ihn einem verbeulten, rostigen Fass bei der alten Müllhalde, wo die Menschen jahrelang ihren Abfall abgelegt hatten. Vor einigen Jahren buddelten sie den Dreck aus und transportierten ihn weg – wohl in einen anderen Wald, vermutete Eichhörnchen. Doch eine ganze Menge von dem blieb Kram liegen oder war in der Erde versickert. Wenn es lange warm war, stank die Gegend schlimmer als der Mundgeruch von Rabulan, einem längst verstorbenen Kaninchen mit Karies. Bei den Waldleuten hieß der Ort darum 'Rabulans Atem'. Nach langem Regenfall glänzte das Bächlein in der Nähe in allen Farben des Regenbogens. Tiere, die nachts unterwegs waren, berichteten, dass das Wasser leuchte.
Knack behauptete, dass Wolfsblut in ihm fließe. Das erzählte er jedem, der es wissen wollte und auch jedem, der es nicht wissen wollte. Merlin meinte, dass es nicht das Wolfsblut sei, das Knack so unausstehlich machte, sondern die Substanzen aus der alten Müllhalde. Er hatte Knack schon geraten, sich einen neuen Fuchsbau zu graben. Knack lehnte den Vorschlag hochnäsig mit der Bemerkung ab, dass sich das mit seiner Wolfsehre nicht vereinbaren lasse.
Eichhörnchen erreichte den Dachsbau. Die Spuren, denen es gefolgt war, liefen am Bau vorbei. Eichhörnchen schlich um den Findling. Daran angelehnt und gierig im Rucksack wühlend, entdeckte Eichhörnchen den Dachs.
"Hab dich!"
Eichhörnchen sprang vor Kuno. Er stieß einen spitzen Schrei aus und ließ den Rucksack fallen.
"Was fällt dir ein!", donnerte Eichhörnchen.
Es wusste, dass man diesen Flegel nicht zu Wort kommen lassen durfte. Es galt Druck zu machen und diesen aufrecht zu erhalten.
"Ich – ich…?"
"Wer sonst! Warum hast du den Rucksack des Bären geklaut – gib her!"
"Der braucht ihn doch nicht mehr", verteidigte sich Kuno.
"Los mach – her damit!"
Verdutzt schob der Dachs den Rucksack dem zornigen Eichhörnchen zu.
Eichhörnchen setzte sich auf den zerlumpten Rucksack.
"Was hast du da raus genommen", bohrte es nach.
"Nichts – nur…"
"Was nur!"
"Da war ein Riegel drin – sonst nichts", wiegelte Kuno ab.
"Wo ist der Riegel?"
Kuno grinst und tippte auf seinen Bauch.
"Fresssack", tadelte Eichhörnchen.
Es öffnete die Lasche. Kuno hatte mit seiner Wühlerei ein wüstes Durcheinander angerichtet. Eichhörnchen zog eine kleine Holzschachtel und ein Buch heraus.
"Da ist nichts drin", sagte Kuno, "nur Kram."
"Kram?"
"Nichts zum Futtern!"
Eichhörnchen öffnete die Holzschachtel. In einer Plastiktüte geschützt sah er einen Prospekt, ein zerbrochenes Kunststoffstück und ein zerrissenes Blatt Papier. Der Prospekt war in einer Sprache verfasst, die Eichhörnchen nicht kannte. Auf der Vorderseite waren ein Zelt, einige Tiere und ein Jongleur abgebildet.
"Vermutlich was mit Zirkus", brummte es.
Es packte die Plastiktüte in die Holzschachtel zurück und verstaute diese im Rucksack. Böse blickte es Kuno an.
"Das hättest du nicht machen dürfen. Du schnappst jetzt den Rucksack und kommst mir – verstanden?"
"Wohin?"
"Ver – stan - den?"
Kuno knickte ein und schnallte sich den Rucksack um.
"Hab eh nichts Besseres zu tun."
Kuno folgte dem Eichhörnchen bis zu Merlins Baum.
"Du wartest hier!"
Eichhörnchen kletterte den Stamm hoch und schaute in die Wohnung von Merlin. Dieser kauerte aufgeplustert in der Ecke und schien zu schlafen.
"Bist du wach?", flüsterte Eichhörnchen leise.
Die Eule reagierte nicht.
"Bist du wach", rief Eichhörnchen laut.
Merlin kippte wie eine Porzellanfigur vornüber und landete unsanft auf dem Schnabel.
"Wer, was…", stotterte er verwirrt.
"Gut, dass du wach bist", sagte Eichhörnchen ungerührt, "ich befürchtete schon, du schläfst."
Merlin rappelte sich hoch und blickte Eichhörnchen zornig an. Er hatte geträumt, dass die Schleiereulin vom Tobelwald, ein wunderbares Geschöpf, mit ihm zusammen auf der Jagd war und…
"Ich glaube, wir haben ein Problem", fuhr Eichhörnchen fort.
"Das Problem haben jetzt die Menschen", murrte Merlin schlaftrunken.
"Du weißt genau, dass die Menschen nicht in der Lage sind, Probleme zu lösen – sie schaffen sie nur."
"Da kann ich dir nicht widersprechen."
"Ich war beim Bären und…"
"Du warst WO?"
"Beim Bären, unten in der Krypta."
"Bist du verrückt?"
Eichhörnchen schüttelte den Kopf.
"Er ist sehr traurig."
Merlin schaute neugierig.
"Und er hat mich gebeten, seinen Rucksack zu bringen."
"Der liegt wahrscheinlich immer noch dort, wo sie ihn erwischten."
"Nein, Kuno hat ihn geschnappt und alles Essbare darin verputzt. Aber da lagen noch andere Dinge drin."
"Was denn so?"
Merlin war neugierig geworden.
"Das möchte ich dir gerne zeigen und deine Meinung dazu hören."
Eichhörnchen schlüpfte aus dem Eulenloch. Merlin schüttelte sich und folgte seinem Freund. Kuno zuckte zusammen, als Merlin neben ihm landete. Hoffentlich sagte sein Lehrer nichts wegen des Aufsatzes, den er noch nicht abgegeben hatte.
"Schlechtes Gewissen?", grinste Merlin.
"Schlecht geschlafen…"
"Gib den Rucksack her", forderte Eichhörnchen.
Der Reihe nach sortierte es die Habseligkeiten des Bären neben dem Rucksack.
"Was meinst du", fragte Eichhörnchen neugierig.
Merlin studierte die Dinge, die vor ihm ausgebreitet auf dem Waldboden lagen.
"Was ist da drin?"
Er deutete auf das Buch.
"Fotos – kein einziges von ihm. Er heißt übrigens Buddlibär."
"Niemand heißt so doof", murmelte Merlin abwesend und blätterte im Album. Eichhörnchen hatte Recht. Da waren Bilder von anderen Tieren, einem Zirkuszelt, seltsam geformten Gebäuden und Landschaften, die Merlin in dieser Art nicht kannte. Und er war schon eine ganze Ecke herumgekommen.
"Was ist das?"
"Ein Papierschnipsel. Sieht aus wie ein zerrissener Brief."
Merlin begann zu lesen:
Liebes Kind,
unendlich s
mein Herz, w
von mir
Ich w
Li
Der C
dass wir
"Wirst du daraus schlau?"
"Nein", gab Merlin zu.
"Darf ich mal sehen", mischte sich Kuno ein.
Merlin warf ihm einen zornigen Blick zu.
"Du