wie möglich beendet werden.
Endlich machte La belle-mère Anstalten sich zu verabschieden. Hanni sah verstohlen auf ihre Uhr, während Achim alle Zurückhal-tung fallen ließ und demonstrativ auf die Uhr schaute:
„So, dann wollen wir mal, sonst bekommen wir keine Sonne mehr ab, wenn wir auf der Promenade sind.“
Die zwanzigminütige Fahrt nach Ahlbeck verlief schweigsam, beide waren bedrückt. Achim sagte: „Ich verstehe die Frau nicht, aber vergessen wir das am besten.“ Hanni schaute ihn dankbar an und meinte „Freuen wir uns auf den Espresso.“
Die Terrasse des Ahlbecker Hof war gut besetzt, aber sie hatten Glück und fanden einen freien Zweiertisch.
Ein handbeschriftetes Schild an der Treppe zur Terrasse kündigte an: LIVE KLAVIERMUSIK!
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Ein Knabe saß am Klavier und versuchte sich an alten Schlagern. Ein uniformierter Subalterner des Hotels stand bei einem Gast am Tisch und sonderte eine Lobeshymne auf das Können des Knaben ab. Aus dem Verhalten des Angestellten schloss Achim, dass es sich bei dem Knaben um einen Abkömmling des Hotelbesitzers oder einer höheren Charge handeln müsse. Das Kind hatte keine Ahnung vom Klavierspiel. Entweder war es zu faul zum Lernen und Üben oder aber es war gnadenlos unbegabt. Achim neigte zur letzteren Annah-me. Die katastrophale Darbietung ging ihnen dermaßen auf den Geist, dass sie die Terrasse verließen und zum Lokal von Elke Lau dislozierten. An einem sonnigen Platz genossen sie ein Köstrizer.
„Ist auch schwarz wie Espresso“ meinte Hanni.
Sie räkelten sich wohlig in der Sonne; plötzlich war es für den Bruchteil einer Sekunde ganz still, als ob alles den Atem anhielt. Ein eisiger Windhauch war zu spüren. Und schon war der Spuk vorüber und die Sonne wärmte wieder.
Gelächter und Stimmengewirr bestimmten wieder die Szene. Sie sahen sich an; sie wussten was das gerade Erlebte zu bedeuten hat: Der Herbst hat sich angekündigt. Dieses Phänomen wiederholte sich jedes Jahr und wurde nur von Einheimischen wahrgenommen.
Sie schlürften genüsslich ihr Köstrizer. Hanni mochte Bier gern, sie benutzte immer den Deminutiv „Bierchen“. „Was hältst du von einem Bierchen?“ war eine häufig gestellte Frage.
Hanni sagte, dass sie demnächst zu ihrem traditionellen Besuch nach Thüringen aufbrechen wolle. Achim nickte. Hanni besuchte jedes Jahr nach der Sommersaison im September ihre Freundin Gerda. Eine Schulfreundin, an die er sich nur flüchtig erinnern konnte. Nachdem sie auf die Insel zurückgekehrt waren, hatte Hanni Gerda zufällig getroffen und, was für Achim völlig unverständlich war, beide hatten sich nach fast einem halben Jahrhundert sofort wieder-erkannt. Gerda hatte ins Thüringsche geheiratet und Hanni und Achim zu einem Besuch in Mahnebach eingeladen. Zu Achims Erstaunen sagte Hanni ohne Umschweife zu. Sie freue sich riesig sagte sie und meinte es auch so. Achim empfand die Einladung als Belästigung und Eingriff in seine Privatsphäre beziehungsweise seinen geplanten Jahresablauf.
„Ich freue mich ebenfalls“ heuchelte Achim und täuschte als Entschuldigung ein Riesenpensum Arbeit vor, so dass man meinen könnte er sei ein Großunternehmer.
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Und so fuhr Hanni regelmäßig im September alleine nach Thüringen. Hanni sah Achim erwartungsvoll an. Der bequemte sich zu einem Kommentar und meinte, dass er lieber hier auf der Insel bleiben möchte.
Es war jedes Jahr das gleiche Ritual. Hanni fand es schade, dass er nicht mitkam, insistierte aber nicht und ersparte ihm damit faden-scheinige Ausreden. Achim war’s zufrieden, denn wenn Hanni abwe-send war gestaltete er sein eigenes Programm.
Sie tranken ihr Bier aus und beschlossen nach Hause zu fahren. Eine Überraschung erwartete sie. Die Bewohner der Wohnung im ersten Stock, das Haus hat eine Einliegerwohnung, erwarteten sie und baten um eine kurze Unterredung. Sie wollten auf das kommende Frühjahr den Mietvertrag kündigen, weil sie eine kleine Wohnung in einem Seniorenheim beziehen könnten. Es täte ihnen leid, sagten sie und sie hätten sich immer so wohl gefühlt und es sei immer so nett gewesen und ob sie behilflich sein könnten bei der Suche nach geeigneten Nachfolgern. Achim ergriff das Wort und versicherte ihrerseits wie unglaublich leid es ihnen tut so angenehme Mieter zu verlieren und wie schade es sei, dass man sich in der vergangenen Zeit nicht näher gekommen sei, und nein, es wäre nicht nötig nach neuen Mietern Ausschau zu halten. Und sie wünschen alles Gute, vor allem aber Gesundheit, denn die sei ja schließlich das Wichtigste. Sie verabschiedeten sich nach weiterem Austausch von Höflichkeits-floskeln.
Hanni sah Achim an und fragte: „Was meinst du dazu?“ Er zuckte mit den Schultern: „Mir kommt das ganz gelegen. Auf die Mieteinnahmen sind wir nicht angewiesen; wir könnten die Räume renovieren und ein Büro für uns und ein Fotostudie einrichten. Das Wichtigste für mich aber wäre, dass wir niemanden mehr in unserem Haus haben, auf den wir Rücksicht nehmen müssen. Wir sind endlich unsere eigenen Herren.“ Hanni überlegte einen Moment: „Das sind sehr gute Gedanken und Ideen, das gefällt mir; ich denke wir machen das so.“
„Das wollen wir begießen!“
Achim verschwand in die Küche und kam mit einer Flasche Fürst Metternich und zwei Gläsern zurück. Er füllte die Gläser und legte eine CD von Miles Davis auf; „Sketches of Spain“
Früher besaßen sie noch alle Platten von den großen Jazzmusikern,
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aber im Laufe der Jahre war die Qualität der Platten immer schlechter geworden und so hatten sie sich schweren Herzens von Platten und Plattenspieler getrennt und CD’s gekauft.
Der unverwechselbare Sound von Miles Davis’ Trompete erfüllte den Raum. Sie kuschelten auf ihrem Sofa und genossen den Sekt, die Musik, ihre Zweisamkeit, die Harmonie ihres gemeinsamen Lebens und die friedliche Stimmung. Achim prostete Hanni zu und wünschte nochmals alle Gute und Liebe für das neue Lebensjahr.
So saßen sie eng beieinander bis Mitternacht und hingen ihren Gedanken nach. Achim sagte noch: „Bevor du nach Thüringen abreist mache ich noch unser traditionelles Schnäpelessen, damit du auch genügend Fisch auf Vorrat essen kannst, denn in Thüringen wirst du sicher wieder mit fetter Wurst und Klößen malträtiert.“
Hanni lächelte und fragte wie ich den Schnäpel anlegen würde.
„Da ja unvermeidlicherweise deine Mutter dabei sein wird, koche ich eine rustikal anmutende, aber dennoch leichte Fischsuppe, damit kann ich sie am besten ärgern. Er hörte sie jetzt schon lamentieren „nur eine Suppe, da wird man doch nicht satt davon“.
Hanni lachte und meinte: „Du bist gemein, aber es gefällt mir jemanden zum Essen einzuladen um ihn zu ärgern.“
Endlich gingen sie zu Bett.
Achim stand früh auf, es war noch nicht sechs Uhr. Der Himmel war glasklar, leicht grünliche Färbung mit einem Stich Orange im Osten. Heute würde ein Schönwettertag werden.
Das Achterwasser und ein Fischer war Achims Ziel. Zu dem Fischer hatte er eine lockere Beziehung aufgebaut um dort Schäpel zu kaufen. Von den Insulanern wurde der Steinlachs Schnäpel genannt. Fischer hatten ihm erzählt, wenn Fremde kämen und Fisch kaufen wollten, die Fischer aber nichts verkaufen wollten, aus welchen Gründen auch immer, dann antworteten sie die Frage was das für Fische seien mit „Schnäpel“. Die meisten Kunden verzichteten dann auf den Kauf. Wenn die Fischer aber verkaufen wollten, dann wurde aus dem Schnäpel Steinlachs.
Steinlachse gab es nach der Wende wieder genügend. Fischerei-vereine hatten sich um die Aufzucht gekümmert und die Fänge waren jetzt wieder zufriedenstellend.
Achim war mit dem Fahrrad unterwegs. Als er die Fischerhütte betrat stand der Fischer am Tisch auf dem ein Stück Bückling lag. Der Fischer stocherte mit einem Messer in seinen Zähnen herum.
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„Zahnpflege auf Insulanerart“