Ramona Nagiller

Ausgesetzt


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      „Papa, du darfst nicht gehen, ich bin wieder lieb, bitte, bitte!“

      Meinem Papa liefen die Tränen über das Gesicht.

      „Ich hole dich, ja Isabella, ich hol dich ab!“

      Meine Mutter, die angelaufen kam, um mich zu beruhigen, festzuhalten, hatte kaum eine Chance, ich trat, biss, spucke, ich wand mich, trommelte, weinte, schrie wie am Spieß, völlig aufgelöst.

      Charlie kam angerannt mit rotem Gesicht. Er sprach mit meinem Opa, wollte vermitteln.

      Das Tor wurde geöffnet, mein Opa lief auf den Platz. Die Situation spitzte sich zu, die Diskussionen wurden immer lauter und gefährlicher.

      Aus allen Ecken kamen die Clanmitglieder, Arbeiter.

      In Panik schnappte mich meine Mutter und schleppte mich aus der Gefahrenzone, in Richtung Stallzelt, wo die Pferde standen.

      Aus den Augenwinkeln sah ich, während ich nach meiner Mutter schlug und strampelte, um mich zu befreien, wie sich ein Familienmitglied einen übrig gebliebenen Eisenanker, mit dem das Stallzelt gesichert wurde, schnappte und zu der Menschengruppe lief.

      Dann erreichten Anne und ich das Stallzelt.

      Ich hörte das Geschrei von draußen, sah nichts mehr.

      Anne hielt mich im Schwitzkasten, ich war ein tobendes schreiendes Bündel Mensch.

      Der Durchgang hinter den Pferdeboxen, durch den wir uns kämpften, war sehr schmal.

      Die Pferde schnaubten und wieherten nervös wegen meiner Tobsucht.

      Ein Pferd trat zurück, nervös tanzend, und schlug aus, um uns zu treffen.

      Wir fielen beide in eine dort abgestellte große Kiste.

      Beim Aufrappeln und Aufstehen, bemerkte ich entsetzt, dass sich dort in einer Kiste junge Welpen befanden von der Schäferhündin, die den Platz zusätzlich bewachte.

      Anne und ich hatten 3 Hundebabys durch den Sturz totgedrückt.

      Ich schrie und schrie!

      „Isabella, ich komm dich holen, ich schwöre es", hörte ich Opa von draußen laut schreien, dann fuhr er weg.

      Er ist weggefahren, für mich ging die Welt unter.

      Ich aß nichts mehr, was ich schluckte, erbrach ich.

      „Hast Du mich nicht ein ganz kleines bisschen lieb und Charlie ist doch auch nicht schlecht zu dir ?" fragte mich meine Mutter Anne.

      „Ich will zurück zu meinem Papa!", ich wich zurück und senkte den Kopf.

      Ja, Charlie ist nicht schlecht zu mir, er übt mit mir Gymnastik. Ich bin biegsam wie eine Gummipuppe, mache Handstand und schaffe schon einen Spagat. Ich bin talentiert und graziös, sagt er. Er ist immer freundlich zu mir und auch sehr lieb zu Bärbelchen, die auch inzwischen mein ein und alles ist.

      Wenn sie mit mir lacht und nach mir greift, bin ich glücklich.

      Ich schaue Charlie fast bettelnd an.

      „Bitte, ich will nach Hause, zu meinem Papa“, japse ich, kaum noch Stimme.

      Ich breche und breche, behalte nichts bei mir, bekomme hohes Fieber.

      Bin krank, müde.

      „Er kommt morgen, dein Opa, und holt Dich ab“, sagt Anne.

      Ich schaue sie an, apathisch.

      „Ja, morgen", sage ich, ohne Freude.

      Ich will nur noch schlafen.

      Er ist gekommen, holt mich ab in seinem VW, er setzt mich hinten ins Auto, ich bin so müde.

      Wir fahren los, ich schaue nicht zurück.

      Irgendwann ist die Fahrt zu Ende.

      Auf allen vieren, klettere ich zu Hause die Treppen, die nach Bohnerwachs riechen, hoch bis an die Wohnungstür.

      Oma öffnet die Tür, sie weint.

      Opa, der langsam hinter mir die Treppenstufen nachsteigt, weint.

      Wir weinen alle drei, umarmen uns, ich werde ruhig, bin glücklich, -

      Ich bin zu Hause.

      Ich brauchte Ärzte und eine ganze Weile, bis ich wieder gesund war. Eine Frau von einem Amt kam, befragte mich, sagte, ich kann bleiben.

      Kapitel 9

       Mein Teddybär.

      Opa lachte: „Freu dich, Isabella, ich muss heute in die Stadt etwas erledigen, wenn du willst, kannst du mich begleiten.“

      „Oh ja!“

      Blitzschnell war ich passend angezogen, und schon waren wir beide unterwegs.

      Es ging mit dem Bus in die Stadt, weil das Auto inzwischen verkauft war.

      Wir fuhren eine ganze Weile, alles war neu und aufregend.

      In der Stadtmitte stiegen wir aus. Opa musste auf dem Rathaus irgendwelche Papiere abgeben und noch neue Passbilder machen.

      Wir fanden am Hauptbahnhof einen Fotokasten mit Vorhang. Opa ging hinein, warf irgendwelche Münzen in den Automat, musste ganz still sitzen, dann wurde fotografiert und die Bilder kamen dann außen aus einem Schlitz heraus.

      Ich wäre so gerne mit in der Kabine gewesen, um alles zu sehen.

      Aus diesem Grunde schielte ich von außen, unter dem Vorhang durch, dadurch brachte ich meinen Großvater zum Lachen, und die Bilder waren nicht verwendbar.

      Erst als ich mich in der Kabine auf seinen Schoß setzen durfte und wir beide zusammen uns fotografieren ließen, ist es ihm gelungen, seine amtlichen Fotos auszudrucken, die er benötigte.

      Ich war inzwischen mit unseren gemeinsamen Bildern beschäftigt, die ich absolut toll fand. Später präsentierte ich sie triumphierend meiner Oma und gab sie natürlich nicht mehr her oder teilte sie.

      Der Tag war noch nicht zu Ende, wir machten noch einen kleinen Stadtbummel.

      Es gab in der Stadt ein riesiges Kaufhaus, mit vielen Lichtern, große Ein- und Ausgänge. Hinter den Schaufensterscheiben standen Menschenpuppen, die ganz toll angezogen waren: Frauen, Männer, Kinderpuppen.

      Ich staunte.

      „Komm, wir gehen mal rein und schauen uns um“, sagte mein Opa verschmitzt.

      Ich war begeistert, ich sah so viele Dinge.

      Es gab eine Rolltreppe, die ganz nach oben fuhr, Stockwerk für Stockwerk. Ich bestaunte das Kaufhaus, bis wir ganz oben ankamen.

      Da befand sich die Spielzeugabteilung.

      Ich war völlig entzückt, konnte mich kaum noch bewegen, drehte mich um, hielt mir die Hände auf dem Mund, um meine Begeisterung nicht herauszuschreien.

      Spielzeug, Autos, Puppen, Kaufläden und Stofftiere Teddybären, einer größer, schöner, bunter, als der andere.

      Bevor mich mein Opa festhalten konnte, lief ich an einen großen runden Ständer, der fünf Ablagen hatte.

      Im unteren Ablagebereich saß er ...

      mein Bär.

      Mit gelblich flauschigem Fell, großen Augen, runden Plüschohren und roter Schleife.

      Rief er mich???

      Ja, ich hatte es genau gehört!

      Ich schnappte ihn, drückte ihn an mich, bei dieser Bewegung hörte ich ein dumpfes Brummen aus seinem Bauch.

      „Bääh", sagte er.

      Meine dunklen Augen suchten das Gesicht meines Opas.

      Mein trutziges Gesicht und die vorgeschobene Schnute signalisierten ihm:

      Keine