der linken Seite wurde eine riesige Kochstelle eingelassen, die mit Holz oder Kohlen befeuert werden kann. Darüber hängen an einer langen Leine unzählige Bündel mit getrockneten Kräutern und seltsamen Obst- und Gemüsesorten. J.J. staunt. In der Mitte steht dagegen eine hochmoderne Kochinsel, über der etliche auf Hochglanz polierte Töpfe und Pfannen hängen. Die Schränke und die mondäne Sitzecke, die sich unter einem großen Fenster befindet, sind wahre Designerstücke, die aus sehr wertvollem Kauriholz gefertigt wurden.
»Schlecht verdienen tut man als Hexe anscheinend nicht«, denkt sie und hält überrascht inne, da ihr Blick auf einem raumhohen, dreiflügeligen Kühlschrank hängenbleibt.
»Volltreffer!«, jauchzt sie aus Versehen laut los, während sie neugierig die Tür öffnet. Als sie jedoch den Inhalt sieht, zieht sie einen Schmollmund.
»Wollen die mich veräppeln?«, raunt sie entrüstet, da der riesige Kühlschrank leer ist! Enttäuscht schließt sie ihn wieder und entdeckt ein Display, das in der Kühlschranktür eingelassen wurde. Aus Spaß drückt sie auf eine der vielen Tasten, worauf sich unvermittelt eine freundliche Stimme meldet:
»Hallo! Was darf es denn heute sein?«, fragt diese höflich, während J.J. sich hastig umsieht, da sie befürchtet, dass man sie erwischt hat. Aber außer ihr ist niemand in der Küche. Sie stutzt und schaut sicherheitshalber auch unter der Eckbank nach. Als sie begreift, dass diese Stimme aus dem Display kommt, muss sie kichern.
»Dieses Ding erinnert mich an den Autoschalter einer Fast-Food-Kette«, albert sie und stellt sich nah an die Kühlschranktür.
»Ja, hallo! Ich nehme ein paar Hühnchenburger, ohne Gurken und Ketchup, eine Orangenlimonade ohne Eis und Pommes mit Mayo!«, spricht sie mit spitzen Lippen hinein.
Prompt meldet sich die Stimme erneut.
»Vielen Dank für Ihre Bestellung! Bitte entnehmen Sie jetzt Ihre Speisen! Ich wünsche guten Appetit!«
J.J. stockt und öffnet, eigentlich mehr aus Spaß, nochmal den Kühlschrank. Jetzt vergeht ihr das Lachen! Vor ihr steht ein deckenhoher, dreiflügeliger Kühlschrank aufgefüllt mit Hühnchenburgern, Pommes frites und Orangenlimonade. Hastig schlägt sie die Tür wieder zu und reißt sie noch einmal auf.
»Alles noch da! Ich flippe aus!«
Mit aufgerissenen Augen starrt sie auf die Unmenge an Köstlichkeiten und schluckt. Vorsichtig tastet sie an einen Burger und schüttelt ungläubig den Kopf.
»Die sind ja heiß!«
Sie schnappt sich einen, dazu noch eine Packung Pommes sowie eine Flasche Orangenlimonade und setzt sich auf die Eckbank. Der Burger duftet herrlich und macht ihr großen Appetit. Selig lächelnd beginnt sie zu essen.
Plötzlich bewegt sich die Küchentür. J.J. schreckt hoch und sieht hinüber, kann jedoch niemanden entdecken. Jetzt gruselt es ihr doch ein wenig, obwohl ihr bewusst ist, dass sie sich in einem Zauberhaus befindet. Als sie genauer hinsieht, erkennt sie zwei Hinterpfoten, samt halben Bauch und Po, die fröhlich auf sie zuspaziert kommen. Sie sieht auf das kuriose Gebilde und setzt sich unbewusst ein Stück zurück.
»Hm, hier riecht es aber lecker! Der Duft ist bis hinauf in mein Schlafzimmer gedrungen. Was gibt es denn Gutes?«, fragt die seltsame Gestalt.
J.J. holt erleichtert Luft und macht dem wunderlichen Gesellschafter Platz.
»Hallo Lincoln. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, dass ich ab sieben Uhr abends mit einem Hinterteil reden muss!«, sagt sie kichernd, was der kleine Halbtagshund leider nicht so amüsant findet. Er hopst auf die Eckbank und seufzt.
»Ich hoffe, es ist dir nicht zu unangenehm! Bevor du in das Internat gebracht wurdest, habe ich bei dir im Zimmer gewohnt. Manchmal durfte ich sogar mit im Himmelbett schlafen! Aber Oma Vettel meint, dass Mädchen in deinem Alter das nicht mehr so gerne mögen. Sie war sehr angespannt in den letzten Wochen. Ich mag sie jedoch lieber aufgeregt als so tieftraurig wie in der Zeit, nachdem du weg warst. Na ja, wir waren alle sehr traurig. Selbst das Haus! Furchtbar war das! Alles war düster, dunkel und kalt. Wenn man an deinem Zimmer vorbeikam, hat es immer unglaublich furchterregende Geräusche gemacht. So wie in diesen Gruselfilmen. Alles nur deshalb, damit bloß niemand hineingeht. Ich habe gehört, dass es dir jetzt ein besonders schönes Zimmer arrangiert hat?«
J.J. nimmt einen Schluck Limonade und schiebt sich an Lincoln vorbei. Sie geht zum Kühlschrank und öffnet die Tür.
»Zimmer ist leicht untertrieben. Es ist eher ein Luxus-Apartment, und wenn du möchtest, kannst du gern wieder bei mir einziehen. Hast du Lust auf Hühnchenburger oder Pommes?«, fragt sie, während sie bis zu den Knien in dem Kühlschrank verschwindet, um sich Nachschlag zu holen.
»Ich nehme nur einen Burger, wenn du einen übrig hast.«
J.J. kommt hervor und zeigt verlegen auf den üppigen Inhalt. Ein paar Sekunden herrscht Stille, dann quietscht der kleine Halfie erschrocken los:
»Ach herrje. Da hast du aber großen Appetit gehabt. Davon werden ja alle Bewohner von Havelock satt! Wie lange soll denn dieser Vorrat reichen?«
J.J. zuckt verlegen mit den Schultern und erklärt ihm, wie es zu der Misere kam.
Jetzt kichert der Halbtagshund.
»Ja, das ist noch ein älteres Modell. Du musst ihm genau sagen, was du haben möchtest. Vorallem auch die exakte Anzahl! Jetzt müssen wir lange Burger und Pommes essen. Das wird Oma Vettel gar nicht gefallen. Sie achtet nämlich streng darauf, dass wir uns ausgewogen ernähren. Soweit ich weiß, erwartet sie morgen Abend auch ein paar Gäste aus dem dunklen Phad. Da braucht sie den Kühlschrank.«
J.J. verdreht die Augen und lässt den Kopf nach vorne fallen.
»Super! Und jetzt?«, fragt sie genervt und sieht gerade noch ein Stummelschwänzchen aus der Tür flitzen.
»Na dann, auf Wiedersehen«, blafft sie Lincoln hinterher und nimmt sich frustriert noch einen weiteren Burger, der mittlerweile nur noch lauwarm ist.
Ein paar Minuten später hört sie ein stetig anschwellendes Gemurmel und Getrappel aus dem Flur, das sich in ihre Richtung zu bewegen scheint! Sie lauscht einen Moment lang angespannt und steht auf, als plötzlich die Tür aufspringt. Diggler, Lincoln, Flick, Henry McMuffel, Bomber, Marley, Bog, Hubert, Geoffrey, Klank, Glubert, Morten aus dem Geisterzoo, Rosie, die Tentakelschlange, und Xinthalius, die Hauskatze, kommen in die Küche gestürmt und stellen sich vor den Kühlschrank. Klank, der Affe, klettert auf Digglers Rücken und öffnet die Kühlschranktür. Daraufhin geht alles sehr schnell.
Der Affe schmeißt der Meute Burger und Pommes frites zu, die sich gierig draufstürzt und sie genussvoll verschlingt. Nach einer halben Stunde ist nichts mehr übrig außer der Orangenlimonade. J.J. sieht mit aufgerissenen Augen zu, wie die Halfies und der Geisterzoo auf oder neben der Eckbank sitzen und die letzten Reste der Burgerparade verspeisen.
»Danke, dass ihr mir aus der Patsche geholfen habt«, sagt sie erleichtert und zwinkert Lincoln dankbar zu.
Dann steht sie auf und beginnt den Müll wegzuräumen.
»Das Papier kannst du Afrim geben«, sagt das Werschwein, als es bemerkt, wie J.J. verzweifelt einen Mülleimer sucht.
»Okay und wer ist Afrim?«
Diggler kommt auf sie zu und nimmt ihr ein Stück Papier ab. Er schleppt es zu der offenen Feuerstelle in der Felswand und legt es in die Öffnung. Danach geht er zurück und holt das Nächste. J.J. sieht zum Feuerloch und traut ihren Augen nicht. Eine kleine, bläuliche Flamme, vielleicht so groß wie eine Streichholzschachtel, kommt angetanzt und stürzt sich auf das Papier. Während sie frisst, wird sie größer und ändert ihre Farbe. Zuerst ist die Flamme blau, schließlich wächst sie und wird gelb. Mittlerweile ist es ein stattliches Feuer, das orangerot glüht. Die Flamme schmatzt und beginnt am Rande des Feuerloches umherzutanzen.
»Das ist Afrim. Er ist ein Feuerdämon. Ich glaube, er wartet auf das Dessert! Gib ihm schnell das restliche Papier, sonst wird er wieder launisch«, meint Diggler und zeigt mit dem Kopf auf die Feuerstelle.