Arnulf Meyer-Piening

Doppel-Infarkt


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ist kein Verlass: Entweder bläst er drei, fünf oder sieben Tage. Drei Tage sind es nun schon, wir hofften auf ein Ende heute gegen Abend. Wir müssen morgen wieder im Büro sein. Übrigens, mein Name ist Pauli, Professor Bertram kennen Sie wahrscheinlich, der ehemalige Justizminister und das ist mein Rechtsanwalt Dr. Johannes und meine beiden Söhne Andreas und Michael, die haben uns hierher geflogen.“

       „Guten Tag, Beyer mein Name, meine Frau“, dabei machte er eine leichte Verbeugung und deutete auf seine Frau an seiner Seite.

       „Angenehm.“

       Beyer wandte sich zu den beiden Piloten mit den blauen Flieger-Jacketts: „Respekt! Sie sehen noch ziemlich jung aus und sind schon ausgewachsene Piloten?“

       „Ja, wir haben beide mit 18 unsere IFR-Lizenz erworben. Vater gab uns oft seine Maschine mit seinem Piloten zum Üben. Er hat uns oft fliegen lassen, so konnten wir früh Flugerfahrungen sammeln.“

       „Man muss sich eben den richtigen Vater aussuchen! Trotzdem eine große Leistung, denn das Examen will auch erst einmal geschafft werden. Meine Hochachtung.“

       Die beiden jungen Männer machten einen patenten Eindruck, sportlich mit zurückhaltender Bescheidenheit.

       „Von Ihnen könnten wir bestimmt noch viel lernen“, sagte Andreas voller Bewunderung.

       „Ihre Landung hat auch mir sehr imponiert, das hätte ich mir nicht zugetraut“, ergänzte Michael.

       „Ich auch nicht“, lachte Beyer, „ich will es auch nicht noch einmal probieren. Was hat Sie denn hierher nach Fréjus geführt?“ wandte sich Beyer an Pauli Senior.

       „Wir haben gestern meine neue Segelyacht in Empfang genommen“, erwiderte Pauli.

       „Gratuliere, was ist es für ein Typ?“

       „Eine Bénéteau 50“.

       „Ein schönes Schiff, Entwurf von Bruce Farr. Bin ich auch schon gesegelt, hat hervorragende Segeleigenschaften.“

       „Sie scheinen sich gut auszukennen, wollen Sie die Yacht mal sehen? Es wird heute sowieso nichts mehr mit dem Rückflug.“

       „Gerne, aber wir müssen noch nach Port Grimaud.“

       „Bertram hat seit vielen Jahren eine Wohnung dort und hat uns heute aus Anlass unserer Schiffstaufe besucht. Er ist mit seinem Wagen hier und kann Sie sicherlich nachher mitnehmen.“

       Bertram nickte.

       „Wo genau haben Sie Ihre Wohnung, Herr Professor?“

       „In Port Grimaud Sud.“

       „Welch ein Zufall, da befindet sich auch unser Haus, schräg gegenüber vom Place du Sud.“

       „Das ist ganz in meiner Nähe.“

       „Dann schlage ich vor, wir fahren jetzt zum Hafen und Professor Bertram nimmt Sie anschließend mit nach Port Grimaud.“

       Dr. Pauli blickte fragend in die Runde.

       „Machen Sie keine Umstände!“

       „Ich bitte Sie!“

       Beyers nahmen ihr Reisegepäck aus dem Flugzeug.

       „Sympathischer Mensch, so ein väterlicher, freundlicher Typ, was der wohl beruflich macht?“ meinte Arnim. „Vorstand einer großen Aktiengesellschaft oder Inhaber eines mittelständischen Unternehmens? Wenn er mit seinem Rechtsanwalt hier ist, haben sie wohl eine geschäftliche Besprechung gehabt. Und Professor Bertram ist auch dabei. Es muss eine bedeutende Firma sein.“

       „Aber der Rechtsanwalt passt nicht so richtig zu den beiden anderen“, sagte Elinor, „ich habe selten so viele Schuppen auf dem Kragen gesehen, richtig ekelig. Und dann ein Nadelstreifen-Anzug, aber braune Schuhe mit weißen Socken! Und die Weste bis unten zugeknöpft, offener Kragen, Krawatte und Einstecktuch aus gleichem Material, die Hose zerknittert.“

       „Man soll die Menschen nie nur nach ihrem Äußeren beurteilen“, meinte ihr Mann beschwichtigend, „aber du hast schon Recht, an dem Mann stört mich auch etwas, nicht nur der Anzug. Er blickt so merkwürdig drein, irgendwie verschlagen, jedenfalls nicht seriös.“

       Sie trafen die Herren an Bertrams Wagen und fuhren wie vereinbart zum Hafen.

       „Dort am zweiten Kai liegt meine Yacht“, Pauli deutete mit der Hand seitlich aus dem Fenster.

       „Sieht ohne Segel noch nagelneu aus“, meinte Beyer.

       „Ist sie auch! Wir wollen erst in zwei Wochen zur Jungfernfahrt auslaufen. Meine Frau wird auch dabei sein.“

       „Wo soll es denn hingehen?“

       „Erst wollen wir uns hier in der Gegend umsehen, wir haben alle noch keine Segelerfahrung, aber Professor Bertram und Dr. Johannes, sind erfahrene Segler. Meine Söhne haben ihren Segelschein erst in diesem Jahr gemacht.“

       „Und Sie, haben Sie keinen? fragte Beyer?

       „Dazu habe ich noch keine Zeit gehabt, ich werde ihn aber unbedingt noch machen.“

       „Man fragt in Frankreich nicht nach Lizenzen. Man darf nur keinen Unfall verursachen, denn dann hat man keinen Versicherungsschutz.“

       „Sie haben sicher einen Segelschein?

       „Ich habe sie alle, einschließlich dem Hochseeschifferpatent“, sagte Beyer nicht ohne Stolz. „Aber ich habe den Schein hier noch nie gebraucht. Das Segeln lernt man ohnehin nicht auf der Schule“, ergänzte Beyer.

       Pauli sprang trotz seines stattlichen Gewichts ziemlich elastisch von der Hafenmauer auf den Spoiler seiner Yacht und die anderen folgten ihm. Die meisten Boote lagen mit dem Heck zur Kaimauer, römisch-katholisch, wie man hier sagte.

       „Willkommen an Bord, was trinken Sie?“

       „Was Sie haben.“

       „Ein Glas Champagner wäre sicher dem Augenblick angemessen.“

       „Wir sind dabei.“

       Der Champagner war zwar nicht eiskalt, aber in der Bilge herrschte die kühle Wassertemperatur des herbstlichen Mittelmeeres.

       „Mast und Schotbruch und allezeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!“

       Beyer nahm die Yacht in Augenschein und gab bewundernde Kommentare. „Da fehlt es an nichts: Instrumente wie im Flugzeug: Echo Lot, elektronisches Log, Radar, GPS mit Kartenplotter, Autopilot, Funkgerät, was will man noch mehr!“

       „Ich habe eine Elektronik-Firma, Elektronik ist mein Beruf und mein Hobby“, erklärte Pauli.

       „Na dann ist alles klar. Sie müssen nur immer für genügend Strom an Bord sorgen.“

       „Ja, wir haben vier Akkus mit jeweils 105 Ampere.“

       „Sollte wohl genügen, trotzdem, der Strom ist immer die Schwachstelle an Bord.“