„Was für eine?“
„Eine Comet 13, eine italienische Yacht aus Forli bei Bologna.“
„Sieh da. Wir waren letztes Jahr zu einer Werftbesichtigung dort, haben uns aber doch eine französische Yacht ausgesucht, wegen der besseren Ersatzteilversorgung in Frankreich.“
„Da haben Sie recht, das ist tatsächlich ein großes Problem.“ Frau Beyer warf einen vielsagenden Blick von der Seite auf ihren Mann, als wolle sie sagen: „Das hättest Du damals auch bedenken sollen.“
Die Gespräche kreisten um das Fliegen, das Segeln, das Mittelmeer und die besten Speiselokale. Inzwischen waren auch Andreas und Michael angekommen, man saß im Cockpit und genoss den prickelnden Champagner. Zwischendurch lockerte Dr. Johannes die Runde mit Witzen auf, die er meisterhaft vortrug: „Kommt Kohl in den Himmel und trifft dort den Papst …“ Ein Witz reihte sich an den anderen, die Stimmung wurde zunehmend fröhlich und ausgelassen. Die Anspannung des vergangenen Fluges war verschwunden und auch Elinors Gesicht hatte wieder Farbe bekommen. Schließlich schlug Beyer vor: „Wir fahren jetzt nach Port Grimaud in unser Haus und feiern dort weiter.“
„Sie sind sicher von dem Flug erschöpft und wollen lieber Ihre Ruhe“, gab Pauli zu bedenken.
„Im Gegenteil! Das Leben hat uns wieder, wir müssen das feiern.“
„Wir wollen Ihnen keine Umstände bereiten, außerdem müssen wir heute Abend wieder hierher zurück, denn morgen früh müssen wir nach Hause fliegen.“
„Sie machen keine Umstände und wir würden uns freuen, Sie als unsere Gäste bei uns zu haben.“
Das Für und Wider wurde noch eine Weile diskutiert, doch der Mistral blies mit unverminderter Heftigkeit und der Champagner tat seine befreiende Wirkung. Professor Bertram, der sich beim Champagner zurückgehalten hatte, schlug vor, mit Frau Beyer und Dr. Johannes in seinem Wagen zu fahren, während Beyer mit Pauli und dessen Söhnen eine Taxe nehmen sollte.
Sie fuhren die Küstenstraße entlang. Es war schon fast dunkel geworden. Kurz vor St. Maxime sah man das hell erleuchtete St. Tropez auf der anderen Seite vom Golf liegen. Ein paar Motorboote zogen ihre Furchen durch das aufgewühlte Wasser.
„Ein schönes Fleckchen Erde haben Sie sich hier ausgesucht.“ Dr. Pauli sah gedankenversunken durch das Fenster: „Hier würde es mir auch gefallen.“
„Warum kaufen Sie sich hier nicht auch ein Haus? Man findet immer etwas.“
„Ich habe eine Wohnung in Florida und eine auf Sylt und ich finde kaum Zeit, dorthin zu fahren und dann noch ein weiteres Domizil?“
„Sie haben Recht, man kann sich nicht zerteilen. Aber irgendwann werden auch Sie mal aufhören zu arbeiten.“
„Irgendwann, aber jetzt muss ich erst meine Firma weiter vorantreiben. Wenn ich es nicht tue, dann macht es keiner. Das ist eben das Schicksal eines Unternehmers!“
„Schweres Schicksal“, meinte Beyer ironisch und fuhr ernsthaft fort, „Ich wollte immer eine eigene Firma haben, dazu ist es aber irgendwie nie gekommen.“
„Was machen Sie beruflich?“
„Ich bin Partner einer internationalen Beratungsgesellschaft.“
„Seien Sie froh, dass Sie kein eigenes Unternehmen haben, es macht doch viel Arbeit und Sorgen.“ Pauli seufzte.
Die beiden Wagen bogen rechts von der Straße ab und fuhren über die Brücke, am Rondell wieder rechts entlang der Häuserreihe und hielten vor der Schranke. Beyer zeigte seinen Passierausweis und die Schranke wurde geöffnet. „Der Wagen hinter uns gehört auch zu uns!“ Der Sicherheitsbeamte nickte freundlich.
„Hinter der Brücke links, dann sind wir gleich da“, dirigierte Beyer den Taxifahrer.
Das Reihenhaus war in einem warmen provenzalischen rostroten Ton gestrichen. Die Innenaufteilung der Häuser in Port Grimaud war bei allen weitgehend identisch, aber durch die unterschiedliche Farbgebung und Detailänderungen an den Fassaden wurde der Eindruck von Vielfalt und Individualität geweckt. Die Fensterläden ihres Hauses waren geöffnet.
„Lassen Sie immer alles offen auch wenn Sie nicht da sind?“
„Nein, der Gardien macht das für uns. Wir rufen ihn von Zuhause an und er stellt die Heizung an, seine Frau macht sauber und wäscht die Wäsche, das ist sehr praktisch“, sagte Frau Beyer, „wir brauchen uns um nichts zu kümmern.“
„Wenn Sie mich entschuldigen wollen“, meinte Bertram, „ich gehe die paar Schritte nach Hause, meine Frau wartet auf mich. Vielleicht ein anderes Mal.“
Man verabschiedete sich und versprach, sich bei Gelegenheit zu besuchen.
„Treten Sie ein, meine Herren“, sagte Beyer und breitete seine Arme zu einer einladenden Geste aus.
Das Wohnzimmer war gediegen mit provenzalischen Antiquitäten eingerichtet, eine Burgunderuhr, eine geschnitzte Truhe, ein ovaler Esstisch mit Renaissance Stühlen und eine gemütliche Sitzgruppe, Bilder von alten Seglern zierten die Wände. Ein Kamin war zur Feuerung vorbereitet. Eine behagliche Atmosphäre zum Ausspannen und sich Wohlfühlen.
„Meine Herren, wie wäre es mit einem leichten Weißwein? Wir haben hier einen ausgezeichneten Winzer in der Nähe, die ‘Domaine de la Giscle‘, bei Grimaud, dort kaufen wir immer den Vin Blanc und den Rosé Wein.“
Man entschied sich sowohl für den Weißen als auch für den Rosé Wein, um beide zu probieren.
Beyer öffnete die große Glastür zur Kanalseite, und sie traten auf die Terrasse. Es war eine sternenklare Nacht aber kalt, denn der Nordwind heulte und pfiff durch die Takelagen der Yachten, die fest vertäut – mit dem Heck zum Kai – vor den Häusern im Kanal lagen.
„Es ist wirklich schön hier. Schade, dass es so stürmt. Das stelle ich mir sonst sehr friedlich vor.“ Die vielen Yachten hinter dem Haus im Wasser rissen und zerrten an den Festmacherleinen.
„Das ist unsere Yacht, hier direkt vor dem Haus“, sagte Beyer mit leichtem Stolz.
Johannes zeigte sich beeindruckt: „Eine elegante Yacht, man erkennt das italienische Styling.“
„Sie sind das erste Mal in Port Grimaud?“
„Ja, ich hatte noch nie die Gelegenheit, hierher zu kommen, habe aber schon viel davon gehört. Professor Bertram hat oft davon erzählt. Er ist immer ganz begeistert von diesem Ort. Wir sind schon oft miteinander gesegelt, aber nie von hier aus.“
„Es ist wirklich schön hier. Im Winter ist man fast ganz allein, erst zu Ostern erwacht das Städtchen zum Leben, schläft aber anschließend wieder ein. Im Sommer, im Juli und August kann man es vergessen, dann ist es hektisch und laut, dann sind alle Häuser bewohnt, viele werden vermietet, dann verlassen wir fluchtartig den Ort. Aber im Herbst wird es wieder richtig schön. Dann ist es noch warm, aber friedlich, das ist für uns hier die schönste Jahreszeit.“
„Würde mir auch gut gefallen, aber meine bevorzugte Jahreszeit ist der Sommer, wenn es warm ist.“
Beyer musterte Johannes etwas genauer: Etwa Mitte 50, wohl im gleichen