Matthias Eckert

Das sagt aber


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worden war unzureichend. Weshalb Frau Dr. März schon bei der Rechtsberatung am 29. Juli vorhersagte, das Justitiariat würde die Entlassung ablehnen. Einfach ärgerlich wenn kleinliche Paragraphenreiter einen Visionär wie POR Fahle an der Entfaltung seines Genies hindern. Zur Verteidigung des Justitiariat ist anzufügen. Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung konnte vor dem Verwaltungsgericht angefochten und dort für ungültig erklärt werden. Da ich immer an das Gute im Menschen, besonders in Bediensteten der BPOL glaube, gehe deshalb davon aus, dass das Justitiariat meine Entlassung nicht aus Bösartigkeit, sondern um der BPOL ein aussichtsloses Gerichtsverfahren zu ersparen, ablehnte.

      Außerdem konnte gemäß, § 31 Absatz 1 Nr. 3 BBG in Verbindung mit § 42 BBG, eine Beamter auf Probe entlassen werden wenn er „aufgrund seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig)“ war. Was allerdings ein Arzt feststellen musste und wohl kaum geschehen wäre. Zwar hatte ich die erwähnten Wahrnehmungsstörungen. In einer Organisation in der Schreiben spurlos verschwanden um dann wieder aufzutauchen. In der angesehene Angehörige Indikativ und Konjunktiv nicht auseinander halten konnten. In der noch viel angesehenere Angehörige sich zum einzigen Ansprechpartner in einem von ihnen eingeleiteten Disziplinarverfahren ernannten, kurz nachdem sie eine Einleitungsverfügung aushändigten in der ausdrücklich auf das Recht sich eines Beistandes zu bedienen hingewiesen wurde. In einer solchen Organisation bedeuteten ein paar Wahrnehmungsstörungen keine Dienstunfähigkeit. Wahrscheinlich war es ohne gar nicht auszuhalten.

      Blieb § 31 Absatz 1 Nr. 4 BBG nach dem ein Beamter auf Probe entlassen werden konnte wenn durch: „Auflösung, Verschmelzung oder wesentliche Änderung des Aufbaus der Beschäftigungsbehörde, wenn das Aufgabengebiet des Beamten von der Auflösung oder Umbildung berührt wird und einer anderweitige Verwendung nicht möglich ist“.

      An sich keine schlechte Lösung. Einfach die BPOL entsprechend umbauen und schon stünde meiner Entlassung nichts mehr im Weg. Gut dabei müssten vermutlich ein paar weitere Beamte auf Probe dran glauben. Aber für ein höheres Ziel muss man hin und wieder ein Opfer bringen. Leider übertraf der dafür nötige Umbau POR Fahles Kompetenzen.

      In Anbetracht dessen war der Weg über das Disziplinarverfahren keine schlechte Idee. Sobald eine Kürzung der Dienstbezüge rechtskräftig würde konnte ich problemlos entlassen werden. Sicher wäre rein formal eine Klage gegen die Entlassung möglich gewesen. Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage aber wahrscheinlich reine Zeit- und Geldverschwendung. Da kam es für POR Fahle natürlich äußerst ungelegen, dass ich Kontakt zu Kollegen hatte die intelligent genug waren einen Gesetzestext zu lesen. Weshalb der Zweck des Disziplinarverfahrens und dessen Gefahren schnell durchschaut waren. An sich war das nicht verwunderlich. In Anbetracht der Umstände musste jeder, bei dem es im Kopf nicht völlig zappenduster war, von einer Verbindung zwischen Probezeitverlängerung und Disziplinarverfahren ausgehen.

      Da die erhobenen Vorwürfe nicht zutrafen sah ich dem Disziplinarverfahren gelassen entgegen. Zumindest kurzzeitig. Denn bei näherer Betrachtung wollte ich mich darauf nicht verlassen. Die Erfahrung mit dem Gespräch vom 29. Mai und der Erstellung des Gesprächsprotokolls verleitete mich zur Vermutung, POR Fahle würde bei dem Disziplinarverfahren keinen gesteigerten Wert auf die Feststellung der Tatsachen legen. Sondern sie so hinbiegen wie es seinen Interessen entsprach. Was durch die Formulierung der Einleitungsverfügung genährt wurde. In ihr stand gegen mich werde, „wegen des Verdachts eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren“ eingeleitet. Der Verdacht „ergibt sich aus den nachfolgend genannten Sachverhalten“. Deren Schilderung, jetzt muss wieder zum Thema Indikativ und Konjunktiv kommen, durchweg im Indikativ erfolgte und so den Eindruck erweckte es würde sich um bewiesene Tatsachen handeln. Folgte POR Fahle seinem Grundsatz „das sagt aber ein Hauptkommissar“ und das Disziplinarverfahren sollte überhaupt nicht klären was geschehen war, sondern lediglich das vermeintliche Geschehen bewerten? Wenn sich dabei herausstellen sollte, dass es sich um Dienstvergehen handelte würde POR Fahle leider keine andere Wahl haben, als eine angemessene Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Schließlich war er diesbezüglich sicher an Vorschriften gebunden.

      Die Stellung des Dienstvorgesetzten im Disziplinarverfahren war ausgesprochen stark und bot ihm entsprechend Gelegenheit zu dessen Beeinflussung. Er erhob Anklage und bestimmte den Ermittlungsführer. Welcher in der Regel, auch in meinem Fall, aus der selben Dienststelle kam und für sein dienstliches Fortkommen daher vom Dienstvorgesetzten abhängig war. Was, da es in einer Dienststelle mit mehr als 200 Beamten immer einen gab der für die Karriere so ziemlich alles tat, nicht unterschätzt werden sollte.

      Wenn es seine Absicht war so einen zu finden hatte POR Fahle jedoch mächtig daneben gegriffen. So zumindest die übereinstimmende Meinung von PHM Rund, mir und vielen anderen. POK Blech trauten viele vieles zu, aber bestimmt nicht einen Kollegen für eine Beförderung, Leistungsprämie oder was ein Inspektionsleiter sonst zu bieten hatte zu verkaufen. Allerdings können sich auch viele täuschen. An jenem 20. Juli lachten PHM Rund und ich jedenfalls über die Wahl des Ermittlungsführers und fragten uns wie POR Fahle auf POK Blech gekommen war.

      Zurück zum Ablauf eines Disziplinarverfahrens. Der Ermittlungsführer legte also einen Bericht vor, auf dessen Grundlage der Dienstvorgesetzte entschied, ob und wenn ja was für eine Disziplinarmaßnahme verhängt würde. Zwar musste er sie vom nächst höheren Vorgesetzten genehmigen lassen. Aber da würde eine Krähe der anderen schon kein Auge aushacken. Ich meine natürlich, wenn ein Leistungsträger aus dem höheren Dienst nach reiflicher Überlegung und Würdigung der Fakten eine Entscheidung fällt, wird ein anderer Leistungsträger aus dem höheren Dienst nach selbigem bestimmt zum gleichen Ergebnis kommen.

      Gegen die Entscheidung konnte zwar Widerspruch eingelegt und sie letztlich vor Gericht angefochten werden. Das war aber zeitaufwändig und mit laufendem Disziplinarverfahren konnte man nicht nur nicht befördert werden, sondern sich nicht einmal für bestimmte Verwendungen bewerben. Gut, wenn man entlassen wurde erst recht nicht.

      Unabhängig davon war ich nicht bereit irgend eine Disziplinarmaßnahme zu akzeptieren. Nicht einmal die Möglichkeit einer Einstellung nach § 32 Absatz 1 Nr. 2, nach der: „das Disziplinarverfahren eingestellt wird, wenn ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, eine Disziplinarmaßnahme jedoch nicht angezeigt erscheint“, wollte ich hinzunehmen. Zum einen war ich der festen Überzeugung kein Dienstvergehen begangen zu haben. Zum anderen weil selbst eine Disziplinarmaßnahme die unter der Kürzung von Dienstbezügen blieb als Rechtfertigung für die Probezeitverlängerung und eine anschließende Entlassung herangezogen werden konnte. Im Zweifel halt mit irgend etwas kombiniert. Schließlich war mir am 29. Mai noch mehr vorgehalten worden. Zusätzlich war in der Zwischenzeit offensichtlich weiter gesammelt worden. Sonst hätte POR Fahle nichts von der älteren Dame gewusst.

      Dabei war so viel Misstrauen überhaupt nicht angebracht. Das Disziplinarverfahren hatte ja nichts mit der Probezeitverlängerung zu tun. Sagte zumindest POR Fahle und der musste es wissen.

      9

      Am 21. Juli besuchten PHM Rund und ich die BPOLI Kriminalitätsbekämpfung. Anschließend schlich ich hinauf in den ersten Stock und suchte im Sachbereich Personal nach ORR Strumpf. Um einer möglichen Flucht vorzubeugen hatte ich mein Erscheinen bewusst nicht angekündigt. Und tatsächlich konnte ihn im Flur des Sachbereichs stellen. Zu meiner Überraschung versuchte er nicht unter Verweis auf angebliche oder tatsächliche Termine zu verschwinden. Das Ausbleiben eines Rückrufs entschuldigte er mit der Umstrukturierung der BPOL, die ihn völlig auslaste und kein Zeit für anderes lasse. Das traf sich gut. Dann würde sie ihm wahrscheinlich auch keine Zeit lassen meine Probezeit zu verlängern. Dem war nicht so. Er teilte mit, es sei vorgesehen die Probezeit um ein Jahr zu verlängern. Eine sofortige Entlassung sei von ORRin Hafner abgelehnt worden. Da musste er sich täuschen. Schließlich hatte POR Fahle am Vortag verkündet, er selbst habe entschieden, mir noch einmal eine Chance zu geben und sich daher mit der Probezeitverlängerung begnügt.

      Gegen die es prinzipiell die selben Einwände gab wie gegen die Entlassung . Das Fehlen einer Anhörung nach § 28 VwVfG. Der Ablauf der Probezeit seit über einem Monat. Vor allem aber das Fehlen jeglichen Belegs für die gegen mich erhobenen