Manfred Peter Oebel-Herrmann

Achims Ring


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hatte eine Milchkanne bei sich und ging damit zum Ufer um Wasser zu schöpfen. Dann ging er zum wartenden Uwe zurück.

      „Fischsuppe?“ fragte er mit einem Blick auf die Kanne. Achim nickte. „Ich geb dir noch die Fischabfälle mit. Kannst nen prima Sud damit kochen.“ Achim bedankte sich und sagte „Na denn.“

      „Tschüß nech“ meinte Uwe.

      Achim radelte gemächlich nach Hause. Unterwegs sah er ein Pferde-fuhrwerk beladen mit Strandkörben und die Eckkneipe in Koserow hatte draußen die Tische und Stühle weggeräumt. Die Strandkorbver-mieter und Wirte beendeten die Sommersaison weil der September begonnen hat. Dabei herrschte das schönste Sommerwetter und ein Ende des Hochs war nicht abzusehen. Man konnte absolut noch draußen seine Zeit verbringen. Achim verstand seine Mitinsulaner nicht. Das war wie mit dem Mittagessen; um zwölf wird Mittag gegessen, egal ob man Hunger hat oder nicht. Das war schon immer so, jawoll! Ihn wunderte, dass die Insulaner nicht schon mit dicken Pullovern rumliefen, nur weil es September war.

      Erwar wieder zu Hause gelandet. Die Fischsuppe wollte er schon heute kochen. Achim hatte richtig Lust darauf und freute sich etwas Feines zu kreieren. Seine Fischsuppe würde eine zeitaufwendige Angelegenheit werden.

      Das Wasser aus dem Achterwasser goss er in einen großen Topf und tat die Fischabfälle hinzu. Das musste jetzt aufkochen und dann der Schaum entfernt werden. Jetzt fügte er ein Stück Mohrrübe, Lauch und Sellerie hinzu und eine mit zwei Nelken gespickte Zwiebel.

      Er reduzierte die Hitze, es durfte nicht kochen. Jetzt folgten Kräuter: Thymian, Estragon, Majoran, Fenchelkraut, Kerbel und Petersilien-stängel. Lorbeerblatt und Pfefferkörner gehörten auch noch in den Sud. Bei geringer Hitze unter dem Siedepunkt ließ er das Ganze zwei Stunden lang ziehen.

      Entspannt setzte er sich hin und ließ meine Gedanken schweifen.

      Die Aussicht, dass die Mieter ausziehen würden und sie sich darauf einrichten könnten das ganze Haus für sich zu haben beschäftigte ihn. Er würde ein Konzept entwickeln und ein Budget erstellen.

      19

      Über die Einrichtung der Räume und die Art ihrer gemeinsamen Tätigkeit würde Achim mit Hanni diskutieren, denn Zukunft gehört gemeinsam geplant. Er hörte wie die Tür aufgeschlossen wurde. Das war Hanni. Gleich würde sie sich, wie üblich, melden mit „Bin zurück, bin wieder da!“ Hanni kam in die Küche mit einer Rose in der Hand. „Die ist für dich mein Schatz.“

      Das machte sie öfter und Achim war nicht nur gerührt, sondern auch echt erfreut. Er bedankte sich und sagte: „Ich hab dich lieb.“

      Hanni verkündete, dass sie am Mittwoch dieser Woche nach Thürin-gen abreisen werde. Zurück käme sie am Montag nächster Woche.

      Achim wunderte sich, warum sie nicht länger wegblieb, so wie sonst. Doch Hanni meinte, dass sie keine Lust habe auf eine längere Abwesenheit und lieber mit ihm Pläne schmieden würde.

      „Ja, wenn das so ist, machen wir morgen Abend das Schnäpelessen.“ „OK“ meinte Hanni „dann sag ich noch meiner Mutter Bescheid, damit du sie ärgern kannst.“

      „Ist doch auch für uns und in erster Linie für dich“ antwortete er.

      „Freust du dich auch so, dass wir bald das ganze Haus für uns haben werden?“

      „Ich bin schon ganz aufgeregt, und wenn du zurück bist planen wir alles genau.“ „Das Geschäft könnten wir auch ausbauen; nicht nur Fotografie und Kommunikationsberatung, auch etwas, wobei wir das Internet einbeziehen könnten. Lass dir das auch mal durch den Kopf gehen.“

      „Besorgst du uns für morgen eine Baguette?“ „Ja mach ich.“

      „Was treibst du so, wenn ich verreist bin?“ „Ich setze mich ab, will im Thurbruch ein paar Aufnahmen machen und werde mich zum Schlafen auf ‚meinen’ Hochsitz zurückziehen.“

      Hanni sagte nachdenklich: „Könnten wir doch auch mal zusammen machen; würdest du mich mal mitnehmen?“

      „Klar doch, ich würde mich sehr freuen wenn du mal mitkommst. Ich würde nie mit jemand anderem so eine Tour machen aber mit dir wäre das schön. Diese Jahr wird das aber nichts mehr; wenn du zurück bist wird es schon zu kalt sein und dann ist es nicht mehr lustig.“ „Das macht gar nichts, dann eben im nächsten Jahr. Wir haben doch noch so viel Zeit.“

      „Morgen früh gehe ich in den Wald um Fliegenpilze zu sammeln, ich brauche für meine Tour in den Thurbruch was zum animieren.“

      20

      „Übertreib es nicht mit der Kifferei“ mahnte Hanni besorgt. „Sicher doch, ich kenn mich ja aus.“ Achim kannte einige Fliegenpilzrezepte. Er zog von einem Pilzhut die Haut ab, die sich dann während sie trocknete zusammenrollte und wie eine Zigarette geraucht wurde, oder das Pilzfleisch wird getrocknet, zerrieben und in einer Pfeife geraucht. Es besteht auch die Möglichkeit das Pilzfleisch zu mahlen und dann zu schnupfen wie Koks. Egal wie, er genoss seit vielen Jahren dieses Halluzinogen nur auf nüchternen Magen, dann wurde ihm danach nicht so übel. Weitere Nachwirkungen hatte er bis jetzt nicht gespürt.

      Auch der nächste Tag war ein sogenannter Bilderbuchtag; der Sommer konnte sich in diesem Jahr gar nicht von der Insel trennen.

      Der krasse Gegensatz zu dem hiesigen Wetter war die Flutkatas-trophe, auch Jahrhundertflut genannt, obwohl das neue Jahrhundert erst zwei Jahre alt war, die in anderen Gegenden Deutschlands Unheil anrichtete. Achim sah die Bilder regelmäßig im Fernsehen. Er wurde sauer wenn er wahrnahm wie schamlos die Politiker die Katastrophe und die Not der Betroffenen für ihre politischen Ziele zu nutzen suchten. Er sah Schröder, Stoiber und Konsorten in ihren Maßanzügen und neuen Gummistiefeln, für die Kameras mit grim- migen entschlossenen Mienen, im seichten Wasser herumstapfen. Die Krawatten hatten sie abgenommen, um so den Eindruck zu ver-mitteln, als würden sie im nächsten Moment selber zupacken. Achim fragte sich ob die Wähler auf solch Schmierentheater hereinfallen würden. Wenn dann die Umfragewerte publiziert wurden konnte er feststellen, dass sie es taten.

      „Nun, die Menschen erhalten die Politiker, die sie verdienen.“

      Achim brach auf in Richtung Wald. Die Luft war geschwängert mit Pilzduft und entsprechend üppig war seine Ernte. Er präparierte seine Joints an Ort und Stelle und ließ sie an der Sonne trocknen.

      Als er wieder zu Hause war kümmerte er sich um die Fischsuppe. Sie musste noch mit einigen Eigelben gebunden werden; außerdem erhält die Suppe dadurch einen feinen und eleganten Geschmack.

      Entscheidend waren aber Safran und Pastis. Den Safran bezog Achim aus der Schweiz, aus Mund, einem kleinen Bergdorf im Kanton Wallis. Er war überzeugt, dass es sich bei diesem Safran um den besten der Welt handelte und dem aus Spanien haushoch über-legen wäre. Und nun der Pastis. Achim koche gerne Fischsuppe weil ich dann einen Vorwand hatte mit Hanni ein oder auch zwei Pastis zu trinken.

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      Auf dem Hof, hinter ihrem Haus befindet sich eine alte Wasser-pumpe, ein Relikt aus der Vorkriegszeit. Achim hatte alles getan damit die Pumpe erhalten blieb. Sie lieferte nämlich aus dem Brunnen ein Wasser das zum Pastis unvergleichlich gut passte. Das Wasser war weich, eiskalt, auch im Hochsommer und es hatte einen einzigartigen wenn auch nicht genau zu beschreibenden Geschmack.

      Er mixte zwei Pastis und rief Hanni. Mit einem bedeutsamen Augen-zwinkern reichte er ihr ein Glas. „Oh fein, du hast uns Pastis gemacht.“ Sie schlürften genüsslich. Hanni legte eine Hand auf ihre Magengegend und stöhnte „man, tut das gut“. Der Pastis schmeckte kräftig und ein bisschen scharf, so wie sie ihn in der Provence kennengelernt hatten.

      „Das kommt nur von unserem Wasser“ waren sie sich einig.

      „Sobald deine Mutter da ist lege ich noch einige Fischstückchen in die heiße Suppe und schmecke noch mit einem Schlückchen Pastis ab. Dann bringe ich noch Baguette und schon können