Betty Hugo

For ever young


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sie ja Schlagzeilen machen und das Sommerloch füllen.

      Er überlegte gründlich, in beiden Fällen war die unmittelbare Todesursache ein Herzinfarkt gewesen, ausgelöst durch Blutgerinnsel. Das musste er so in seinen Obduktionsbericht schreiben, auch wenn ihn diese Erklärung nicht endgültig zufrieden stellte.

      Sie taumelte geradezu vor Müdigkeit. Dies war das erste Mal, dass sie keinen Mann gefunden hatte, es hatte sich einfach nichts ergeben oder angebahnt oder vielleicht war sie heute Nach nicht so in Form gewesen wie sonst. Ein leichter Infekt und Kopfschmerzen machten sich in ihren Gliedern bemerkbar. Sie öffnete im Morgengrauen die Tür ihres schicken Hauses. Es war wirklich praktisch, dass sich sowohl das Tor der Grundstückseinfahrt, als auch das Tor der großen Garage mit einer Fernbedienung bequem öffnen ließen. So konnte sie, ohne aus ihrem Luxusschlitten aussteigen zu müssen, in die Garage fahren. Das Tor glitt nahezu geräuschlos herunter. Von der Garage aus gab es eine Seiteneingangstür in die Eingangsdiele der Villa. Sie schleuderte mit einer erleichterten Bewegung die hohen Stilettos von sich. Nur in Perlonstrümpfen ging sie in ihr Ankleidezimmer und ließ sich erschöpft vor dem Schminkspiegel nieder. Mit einer vielfach geübten Bewebung entfernte sie die künstlichen Wimpern, griff zu einem Wattepad und entfernte langsam und gründlich die Grundierung und den Lippenstift. Für die Entfernung des Augen Make Ups benutzte sie ein besonders mildes Gesichtswasser, sonst lief sie Gefahr, einen Ausschlag zu bekommen. Wie wirkte dass denn auf die Mitarbeiter, wenn sie mit roten Augen zur Arbeit ging? Das musste vermieden werden. Zuletzt griff sie sich in die Haare und riss sich die Perücke vom Kopf. Ein Blick in den Spiegel machte die Sache klar und deutlich: jetzt war sie wieder ein Mann, ein gut aussehender, männlich wirkender Mann. Er legte sich noch für zwei Stunden ins Bett, dann musste er zur Arbeit fahren.

      Kapitel 13

      Das Studium von Lilly Hammarströms Patientenakte und des Obduktionsberichts hatten nichts Neues ergeben. Keinerlei Widersprüche waren aufgetreten. Verfolgte sie hier nur sie Hirngespinste ihres Mandanten oder war etwas dran an seinem Verdacht?

      Ella kam so nicht voran, also beschloss sie, sich mal vor Ort in der „For ever young“ Klinik, diesen Namen hatte Ruth natürlich prompt und außerordentlich prägnant erfunden, umzuschauen und beim Chefarzt auf den Busch zu klopfen. Aus dem Grad der Nervosität der Klinikleitung ließen sich möglicherweise Rückschlüsse ziehen, wie viel Dreck die unter den Teppich kehrten.

      „Ruth", rief sie, „ich habe einen Rechercheauftrag für dich.”

      Ihre Mitarbeiterin kam sofort fröhlich ins Büro gestürmt. Sie liebte solche Aufgaben, da war sie richtig gut drin. Für sie war es eine spannende Abwechselung von der alltäglichen Routinearbeit.

      „Du musst für mich herausfinden, wem die „For ever young“ Klinik gehört und wie sich die finanziellen Verhältnisse darstellen.”

      Mit gezücktem Stift machte Ruth sich Notizen und verschwand dann eilig, wie ein Bluthund, der Witterung aufgenommen hat.

      „Das hat einige Tage Zeit", rief Ella ihr hinterher.

      „Der Scheidungsantrag von Frau Kowalski ist viel wichtiger; die wird fast jeden dritten Tag von ihrem Ehemann halbtot geschlagen.“

      Um die Mittagszeit hatte Ella einen Termin mit dem Chefarzt der Wannsee Klinik vereinbart. Als sie das beeindruckende Portal des Gebäudes erreichte, fielen gerade die ersten dicken Regentropfen. Der Himmel hatte sich mit dunklen Wolken zugezogen. Obwohl es mitten am Tag war, herrschte plötzlich Abenddämmerung.

      Ella betrat die beeindruckende Lobby der „For ever young“ Klinik. Das Exemplar der Empfangsdame war so perfekt, wie ein Supermodel. Die Nase so gerade, wie mit dem Lineal gezogen, hohe Wangenknochen, große Augen, volle Lippen, faltenfreies Gesicht. Waren die etwa alle durch die Hände von Dr. Christoupoulos gegangen? War das hier Einstellungsvoraussetzung?

      Weiße Kittel und Desinfektionsmittelgeruch suchte man hier vergebens. Alles erinnerte in der Ausstattung an ein elegantes Hotel. Nur das auf den Tischen in der Empfangshalle ausliegende Infomaterial sowie ein großes Plakat mit einem alterslos lächelnden Paar und dem Werbeversprechen „For ever young" verrieten den wahren Daseinszweck dieses Instituts. Neugierig nahm Ella einige Prospekte an sich und verstaute sie in ihrer Umhängetasche. Wer weiß, vielleicht bräuchte sie mal ein paar Anregungen. Obwohl sie mit ihrem Äußeren einigermaßen zufrieden war, bzw. genügend wichtigere Baustellen im Leben hatte, als sich mit „For ever young" auseinanderzusetzen, war die Empfangsdame so außerordentlich perfekt (optisch zumindest), dass dies ihr Selbstbewußtsein prompt unterminierte. Ein kluger Schachzug der Klinik fand sie, so konnte man den Bedarf auch ankurbeln.

      Empfangsdame Nr. 1 reichte sie an Assistentin Nr. 2 weiter, die sie in das Allerheiligste des Chefs geleitete. Auf dem Weg dorthin scannte Ella unauffällig die Umgebung mit den Augen, sie beobachtete, dass alle Flure, die sie passierten, mit Überwachungskameras ausgerüstet waren.

      An die alte Villa schloss sich ein moderner Klinibau aus Stahl und Glas an, in denen sich die Behandlungsräume befanden. Dr. Christopoulos hatte sein Büro im 4. Stock. Er empfing Ella äußerst zuvorkommend in seinem edel und modern eingerichteten Büro. Auch hier musterte Ella sorgsam die Umgebung, tastete mit ihren Augen die Wände und Bücherregale ab. Auf Anhieb konnte sie hier keine Kameras entdecken, was nichts weiter zu bedeuten hatte, schließlich konnten sie auch versteckt in den Deckenleuchten oder der Bücherwand untergebracht sein.

      Dr. Christoupoulos begrüßte sie höflich.

      „Was kann ich für sie tun, Frau Lauenstein?”, eröffnete er das Gespräch.

      Ella kam gleich auf ihr Anliegen zu sprechen.

      ”Es geht um den Tod ihrer Patientin Liliy Hammarström. Ihr Ehemann hat mich mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt".

      Auf seiner Stirn zeigte sich die Andeutung einer Falte, leichte Ungeduld schwang in seiner Stimme mit, als er entgegnete:

      „Das wurde doch alles gründlich untersucht. Denken sie, wir können so einen, zugegebenermaßen tragischen Todesfall einfach unter den Teppich kehren? Es gab natürlich auch eine offizielle Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft. Unsere Klinik trägt keinerlei Schuld am Tod von Frau Hammarström, zu diesem Ergebnis ist auch die staatsanwaltliche Untersuchung gelangt. Sie hatte nun mal ein schwaches Herz, das kommt leider manchmal vor. Das Narkosemittel war ein absolut marktübliches Medikament, auch darauf war ihr Tod nicht zurückzuführen. Ihr Ehemann tut mir sehr leid, aber er leidet da an einer fixen Idee. Er kann den Tod seiner Frau einfach nicht verarbeiten. Er sollte sich psychiatrisch behandeln lassen, was der mir alles an den Kopf geworfen hat. Auch der Eingriff der Brustvergrößerung selbst war ein absolut übliches, sehr erprobtes Verfahren. Ich kann es ihnen gern erklären".

      Ella sah, wie er mit einer flinken Bewegung von irgendwoher diverse größere und kleinere Silikonkissen hervor zauberte. Oder waren die inzwischen mit Kochsalzlösung gefüllt? Sie hatte da kürzlich irgendwas in einer Medizinrechtlichen Fachzeitschrift drüber gelesen. Es hatte da einen irrsinnigen Skandal gegeben. Sein Blick heftete sich auf Ellas Brust, zumindest bildete sie sich dies plötzlich ein.

      Ella hatte endgültig genug, hier kam sie nicht weiter. Die waren in der Klinik natürlich heilfroh gewesen, als die Staatsanwaltschaft die Akte geschlossen hatte, damit war für die Verantwortlichen hier der Vorgang erledigt.

      Sie sprang abrupt auf um sich zu verabschieden, hielt jedoch inne, als ihr plötzlich noch eine Idee kam.

      „Könnte ich die Klinik besichtigen?”, fragte sie. „Eine Freundin von mir will sich hier vielleicht, äh, behandeln lassen.”

      Das war eine mehr als fadenscheinige Ausrede, schien ihn aber nicht weiter zu verwundern.

      „Alles zu zeigen, ist nicht üblich. Aus hygienischen Gründen dürfen Besucher nicht in den Operationstrakt, aber sie können selbstverständlich die Patientenzimmer besichtigen. Meine Assistentin wird sie herumführen."

      Mit diesen Worten