verzichtete daher auf weitere Ergänzungen und schrieb POR Fahle, er könne sich sein Protokoll sonst wohin schieben. Da mich PK Stumm über sein Schreiben an den Sachbereich Personal und dessen Weiterleitung an das Justitiariat informiert hatte wüsste ich was gespielt wurde und würde nun einen Anwalt hinzuziehen. Nein, ganz so dumm war ich nun auch wieder nicht. Nicht aus Rücksichtnahme auf das zwischenmenschliche Verhältnis zu POR Fahle, das war inzwischen gefestigt und würde ein paar deutliche Worte vertragen. Es schien mir vorteilhafter ihn über meinen Wissensstand und meine Absichten im Unklaren zu lassen.
Was nur möglich war, wenn er davon nicht aus einer anderen Quelle erfahren hatte oder noch würde. Dass ich von seinem Schreiben an den Sachbereich Personal wusste hätte er, ob direkt oder indirekt, von PK Stumm erfahren können. Was unwahrscheinlich war. PK Stumm erweckte konsequent den Eindruck, auf POR Fahles Seite zu stehen. Da war es nicht sinnvoll POR Fahle von der Email an mich zu erzählen. Damit würde er schließlich riskieren was er sich durch sein Verhalten zu erreichen versprach. Eher würde ein Dritter, am wahrscheinlichsten einem weiteren Mitglied des Personalrats, ihn an POR Fahle verpetzen. Allerdings war der Emailverkehr mit PK Stumm über dessen persönliches Postfach und nicht das des Personalrats gelaufen. Sollte PK Stumm sich also nicht gerade im Suff oder während des Büroschlafs verplappert haben, dürfte außer uns keiner davon wissen. Selbst wenn hätte es wahrscheinlich keinen Unterschied gemacht. Weshalb meine Überlegungen eigentlich völlig überflüssig waren. Da ich den Stuss aber so gedacht und jetzt geschrieben habe bleibt er stehen. Ich hielt es damals nun einmal für vorteilhaft, wenn POR Fahle möglichst nicht wusste was ich wusste. Allein schon weil es eine lange Tradition hat seine Gegner über soviel wie möglich im Unklaren zu lassen.
Noch besser ist es natürlich sie ganz bewusst in die Irre zu führen und zu falschen Annahmen zu verleiten. Weshalb ich überlegte weitere Ergänzungen an dem Protokoll zu verlangen und so den Eindruck zu erwecken, ich würde dessen Inhalt für wichtig halten. Warum ich es nicht tat weiß ich selber nicht. Am ehesten weil es mir einfach zuwider war ihm zu schreiben. Inzwischen bereue ich darauf verzichtet zu haben. Nicht weil ich denke es hätte irgendwas am Lauf des Verfahrens geändert. Sondern weil ich ihn damit hätte ärgern können.
Zum Beispiel indem ich über Kommasetzung und Satzbau geschwafelt und dabei mit Fremdwörtern, die ich selbst hätte nachschlagen müssen, um mich geschmissen hätte. Was er möglicherweise als Stichelei gegen seine Schulbildung, die es ja auch gewesen wäre, verstanden und sich darüber geärgert hätte.
POR Fahle war im mittleren Dienst eingestellt worden und hatte von einer Besonderheit des Bundesgrenzschutzes, denn die BPOL war nichts weiter als der umbenannte Grenzschutz, profitiert. Dort war es möglich mit den Minimalvoraussetzungen im mittleren Dienst eingestellt und, ohne eine externe Bildungseinrichtung zu besuchen, bis zum höchsten Dienstgrad durch befördert zu werden. Nun halte ich es für nicht besonders intelligent vom Schulabschluss eines Menschen auf dessen Intelligenz zu schließen. Es gibt aber Menschen die es tun. Es gibt sogar welche die fast unter Komplexen leiden weil sie eben kein Abitur oder Hochschulabschluss haben. Was einige von ihnen kompensieren oder überdecken wollen indem sie regelmäßig vorführen wie gebildet sie trotzdem sind. Ob POR Fahle so jemand war kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass er kurz nachdem er 2008 die Leitung der BPOLI S übernommen hatte anordnete, dass Angehörige des mittleren Dienstes nicht mehr mit Staatsanwälten und Richtern telefonieren sollten. Das sei zukünftig dem gehobenen und höheren Dienst vorbehalten. Dessen Angehörige könnten sich nämlich besser ausdrücken. Eine gewagte Annahme. Schließlich konnte ein Polizeimeister den gleichen oder einen höheren Schulabschluss haben als ein Oberrat. Eines machte seine Anordnung auf jeden Fall klar. Er hielt seinen Dienstgrad für den Nachweis sich besser ausdrücken zu können als ein Kollege aus dem mittleren Dienst. Wie es halt so ist, mit Bildung, Einbildung und eingebildeter Bildung.
Womit ich nicht POR Fahles Bildung und Belesenheit in Zweifel ziehen will. Er musste ganze Bibliotheken verschlungen haben. Zumindest konnte die Art und Weise wie er in seinen Emails regelmäßig mit Zitaten um sich warf diesen Eindruck erwecken. Womit er nicht allein war. Es gab viele die gern mal ein mehr oder minder passendes Zitat in Schreiben und/oder Reden einflochten. So extrem wie bei ihm hab ich es aber sonst nirgends erlebt. Bei manchen Emails dachte ich, er schrieb sie nur um sie mit Zitaten vollzupacken. Die Verwendung von Zitaten wird gern als Zeichen von Bildung ausgegeben und soll andeuten, der Zitierende habe das Werk aus dem er das Zitat entnimmt gelesen. Allerdings ermöglichen Zitatsammlungen jedem Zugriff auf Rede- und Textauszüge, ohne auch nur den Zusammenhang in dem sie gemacht wurden zu kennen. Daher ein kleiner Rat an alle Zitierfreaks. Wenn die Adressaten eurer Reden und Schreiben, aufgrund der verwendeten Zitate, wissen welche Zitatsammlung ihr benutzt, habt ihr es übertrieben. Scheinbar legte POR Fahle also großen Wert darauf seine Bildung unter Beweis zu stellen. So jemanden wegen Kommasetzung, der verwandten Geni, Tempi und Modi oder anderen grammatikalischen Ungeschicklichkeiten zu kritisieren konnte ihn an einem wunden Punkt treffen. Ob meine Grammatikkenntnisse die von POR Fahle nennenswert überstiegen ist zweifelhaft. Wäre dabei aber unbedeutend gewesen. Es hätte gereicht so zu tun als ob.
4
Nachdem ich Frau Dr. März die Lage geschildert und sie die Gesprächsprotokolle gelesen hatte schüttelte sie mit dem Kopf und meinte, es sei unverständlich wie Polizeibeamte, die in der Lage sein sollten Ermittlungsverfahren bei Straftat durchzuführen, derart dilettantisch vorgehen konnten. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen würde der Verfahrensablauf gegen Formvorschriften verstoßen und sei damit anfechtbar. Das beginne schon mit der Missachtung von § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Danach war vor erlassen eines sogenannten Verwaltungsaktes, „der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem die Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern“.
Sowohl eine Entlassung als auch eine Verlängerung der Probezeit würden einen Verwaltungsakt darstellen. Da ich mich dazu bisher nicht angemessen äußern konnte sei im Moment eigentlich weder Probezeitverlängerung noch Entlassung möglich. Das Gespräch vom 29. Mai würde den Ansprüchen an eine Anhörung nach § 28 VwVfG jedenfalls nicht genügen. Zudem sei die Verfahrensweise, den Gesprächsinhalt in einem wochenlangen Prozess mühsam zu rekonstruieren und über Inhalt und Wortlaut zu feilschen stümperhaft. Überhaupt war sie der Meinung, wenn überhaupt könne es nur zu einer Verlängerung der Probezeit kommen. Für eine Entlassung seien die Vorwürfe, selbst wenn sie zuträfen, nicht schwer genug. Sie riet, in einem Brief an die BPOLD S den Verfahrensablauf zu schildern, auf dessen formelle Mängel hinzuweisen, die Anschuldigungen abzustreiten und um eine zügige Bearbeitung zu beten, damit ich möglichst bald angestellt werden könnte. Als Adressat des Schreibens empfahl sie den Sachbereich Personal der BPOLD S. Was mich, da der Vorgang angeblich beim Justitiariat war, verwunderte. Die Begründung, wonach ich meine baldige Anstellung anstrebe und dafür der Sachbereich Personal zuständig sei, leuchtete aber ein. Im Zweifel würde mein Schreiben halt innerhalb der BPOLD S an das Justitiariat weitergeleitet. Dachte und sagte ich. Woraufhin Frau Dr. März meinte dies würde nicht nötig sein. Die Ankündigung mich aufgrund der vorgebrachten Anschuldigungen zu entlassen sei der größte Unsinn den sie seit langem gehört habe und rechtlich einfach nicht möglich. Das müsste jedem Juristen, auch denen der BPOLD S, sofort klar werden. POR Fahles Schreiben würde daher sowieso wieder beim Sachbereich Personal landen.
Zusätzlich sollte ich meine Personalakte einzusehen und prüfen ob sich dort etwas gegen mich verwendbares befand. Da es bisher keine Straf- oder Disziplinarverfahren gegeben mich gegeben hatte durfte das nicht der Fall sein. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass nun versucht würde etwas belastendes unterzubringen. Sollte das geschehen sein oder noch geschehen müsste ein Antrag gestellt werden, es wieder zu entfernen. Denn wenn der Fall vor dem Verwaltungsgericht landete, würde das mit großer Wahrscheinlichkeit eine Kopie meiner Personalakte anfordern. Insgesamt war ich nach der Rechtsberatung guten Mutes. Zwar war ich sowieso der Meinung gewesen, POR Fahles Vorgehensweise sei nicht in Ordnung, es von einer Rechtsanwältin zu hören ist trotzdem etwas anderes.
§ 28 VwVfG kannte ich aus der Ausbildung. Wie die darin geforderte Anhörung eines Beteiligten im Detail auszusehen hatte war jedoch nicht weiter ausgeführt worden,