Boden glitt. Sofort bildete sich eine riesige Menge Schaulustiger. Mir war gar nicht aufgefallen, wie voll es mittlerweile geworden war.“
Jessica rieb sich die Augen, als wollte sie damit das Geschehene einfach wegwischen.
Als sie innehielt, wollte Benedikt wissen:
„Was hat Anna gesagt?“
„Ich habe leider nicht jedes Wort genau verstanden, aber die letzten beiden Worte waren mehr als deutlich. Sie forderte: ‚Keine Polizei!’“
„Was wollte Anna überhaupt in diesem Schuppen?“ überlegte Ron laut.
„Ich frag’ mich eher, wer dort auftauchte.“
„Wieso?“
„Anna hat noch nie jemand Unbeteiligten in irgendwas mit reingezogen, das passt nicht zu ihr.“
Ron dachte einen Moment nach, dann stimmte er seinem Kollegen zu:
„Sie muss schon mächtig in der Scheiße gesteckt haben.“
Nach einer kurzen Stille forderte Benedikt:
„Reden sie weiter, Miss Barnes!“
„Jessica?“
Ron sah neben sich, ihm fiel auf, dass die junge Frau neben ihm eingeschlafen war.
„Sie muss vollkommen erschöpft sein“, stellte Benedikt fest.
„Lassen wir sie erstmal schlafen?“
Benedikt nickte.
„Ich schätze, wir haben ihr Unrecht getan“, erkannte Ron, nachdem er einen Arm um Jessica gelegt hatte, damit sie sich an ihn lehnen konnte und es damit bequemer hatte.
„Sie hätte ja auch gleich sagen können, dass sie auf Annas Anweisung zu uns kam“, zeterte Benedikt ungehalten.
„Ich glaube nicht, dass Anna sie zu uns geschickt hat.“
„Wieso ist sie sonst bei uns aufgetaucht?“
„Jessica hat sich diese Speicherkarte angesehen, darauf ist unser Versteck genauestens beschrieben.“
„Und?“
„Sie hatte doch gar keine andere Wahl, als uns zu suchen, wenn sie auf Anna hören wollte.“
„Jeder andere wäre zur Polizei gegangen“, Benedikt war noch immer nicht überzeugt.
„Zu unserem Glück hat sie das nicht getan.“
„Dann hätten wir sie jetzt nicht am Hals!“
„Klar, dafür aber in knapp zwei Stunden Ducks Leute in unserem Versteck.“
„Ron, ich würde dieser Frau nicht alles glauben!“
„Ich glaube nicht, dass sie lügt.“
„Du bist doch bloß geblendet, weil sie so nen Schund schreibt!“
Zur Bekräftigung seiner Worte schlug Benedikt mit der Hand auf das Lenkrad.
Als Ron nichts erwiderte, fuhr er fort:
„Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, du hältst da gerade eine Lesbe in deinen Armen!“ Benedikt spuckte diese Worte geradezu verächtlich aus.
Ron sah seinen Partner an.
„Ach, das ist also dein Problem!“
Diesmal war es Benedikt, der stumm blieb. Hatte Ron etwa ins Schwarze getroffen?
„Obwohl ich mir das überhaupt nicht vorstellen kann.“
„Was?“ brummte Benedikt.
„So wie sie über Sex schreibt, und ich meine den Sex zwischen Mann und Frau, passt das einfach nicht zusammen.“
Benedikt erwiderte darauf nichts.
„Ich sollte mal nachsehen, was sie noch so veröffentlicht hat. Könnte interessant werden.“
Ron glaubte nicht daran, dass jemand, der so schrieb, lesbisch sein konnte. Vielleicht stand diese Frau auf beide Geschlechter? Als Ron weiter an den Inhalt des Romans der jungen Frau, die noch immer dicht an ihn gelehnt saß, dachte, merkte er, wie sich etwas in seiner Hose rührte.
‚Ron, lenk dich ab!’ befahl er sich selbst.
„Wie kriegen wir raus, wo die Anna haben?“ kehrte er zum Geschäftlichen zurück.
„Was macht ihr denn schon wieder hier?“
Von diesem Ausruf wurde Jessica Barnes wach. Sie öffnete langsam ihre Augen und erkannte einen weiteren Mann, der direkt auf den Pickup zukam.
„Wer ist die Kleine?“ fragte er sofort weiter.
Er war aus einem Haus getreten, ein schönes, altes Gemäuer. Der Mann sah den anderen beiden irgendwie ähnlich. Sie schätzte ihn auf Mitte bis Ende dreißig, auch er war sehr groß, muskulös und hatte sein Haar kurz geschnitten.
„Wer denn nun? Stephanie Freston oder Jessica Barnes?“ hörte Jessica den Mann fragen.
„Stephanie Freston ist mir lieber“, erwiderte Ron mit einem Grinsen, dann wandte er sich ihr zu:
„Komm mit!“
Also verließ sie den Pickup und folgte Ron und dem Fremden ins Haus, während Benedikt hinter ihr blieb.
Sie hatten gerade den Flur betreten, da drehte der Fremde sich um.
„Keller?“
Statt einer Antwort sah Ron Jessica direkt an.
„Jake möchte wissen, ob du in den Keller willst oder unsere Gesellschaft vorziehst.“
„Was? Wieso Keller?“ sie verstand kein Wort.
„Sie ist keine Gefangene“, mischte Benedikt sich ein.
„Zumindest noch nicht“, fügte er jedoch hinzu.
Erschrocken drehte die Frau sich zu ihm um.
„Wieso Gefangene? Was…?“
Die Drei gingen gemeinsam den Flur entlang und ignorierten sie. Auch wenn sie dieses Verhalten bereits gewohnt war, fühlte sie sich unwohl in Gegenwart dieser Männer. Ihre Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn.
Vielleicht wäre es von Vorteil, diesen Ort zu verlassen und sich alleine durchzuschlagen? Weit genug weg mussten sie ja jetzt sein. Allerdings wussten die Kerle noch nicht alles und wie sollten sie Anna helfen, wenn Jessica es ihnen nicht verriet?
Also folgte sie den Männern zögerlich. Sie kam in eine Küche, in der sich nur dieser Jake befand.
Unsicher sah Jessica ihn an.
Er ignorierte sie und setzte sich an einen Laptop. So beschloss sie die Tür am anderen Ende der Küche zu nehmen.
„Hier bleiben!“
„Was?“
Irritiert blieb sie stehen.
„Was hast du mit meiner Kollegin zu tun?“
„Was?“ fragte sie erneut, denn sie verstand nicht, was der Typ meinte.
Jessica ging zu dem Mann, der ihr noch immer den Rücken zudrehte. Als sie direkt hinter ihm stand, erkannte sie, dass er die Memory Card, die Anna ihr gegeben hatte, im Laptop hatte.
Auf einmal sprang der Kerl auf und drückte sie gegen die Küchenzeile.
„Verarsch mich nicht, Mädchen!“
Erschrocken sah Jessica ihn an. Was sollte das jetzt? Was hatte sie nun schon wieder verkehrt gemacht?
„Ich hab keine Ahnung was du hier willst, aber ich trau dir nicht!“ gab er drohend von sich.
Als sie darauf nichts erwiderte, sondern ihn weiterhin nur mit großen, verängstigten