.
Remus bemerkte wieder einmal, dass bei Jade die Krallenfüße ungemein elegant in ihre schneeweißen, leicht befiederten Unterschenkel übergingen, bis sein Blick von einem knielangen schwarzen Rock aufgehalten wurde.
Kurz darauf stand eine kleine dampfende Tasse Kaffee, ein Kristallglas Whiskey mit mehreren Eiswürfeln und ein Tablett mit Zigarre plus Zubehör vor ihm auf dem Tisch.
Remus nahm den Kaffee und blickte durch die hellen Dampfschwaden, von denen ein intensiv herber Geruch mit einer dezenten Gewürznote verbreitet wurde.
Genussvoll schloss er die Augen und nahm einen ersten Schluck.
Jetzt hieß es auf diesen Herren Gahl zu warten, der hoffentlich bald kam und auch schnell wieder ging. Das momentane Ausharren störte seine innere Ruhe und