Matthias Eckert

Das sagt aber


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versucht mit falschen Informationen Verwirrung zu stiften? In der stets kollegialen, von gegenseitigem Respekt, Fairness und Hilfsbereitschaft geprägten Atmosphäre der BPOL war so etwas unvorstellbar.

      Es musste sich daher um ein Missverständnis handeln. ORR Strumpf hatte das Phantomschreiben sicher unmittelbar vor dem Gespräch mit PK Stumm erhalten. Seinen Absichten entsprechend wollte er sagen, er werde das Schreiben, ohne schuldhafte Verzögerung, an das Justitiariat weiterleiten. Aufgrund von Problemen mit der bekanntlich unnötig komplizierten deutschen Grammatik und dem sich daraus ergebenden undurchschaubaren Chaos an Konjugationen war das leider verfälscht bei mir angekommen.

      Hätte ich POR Fahle, als es um die Erstellung des Gesprächsprotokolls ging, doch in einen Schriftwechsel über Rechtschreibung und Grammatik verwickeln sollen? Nicht um, meinen niederen Instinkten folgend, ihn zu ärgern. Sondern um seine Kenntnisse der deutschen Sprache zu vertiefen. Er war ohnehin ständig mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung der ohnehin schon fast perfekten BPOL beschäftigt. Da hätte er mein bescheidenes Wissen zu dem Thema mühelos aufgesogen, sich selbst weitergebildet, mich dadurch innerhalb kürzester Zeit überflügelt und seine Erkenntnisse dann in die BPOLD S getragen. Dort hätten ORR Strumpf und PK Stumm, dank POR Fahles hervorragender Fähigkeiten bei der Wissensvermittlung, innerhalb kürzester Zeit die Unwägbarkeiten der deutschen Sprache zu meistern gelernt. Wodurch es nie zu der missverständlichen Ausdrucksweise in der Email gekommen wäre. Letztlich war ich an der Verwirrung um den Verbleib des Phantomschreibens also selbst schuld. Schlimmer, ich hatte eine der wenigen Gelegenheiten, die ein fauler und intellektuell minderbegabter Beamter wie ich je hatte, mich im Sinne der BPOL nutzbringend zu betätigen ungenutzt verstreichen lassen.

      Was POR Fahles Ansinnen mich loszuwerden um so verständlicher machte und mir ein schlechtes Gewissen bereitete. Ich entschied mich für einen Versuch zu retten was zu retten war. Da der 17. Juli ein Freitag war konnte ich POR Fahle unmöglich belästigen. Schließlich musste er freitags die Funktionsfähigkeit der BPOLI S während seiner Abwesenheit über das Wochenende sicherstellen. Jedoch schloss ich aus dem Anruf von RA Ton, ORR Strumpf sei jetzt endlich mal in der Direktion und müsste daher telefonisch erreichbar sein. Was er bei einem unmittelbar folgenden Anrufversuch trotzdem nicht war. Ich brannte allerdings darauf die verpasste Chance, meine bescheidenen Grammatikkenntnisse zum Wohl der BPOL einzubringen, nachzuholen. Ein Telefonat mit ORR Strumpf schien dafür eine gute Gelegenheit. Bei der, ich war halt ein rücksichtsloser Egoist, nebenbei der Verfahrensstand bezüglich meiner Anstellung oder Nichtanstellung geklärt werden konnte. Ich schickte ihm daher eine Email mit der Bitte mich anzurufen. Die Email versah ich mit der Anforderung einer Lesebestätigung und erhielt weder Anruf noch Lesebestätigung.

      Die Anforderung der Lesebestätigung war sicher aufdringlich und dem Verhältnis zwischen mir und ORR Strumpf nicht zuträglich. Was mich nicht davon abhielt seiner direkten Vorgesetzten, Regierungsdirektorin (RDin) Frei, eine Email mit der Bitte einen Anruf durch ihn zu veranlassen zu senden. Was dem Verhältnis zwischen mir und ORR Strumpf sicher noch weniger zuträglich war. Ich hatte es aber einfach satt ihm ständig hinterher zu telefonieren. Inzwischen versuchte ich seit einer Woche erfolglos ihn zu erreichen. Weiter gab es Gründe für die Annahme, er sei in der Sache nicht unbefangen.

      Ein stellvertretender Dienstgruppenleiter hatte mir im Anschluss an eine der allmorgendlichen Lagebesprechungen einen Besuch abgestattet. Lagesbesprechungen fanden fast jeden Werktag statt. Anwesend war die Inspektionsleitung, die Leiterin des Ermittlungsdienstes, Vertreter der einzelnen Bereiche des Tagdienstes und der Dienstgruppenleiter der diensthabenden Frühschicht bzw. dessen Stellvertreter. Ich kannte den Kollegen nur von kurzen Gesprächen bei Schichtübergaben und sein Besuch kam mir nicht gelegen. Immerhin war er stellvertretender Dienstgruppenleiter und daher auf ähnlicher Ebene wie PHK Kauf.

      Im Juni hatte ich ein paar Emails mit PHKin Beck, die bis vor kurzem Dienstgruppenleiterin in der BPOLI S war, ausgetauscht. Sie wusste von dem Vorhaben mich zu entlassen und meinte, wahrscheinlich sei alles recht kurzfristig zu Stande gekommen und PHK Kauf habe es ausgelöst. Schon weil POR Fahle weder meinen noch die Namen der meisten Gruppenleiter in den einzelnen Revieren gekannt habe. Das war nichts neues, POR Fahle hatte am 29. Mai selbst gesagt, PHK Kauf hätte ihn auf eine Reihe von Problemen mit mir aufmerksam gemacht. Leider so PHKin Beck würden, wenn einer der ihren etwas derartiges angestoßen habe die anderen Dienstgruppenleiter ihm nicht in den Rücken fallen. Ganz egal was sie von dem Unterfangen hielten. Zumindest so lang sie selbst nicht direkt betroffen seien würden sie stillhalten. Von den Dienstgruppenleitern, in der BPOLI S gab es insgesamt fünf, bräuchte ich daher keine Unterstützung erwarten. Eher würden sie POR Fahle erzählen, sie seien schon länger der Meinung, der Eckert tauge nichts. Denn viele Dienstgruppenleiter erzählten ihren Inspektionsleitern grundsätzlich nur was diese hören wollten. Das mag im ersten Moment feige wirken und die Betreffenden für den Polizeiberuf ungeeignet erscheinen lassen. Aber man soll Menschen nicht immer schlechtes unterstellen. Sicher taten die Betreffenden so was nicht aus niederen Beweggründen wie Feigheit, Profilierungssucht oder Karrieregeilheit. Sondern wollten einfach höflich sein und POR Fahle eine Freude machen. Was, da sind sich sicher alle einig, ja nichts schlechtes ist. Im Übrigen kann etwas was ein Oberrat hören will eigentlich gar nicht falsch sein. Davon abgesehen beunruhigte mich die Warnung von PHKin Beck nicht. Um mit POR Fahle fertig zu werden würde ich doch keinen Dienstgruppenleiter brauchen.

      Daher war ich, als unverhofft der stellvertretende Dienstgruppenleiter im Büro stand und sich nach dem Streit erkundigte erst mal misstrauisch. Er hatte mit der Sache nichts zu tun. Vielleicht wollte er mich über meine Pläne ausfragen. Ich erzählte ihm daher nur was POR Fahle sowieso schon wusste. Vom Gespräch am 29. Mai, dem Hin und Her zur Erstellung des Protokolls und dem Warten auf eine Entscheidung durch die BPOLD S. Dort hakte der er ein und erzählte, über eine Entlassung würde das Justitiariat entscheiden, über eine Probezeitverlängerung der Sachbereich Personal. Na toll, danke für die Neuigkeit. Aber er wusste noch mehr. Laut ihm war das Verhältnis zwischen POR Fahle und dem Justitiariat, insbesondere dessen Leiterin, ORRin Hafner, nicht das beste. Dagegen seien POR Fahle und ORR Strumpf schon öfter zusammen in einer, auf dem Gelände der BPOLD S befindlichen, Wirtschaft gesehen worden. Ging ORR Strumpf deshalb nicht Telefon und war das Phantomschreiben deshalb in keinem Postverzeichnis? Möglicherweise war es nicht mit der Dienstpost an den Sachbereich Personal versandt, sondern persönlich von POR Fahle an ORR Strumpf übergeben worden. In der Hoffnung sein Freund würde die Sache schon für ihn regeln. Dass ORR Strumpf der falsche Adressat war wusste er entweder nicht oder er versprach sich durch das Einschalten eines Boten einen Vorteil. Ach ja, auf meine Email an PDin Frei erhielt ich eine automatische Abwesenheitsnotiz wonach sie vom 02. bis zum 24. Juli nicht erreichbar sei.

      7

      Da bot es sich an den Sachbereich Personal noch einmal persönlich heimzusuchen. PHM Rund wollte ohnehin bei der der BPOLI Kriminalitätsbekämpfung vorbeischauen. Da sich die im selben Gebäudekomplex wie BPOLD S befand lag es nahe das mit einem Kennenlernbesuch bei ORR Strumpf zu verbinden. Vielleicht war er einfach schüchtern. Hatte sogar Angst vor Fremden und vermied es deshalb ans Telefon zu gehen oder zurückzurufen. Hatte POR Fahle sich das zu Nutzen und sich zu ORR Strumpfs einziger Bezugsperson gemacht? Ihn so in ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis gebracht und missbrauchte ihn nun zur Verwirklichung seiner Ziele? Dies galt es herauszufinden und ihn gegebenenfalls von POR Fahles negativem Einfluss zu befreien.

      Bevor ich dazu kam wurde mit unverhofft eine große Ehre zu teil. Am Montag dem 20. Juli teilte PHKin List kurz nach Dienstbeginn mit, POR Fahle hätte mich für den Vormittag, die genaue Urzeit habe ich nicht notiert, in sein Büro bestellt. Bis dahin spekulierten PHM Rund und ich was er wollte. PHM Rund war der Meinung ich würde meine Anstellung erhalten und fertig. Ich ging davon aus er wolle die Anhörung nach § 28 Absatz 1 VwVfG nachholen. Wir lagen, wie könnte es anders sein, beide falsch. Es war völlig vermessen zu glauben, wir könnten erahnen was POR Fahle vorhatte. Oder sich zu tun gezwungen sah. Denn leider, so teilte POR Fahle mit, habe er keine andere Wahl als ein Disziplinarverfahren gegen mich einzuleiten. Seine Nachforschungen hätten nämlich immer schwerere Verfehlungen meinerseits zu Tage gefördert. Verfehlungen über die er, weil er sonst seine Pflichten als Inspektionsleiter verletze, einfach nicht hinwegsehen könne. Er sei